Über Alle Grenzen
Formen der Geistigkeit vermischten. Andererseits traten auch mehrere Lamas, die in den Westen kamen, kräftig in den Fettnapf. Das Schlimmste war wohl, dass sich ihre Schüler oft ungeschützt oder zweitklassig fühlten, selbst wenn sie ganz nah mit ihnen arbeiteten oder sie auf den Reisen begleiteten. Aussagen, dass sie den Westen nicht mochten und nur auf Drängen ihrer eigenen Lehrer gekommen seien, ließen auch keine Herzen schmelzen. Üblicherweise wurden solche Worte eher zum Selbstschutz ausgesprochen. Aufgrund häufiger Prügelstrafen in ihrer Kindheit wollten die Lamas beweisen, dass sie immer noch gute Mönche und der Verführung des “weichen Lebens” nicht erlegen waren. Was aber sollten dabei ihre Förderer denken, die ihre kostbare Zeit und teures Geld mit der Absicht verwendeten, Gutes für sie zu tun?
Letztlich mussten selbst die am freundlichsten gesonnenen Beobachter eine allgemeine Neigung der Lamas feststellen, Machtgebiete abzustecken. Zu oft hatte dies nicht den Zweck, die Lehre oder die Schüler vor Verwirrung zu schützen - was nötig und wichtig ist -, sondern zielte auf Macht oder Dienstleistungen, was weniger annehmbar war. In solchen Fällen galt es, gelegentlich kräftig durchzulüften; Karmapa erwartete das von mir. Dadurch ließ sich vermeiden, dass die wertvollen Selbständigen uns verließen; es war jedoch sicherlich kein Weg, um sich bei den eingenisteten Kreisen viele Freunde zu schaffen. Obwohl es nur ein einziges Mal einen offenen Angriff auf mich gegeben hatte - den Brief der Dharmadhatu-Organisation -, war ich dennoch ein ständiger Bürokratenschreck. Dass man geistiges Wachstum an Humor und gesundem Menschenverstand misst, wurde nicht gern gesehen. Es mehrt die Arbeit und engt den Raum für Machtspielchen spürbar ein.
Kim, unser dänischer Geldzauberer und Freund, lud uns in die Glückspiel-Stadt Reno ein. Seit 1971 in Sonada hatten wir immer eine enge Verbindung gehalten, und ich hatte Dutzende von Schwimmbädern für ihn von Hand ausgegraben. Er und sein Bruder Bo unterstützten die Arbeit in Kopenhagen, San Francisco und wo immer sie es konnten.
Kim wollte uns etwas ganz Außergewöhnliches zeigen, eine Riesenshow mit 500 Tanzmädchen, die aber gerade an diesem Abend entweder frei hatten oder erkältet waren. Stattdessen gab es ein paar wirklich lustige Kabarettaufführungen. Die Amerikaner sind erstklassige Unterhalter. Später gewann ich 100 Dollar an einem Spieltisch, hörte aber sofort auf, als ich die Kraft verspürte, die anderen zu beeinflussen. Obwohl unsere Zentren alle Geld brauchen: Es fühlte sich einfach nicht richtig an.
Im April und Mai 1987 erfüllte sich ein alter Wunsch. Lopön Tsechu, der Hauptschützer des Buddhismus in Nepal, hatte ein paar Monate Zeit für uns gefunden. Er war so wichtig im Himalaya, dass der bhutanesische König ihn in seinem Pass zehn Jahre jünger machte, als er wirklich war. Dadurch konnte es sich die Regierung besser erlauben, ihn so hart arbeiten zu lassen. Er würde das sicher auch noch lange schaffen: Obwohl er damals siebzig war, zeigten die medizinischen Untersuchungen in Kopenhagen die Werte eines Vierzigjährigen.
Seine Bedingung für den Besuch war, dass wir beide, Hannah und ich, mit ihm reisen sollten. Außer in Schweden, Norwegen und Griechenland, für die es diesmal keine Zeit gab, segnete er Karmapas Hauptzentren in Mitteleuropa. Es war einfach eine Freude. Viele Freunde kannten ihn inzwischen aus Nepal oder durch mein Buch “Die Buddhas vom Dach der Welt” und hatten großes Vertrauen zu ihm. Er verfolgte die Gründung und den Aufbau der westlichen Kagyü-Linie seit den späten sechziger Jahren und wusste, dass alles nach Karmapas Wunsch lief. Er behandelte uns alle wie ein liebevoller Vater.
Der liebevolle Vater
Bei den Antworten auf die Fragen, die Hannah übersetzte, traf Lopön Tsechu genau die Bedürfnisse der Menschen, und abends gab er eine Stunde Belehrungen oder eine Einweihung. Dann ließ er mich weiterlehren. Ich beendete meine Abende jetzt meist gegen ein oder zwei Uhr nachts. Wir waren zwar weder alt noch bürgerlich geworden, doch die langen Nächte mit den Freunden waren nun einfach weniger notwendig. Jenseits allgemeiner Bewusstseinsebenen und Ausdauer hatten wir schon tiefstes gemeinsames Vertrauen aufgebaut. Unser Kraftfeld stand unerschütterlich, und wir handelten von selbst übereinstimmend und wie Karmapa es gewünscht hatte.
Buddhas Lehre, vermittelt durch einen ausgeruhten,
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