Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
Narcissus erteilte der Leibwache eigenmächtig die Weisung, der Kaiserbefehle die sofortige Hinrichtung seiner Gemahlin. Man fand sie in Gesellschaft ihrer Mutter, die ihr geraten hatte, ihrem Leben schnell ein Ende zu bereiten, weil ihr nur noch der Tod bleibe. Bevor die Soldaten das Tor aufgerissen hatten, hatte sie vergeblich versucht, mit einem Schwert Selbstmord zu begehen. Sie wurde unter vielen Beschimpfungen erstochen und ihre Leiche ihrer Mutter übergeben.
Als Claudius die Meldung erhielt, Messalina sei tot, fragte er nicht nach den Hintergründen, sondern begab sich zu einem Trinkgelage. Auch an den folgenden Tagen zeigte er keine Gefühlsregung. Der Senat beschloss, ihren Namen überall zu tilgen und ihre Standbilder zu vernichten. Im Jahre 48 n. Chr. verschwand die größte Lebedame Roms, die acht Jahre lang durch Skandale fast den Zusammenbruch des Weltreiches Roms verursacht hätte, aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Narcissus aber, der Verräter dieser Verschwörung, wurde befördert.
War Messalinas Charakter mehr durch ein zügelloses Sexualleben geprägt, so wird ihre Nachfolgerin als ein „Mannweib“ mit einem kaum mehr zu steigernden Machttrieb beschrieben. Die jüngere Agrippina, die schon zu Lebzeiten ihrer Rivalin Messalina versucht hatte, bei ihrem Onkel Claudius die Stelle der beiden Geliebten Calpurnia und Cleopatra einzunehmen, sah sich jetzt am Ziel ihrer Wünsche. Die Tochter des Germanicus und Enkelin des großen Feldherrn Agrippa war von ihrer Mutter, der älteren Agrippina, stark belastet. Selbst der Vater Neros, Ahenobarbus, soll bei der Geburt seines Sohnes gesagt haben, eine Frau wie Agrippina habe nichts anderes als ein Scheusal auf die Welt bringen können.
Obwohl sich Claudius nach dem Tod seiner Gattin Messalina nicht mehr verheiraten wollte, setzten seine Beraterdurch, dass er seine Nichte Agrippina ehelichte. Eine solche Ehe zwischen Onkel und Nichte war in Rom nicht verboten, aber sie galt als unschicklich. Claudius soll sich, wie der Historiker Tacitus berichtet, anfangs dieser Ehe heftig widersetzt haben. Die Senatoren drohten ihm an, ihn dazu zu zwingen, falls er sich widersetzte. Sie stürzten aus dem Senat und heizten die Stimmung der Menschen auf den Straßen Roms so an, dass sich Menschenmengen vor dem Senatsgebäude versammelten und den Wunsch der Senatoren lauthals bekräftigten. Als Claudius aber vom Senat forderte, es möge auch in der Zukunft erlaubt sein, eine solche Ehe einzugehen, um damit seine eigene Ehe zu legitimieren, fand sich nur ein Befürworter des kaiserlichen Antrages.
Bei dieser ungewöhnlichen Wahl einer Ehefrau spielte offenbar auch die Sicherheit der Machtposition des Kaisers eine Rolle, weil von dieser Frau als Verwandter des früheren Kaisers Augustus keine Rebellion zu befürchten war. Als Tochter des Feldherrn Germanicus stellte sie vor allem den Ruf des Kaiserhauses bei den Soldaten wieder her. Da sich über ihren bisherigen Lebenswandel nichts Nachteiliges sagen ließ, konnte sie dem Kaiser helfen, die Erinnerung an Messalina aus dem Gedächtnis des Volkes zu löschen. Selbst Versuche ihrer ehemaligen Rivalin Messalina, Agrippina wie ihre Großmutter Julia wegen Ehebruchs aus Rom zu verbannen, waren gescheitert, weil ihr keine unsittliche Handlung nachzuweisen war, es sei denn, man hätte ihr enges Verhältnis zu Claudius anders ausgelegt. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass bei ihrer Heirat die Erinnerungen an Augustus’ Gattin Livia wach wurden. Tatsächlich besaß sie dieselben Fähigkeiten wie Livia. Durch ihr energisches Eingreifen brachte sie den römischen Staat wieder in Ordnung, indem sie den Einfluss der ehemaligen Sklavenum Claudius zurückdrängte. Besonders die Finanzen des Staates, die unter der Misswirtschaft und dem ausschweifenden Leben der Messalina stark gelitten hatten, und auch der Privathaushalt des Kaisers wurden saniert. Agrippina, die man wegen ihrer Sparsamkeit belächelte, ging rücksichtslos in zahlreichen Prozessen gegen alle Personen vor, die sich am Staatsvermögen bereichert hatten. Der Adel, dessen Macht durch freigelassene Sklaven, die aufgrund ihrer Fähigkeiten zu Reichtum und Einfluss gelangt waren, zurückgedrängt worden war, sollte wieder die alte Machtposition wie unter Augustus erhalten. Auch politische Prozesse, Hinrichtungen, Selbstmorde von Angeklagten und öffentliche Skandale wurden seltener.
Aber Agrippina dachte auch an die Zukunft und die Regelung der Nachfolge. Ab dem
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