Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
nachdem man ihm das Gift verabreicht hatte, befahl Nero, diese Mixtur bei der nächsten Hoftafel seinem Bruder in den Trunk zu mischen. Um zu vermeiden, dass sein Diener, der den Trunk vorkostete, ebenfalls starb, kam man auf den Einfall, dem Britannicus einen sehr heißen, bereits vorgekosteten Trunk zu reichen, so dass Britannicus bat, etwas kaltes Wasser hineinzugießen. Dieses Wasser aber enthielt das Gift und raubte ihm innerhalb weniger Sekunden die Stimme, den Atem und das Bewusstsein. Die Eingeweihten warteten gelassen auf die Reaktion Neros, während die anderen Gäste in Angst gerieten und den Raum verließen, weil sie ahnten, dass etwas Furchtbares passiert war. Nero beruhigte sie, indem er den Vorfall als einen der üblichen epileptischen Anfälle seines Bruders deutete, unter denen er seit der frühesten Jugend leide. Noch in der Nacht ordnete Nero die Verbrennung der Leiche an, was darauf schließen lässt, dass alles bis ins letzte Detail vorbereitet war.
Der plötzliche Tod des Britannicus versetzte Agrippina in große Bestürzung. Ihr Sohn Nero war nunmehr der einzige lebende Nachkomme des Augustus, und jede Hoffnung, ihn gegen ein regierungsfähiges Mitglied der Familie auszuspielen, war vernichtet worden. Dank ihres Einflusses auf Claudius und auf ihren Sohn Nero war es ihr möglich gewesen, eine einzigartige Macht zu erwerben. Nachdem sich Nero ihrer Autorität entzog und mit ihr immer öfter in Streit geriet, sank Agrippinas Einfluss. Wenngleich ihr Sohn wenig Talent hatte, das Kaiseramt ohne seine Berater erfolgreich auszuüben, stand doch eine große Gruppierung der römischen Gesellschaft hinter ihm, die sein Programm der Erneuerung des alten römischen Staates im Sinne des Kaisers Augustus guthieß und tatkräftig unterstützte. Den offenen Konflikt mit seiner Mutter versuchten die beiden starken Männer hinter Nero, Burrus, Kommandeur der Stadtgarde, und Seneca, sein Erzieher, mit großem Geschick zu verhindern.
Zum endgültigen Bruch mit seiner Mutter kam es im Jahre 58 v. Chr., als Nero an Stelle der Freigelassenen Akte Poppäa Sabina zu seiner neuen Geliebten machte. Diese schöne, sittenlose und bereits verheiratete Frau aus einem der großen römischen Häuser war von dem Ehrgeiz gepackt, den jungen Nero so unter ihren Einfluss zu bringen, dass sie vielleicht neben ihm Kaiserin wurde. Auch ihr Ehemann Otho lobte die Vorzüge seiner Gemahlin Poppäa Sabina oft in Gegenwart des Kaisers, weil er im stillen hoffte, durch ein entsprechendes Liebesverhältnis ließe sich sein politischer Einfluss erhöhen. Der Historiker Tacitus beschreibt diese Frau mit folgenden Worten:
„Diese Frau besaß alles, nur keine sittlichen Grundsätze. Sie war reich genug, um den Glanz ihrer Geburt und gesellschaftlichen Stellung aufrechtzuerhalten. Durch ihre Unterhaltungsgabegewann sie alle Herzen. Dazu waren ihre geistigen Anlagen höchst bedeutend. Sie verstand es, nach außen hin die Sittlichkeit zu wahren, während sie sich im Geheimen einem sittenlosen Leben hingab. Selten erschien sie außerhalb ihres Hauses und dann stets völlig verschleiert, um die Männer neugierig zu machen oder weil es ihr gut stand. Auf ihre Ehre hat sie niemals im Leben geachtet. Ihren Liebhabern gewährte sie dieselben Rechte wie ihren Ehemännern. Da die Leidenschaft sie nie wirklich beherrschte, weder die eigene noch die fremde, so suchte sie Befriedigung ihrer Lüste dort, wo sich Vorteile damit verbanden.“
Diese erfahrene Lebedame warf Nero seinen einfachen Lebensstil und unkultivierten Geschmack vor und hielt ihm ihren Mann Otho entgegen, der offen dem Zeitgeschmack entsprechend seine Vorliebe für alles Griechische und Orientalische zur Schau stellte. Diese Frau verstand es in raffinierter Weise, Nero so an sich zu fesseln, dass er bald die Erziehung und Bildung, die ihm seine konservative Mutter und der Philosoph Seneca beigebracht hatten, völlig vergaß und seine Lebensgewohnheiten dem Zeitgeschmack anpasste. Gefährlich für Agrippina wurden aber die Versuche der neuen Geliebten, sich auch in die Politik einzumischen. Poppäa Sabina versuchte nämlich, den Kaiser davon zu überzeugen, dass die Politik der Sparsamkeit und die Sanierung der Staatsfinanzen zwar für den Senat und die römische Geschäftswelt vorteilhaft sei, aber ihm selbst keinen Ruhm einbringe. Auf diese Weise könne er niemals ein beim Volk beliebter Kaiser werden. Unter dem Einfluss der Geliebten ging Nero sogar so weit, dass er die Abschaffung
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