Über das Sterben
Paragraphen aus dem sogenannten «Zöller-Entwurf» (unter Federführung des CSU-Abgeordneten Zöller). Der Stünker-Entwurf hat im Wesentlichen die bisherige Rechtsprechung in Gesetzesform gebracht: Patientenverfügungen sind verbindlich und müssen umgesetzt werden, wenn sie auf die aktuelle Situation zutreffen – unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung. Damit wurden Bestrebungen aus konservativen Kreisen verworfen, die mit Unterstützung der Kirchen versucht hatten, die Reichweite von Patientenverfügungen auf Krankheiten mit «unumkehrbar tödlichem Verlauf» zu beschränken – eine unsinnige Forderung, denn
unumkehrbar tödlich verläuft bekanntlich das Leben an sich
. Aus dem Zöller-Entwurf übernommen wurde das wichtige «dialogische Prinzip»: Bei derUmsetzung der Patientenverfügung in der konkreten Situation müssen sich der behandelnde Arzt und der Patientenvertreter (Betreuer oder Bevollmächtigter) über den Patientenwillen einig sein, bevor dieser umgesetzt wird. Diese «doppelte Kontrolle» verhindert einseitige Auslegungen des Patientenwillens und stellt dadurch einen zusätzlichen Schutz für den Patienten dar.
Wichtige Ausnahme:
Wenn eine Patientenverfügung so formuliert ist, dass sie sich eindeutig und ohne Auslegungsspielraum auf die aktuelle Situation anwenden lässt, bindet sie den Arzt direkt und muss auch unmittelbar umgesetzt werden. Die Bestellung eines Betreuers ist dann nicht erforderlich (§ 1896 Abs. 2 BGB).[ 4 ]
Was ist aber nun genau eine Patientenverfügung? Im Grunde handelt es sich dabei um eine
Anweisung eines Patienten an seinen zukünftigen Arzt
. Wenn Sie also eine Patientenverfügung erstellen, schreiben Sie Ihrem zukünftigen Arzt vor, was er zu tun, und vor allem, was er zu lassen hat. Dieser Unterschied ist wichtig: Konkrete Therapie
wünsche
in einer Patientenverfügung können zwar hilfreiche Anhaltspunkte für die Behandlung sein, sie sind für den Arzt aber aufgrund der ärztlichen Therapiefreiheit nicht bindend – Therapie
ablehnungen
hingegen schon.
Eine korrekt formulierte Patientenverfügung beschreibt zunächst bestimmte klinische Situationen, für die sie gelten soll (Beispiele: Sterbephase, Demenz, Wachkoma). Dann wird aufgeführt, welche Therapien man in diesen Situationen für sich selbst wünscht und welche man ablehnt. Eine genaue Darstellung der klinischen Situationen und der abgelehnten Maßnahmen ist wichtig, aber es leuchtet unmittelbar ein, dass man unmöglich alle denkbaren Krankheitsverläufe ineine Patientenverfügung «hineinpacken» kann. Für gesunde Menschen empfiehlt sich daher zum einen die Reflexion und Niederschrift der eigenen Wertvorstellungen (siehe oben) und zum anderen die Verwendung eines der geprüften Patientenverfügungs-Formulare, wie sie zum Beispiel in den oben erwähnten staatlichen Broschüren enthalten sind.
Vor der Abfassung einer Patientenverfügung
unbedingt zu empfehlen
ist ein Beratungsgespräch mit dem Hausarzt: Er kann eventuell unbegründete Ängste richtigstellen und – wenn man die Patientenverfügung frei formulieren möchte – auf missverständliche Formulierungen hinweisen, die im Extremfall dem Verfasser sogar schaden könnten. Denn eines ist klar: Eine Patientenverfügung ist keine Bagatelle.
Sie müssen davon ausgehen, dass das, was Sie unterschreiben, im Ernstfall auch befolgt wird.
Für Menschen, die an einer schweren, möglicherweise lebensverkürzenden Krankheit leiden, sieht die Situation etwas anders aus, denn hier lassen sich die zu erwartenden medizinischen Probleme am Lebensende oft genauer eingrenzen. Vor diesem Hintergrund ist auch eine detailliertere Patientenverfügung möglich, die aber sinnvollerweise nur gemeinsam mit dem behandelnden Arzt erstellt werden sollte. Dieser kann die möglichen Alternativen bei Krisensituationen beschreiben und bei der Entscheidung über erwünschte und nicht erwünschte Therapien helfen.
Die Unterschrift des beratenden Arztes unter einer Patientenverfügung ist aus zwei Gründen sehr wichtig: Damit wird zum einen die Einwilligungsfähigkeit des Patienten zum Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung bestätigt, sie kann somit nicht mehr nachträglich angezweifelt werden. Zum anderen stellt der beratende Arzt einen wertvollenGesprächspartner für diejenigen Ärzte dar, die die Patientenverfügung im Ernstfall umsetzen sollen, wenn es zu Auslegungsschwierigkeiten kommt. Und nicht selten ist das Arzt-Patienten-Gespräch viel wichtiger als das
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