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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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das Meer. Er konnte das Kumatinli schräg gegenüber sehen,
und ungefähr in gleicher Entfernung zur Rechten die Küste. Er stand ganz oben auf
einer Spitze des Bult Krels! Es musste später Nachmittag sein, denn die
Sonnenstrahlen fielen schräg und rötlich auf das Gras. Über ihm gliederten
Staffeln von weißen und grauen Wolken den Himmel bis in weite Ferne.
    Zitternd vor Erschöpfung lehnte er sich gegen den
Felsen zurück und zog die Maske unter seinem Hemd hervor. Strich mit den
aufgeschürften Fingerspitzen über den Stein und empfand für einen Moment nichts
als Erleichterung. Er hatte es geschafft! Er hatte den Askertormen gefunden und
herausgebracht.
    Dann riss ihn ein dumpfes Poltern aus seiner
Betrachtung – rollende Steine! Da war jemand auf der Treppe! Pix und Carmino fielen
ihm wieder ein, und plötzlich hörte er auch Schreie und Hundegebell von weit
unten. Aber bevor er hinuntersehen konnte, schoss jemand aus dem Dunkel des
Felskamins heraus ans Licht. Und auf ihn zu.
     
    3.
    Wenn James und Bagrat noch leben würden, dann wären
sie doch längst hier vorbeigekommen, oder? „Aber ich will hier nicht sterben!“,
jammerte Pix leise und schlug sofort die Hand vor den Mund. Machte sich klein
in ihrer Nische, in der sie jetzt seit einer halben Ewigkeit kauerte.
Vielleicht war diese Irre immer noch irgendwo in der Nähe! Die musste ihnen
schon vom Kumatinli an gefolgt sein, musste gehört haben, was sie vorhatten.
Die hatte nur auf den richtigen Moment gewartet, da zwischen den Steinen … ganz
in ihrer Nähe! Die würde doch keine Ruhe geben, bis sie James gefunden hatte!
    Aber sie wollte auf einmal unbedingt weiterleben. Sie
wollte noch eine Chance! Sie hatte doch erst fünfzehn Jahre gehabt, und von
denen die entscheidenden total verpeilt. Jetzt saß sie hier fest, und das war
einfach nicht fair. Sie wollte weiterleben und ein paar Sachen anders machen,
sodass sie keiner mehr herumschubsen konnte, nur weil er sie für blöd hielt!
Aber zum Weiterleben musste man aufstehen, sich aus der Deckung wagen, und das
war entsetzlich schwer, wenn man immer noch diesen Typen mit dem Felsbrocken im
Kopf vor sich sah. Sie brauchte viele Anläufe. Bis sie irgendwann die Luft
anhielt, aufstand und wie ein Roboter auf den Gang hinaustorkelte, in die
Richtung, die angeblich zurück zur Küste führte. Mit angehaltenem Atem
stolperte sie so bis zu der Stelle, an der sich der Weg gabelte. Und jetzt?
    Von links kam ein bisschen mehr Licht – weil da oben
ein Fenster war! Ein Fenster, ganz oben in der Felswand! Über all diesem
Geröll, das wild übereinander an der Wand gestapelt war, wie Kisten in einem
unordentlichen Keller. Und durch das Fenster konnte man Blau sehen.
    Vielleicht eine ganze Minute stand sie nur da und
gaffte. Dann machte sie sich daran, über diese Steinstapel hinaufzusteigen. Als
es steil wurde, krallte sie sich an kalten Steinflanken fest und zog und zerrte
und stemmte sich weiter, bis sie das Fenster endlich erreicht hatte. Ein paar
Wurzeln hingen herein und bewegten sich im Luftzug. Kopf voran wälzte sie sich
hinaus, rollte ein paar Meter über leicht abfallenden, weichen Boden, dann zog
sie die Knie so dicht an sich wie möglich und blieb ganz still liegen. Sie war
entkommen.
    Nach einer Weile wurde ihr klar, was sie hörte: Das
war das Meer. Es konnte nicht weit weg sein. Sie öffnete die Augen – hell! Und
dann glotzte sie aus der stumpfen, immer noch schockstarren Höhle ihres Innern
heraus in diese wahnsinnige Farbenflut ringsum: Gras, so grün, wie sie es noch
nie gesehen hatte, ganze schräg abfallende Wiesen davon, mit ein paar
gelblichen Steinbrocken drin und weißen Schafen. Der absolute Wahnsinn war das
Sonnenlicht, das fast waagerecht auf die Dinge traf und allem einen ganz
feinen, rotglühenden Rand verpasste – jedem Grashalm, dem staubigen Gelb der
Steine, dem Fell der Schafe, dessen Wolligkeit sie fast spüren konnte. Und da
unten, wo die Wiese aufhörte, war ein Rand aus Geröll, und auf den klatschte
das Wasser in beruhigenden Wellen.
    Ihre Hose war an beiden Knien zerrissen, ihre Hände
waren aufgeschürft, ihre Nase lief, und sie war nass geschwitzt, aber sie
lebte! Dann knallte der Gedanke an James und Carmino in ihre Erleichterung.
Musste sie nicht zurückgehen und nach ihnen suchen? Vielleicht lebten sie noch.
Vielleicht lagen sie irgendwo herum wie dieser Mann und bluteten vor sich hin,
bis sie ganz tot waren – nur weil sie keine Hilfe für sie holte. Oh
Gott, oh

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