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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Colonel: «Wann bekomme ich das Porträt?»
    «Heute abend, wenn du möchtest. Ich werde es von jemand zu Hause einpacken und herbringen lassen. Wo wirst du’s aufhängen?»
    «In meinem Quartier.»
    «Und es wird niemand hereinkommen und Bemerkungen machen und schlimm über mich reden?»
    «Nein. Verflucht noch mal, das wird niemand. Außerdem werde ich allen sagen, daß es das Porträt meiner Tochter ist.»
    «Hast du je eine Tochter gehabt?»
    «Nein. Ich hab mir immer eine gewünscht.»
    «Ich kann deine Tochter sein – sowohl wie alles andere.»
    «Das wäre Inzest.»
    «Ich glaube nicht, daß das in einer Stadt, die so alt wie diese ist, und die all das gesehen hat, was diese Stadt gesehen hat, so schrecklich wäre.»
    «Paß auf: Tochter.»
    «Gut», sagte sie. «Das wäre schön. Das hat mir gefallen.»
    «In Ordnung», sagte der Colonel, und seine Stimme war ein wenig belegt. «Mir hat’s auch gefallen.»
    «Weißt du jetzt, warum ich dich liebe, obschon ich weiß, wie falsch es ist?»
    «Hör mal, Tochter. Wo wollen wir essen?»
    «Wo du willst.»
    «Möchtest du im Gritti essen?»
    «Natürlich.»
    «Dann ruf zu Hause an und bitte um Erlaubnis.»
    «Nein. Ich habe beschlossen, nicht um Erlaubnis zu bitten, sondern nur Bescheid zu sagen, wo ich esse. Damit sie sich nicht ängstigen.»
    «Aber ißt du wirklich am liebsten im Gritti?»
    «Ja. Es ist ein wunderschönes Restaurant, und du wohnst hier, und jeder, der Lust hat, kann uns sehen.»
    «Wie bist du so geworden?»
    «Ich war immer so. Ich hab mich nie darum gekümmert, was andere Leute gedacht haben, nie. Ich hab auch niemals etwas getan, weswegen ich mich hätte schämen müssen, bis auf lügen, als ich ein kleines Mädchen war, und unfreundlich zu anderen Leuten sein.»
    «Ich wünschte, wir könnten heiraten und fünf Söhne haben», sagte der Colonel.
    «Ich auch», sagte das Mädchen. «Und sie an alle fünf Enden der Welt schicken.»
    «Gibt es fünf Enden der Welt?»
    «Ich weiß es nicht», sagte sie. «Als ich es sagte, klang es so, als ob es sie gäbe. Und jetzt sind wir wieder vergnügt, nicht wahr?»
    «Ja, Tochter», sagte der Colonel.
    «Sag es noch mal. Genauso, wie du’s eben gesagt hast.»
    «Ja, Tochter.»
    «Hm», sagte sie, «Menschen sind doch sehr kompliziert. Bitte, darf ich deine Hand halten?»
    «Sie ist so verflucht häßlich, und ich mag sie nicht ansehen.»
    «Du weißt nichts von deiner Hand.»
    «Das ist Ansichtssache», sagte er. «Ich würde sagen, daß du dich im Irrtum befindest, Tochter.»
    «Vielleicht befinde ich mich im Irrtum, aber jetzt sind wir wieder vergnügt, und was es vorher an Schlimmem gab, ist jetzt verschwunden.»
    «Es ist verschwunden, so wie der Nebel aus den Vertiefungen in aufgebrochener Erde weggebrannt wird, wenn die Sonne kommt», sagte der Colonel. «Und du bist die Sonne.»
    «Ich will auch der Mond sein.»
    «Das bist du», sagte der Colonel zu ihr. «Und jeder andere beliebige Planet, der du sein willst, und ich werde dir den genauen Stand des Planeten angeben. Mein Gott, Tochter, du kannst auch ein verdammter ‹Meteor› sein, wenn du willst. Nur ist das ein Flugzeug.»
    «Ich werde der Mond sein. Auch er hat viele Kümmernisse.»
    «Ja, seine Kümmernisse kommen regelmäßig wieder. Aber er ist immer voll, bevor er abnimmt.»
    «Manchmal sieht er so traurig aus jenseits des Kanals, daß ich es kaum aushalten kann.»
    «Er ist schon lange unterwegs», sagte der Colonel.
    «Meinst du, wir sollten noch einen Montgomery trinken?» fragte das Mädchen, und der Colonel stellte fest, daß die Engländer fort waren.
    Er hatte nichts wahrgenommen außer ihrem wunderschönen Gesicht. Ich werde auf diese Weise noch mal ums Leben kommen, dachte er. Andererseits ist auch dies wahrscheinlich eine Art von Konzentration. Aber es ist verflucht fahrlässig.
    «Ja», sagte er. «Warum nicht?»
    «Ich fühl mich so herrlich danach», sagte das Mädchen.
    «So wie sie Cipriani macht, haben sie auch auf mich eine gewisse Wirkung.»
    «Cipriani ist sehr gescheit.»
    «Er ist mehr als das. Er ist begabt.»
    «Eines Tages wird ihm ganz Venedig gehören.»
    «Nicht ganz», widersprach der Colonel. «Du wirst ihm niemals gehören.»
    «Nein», sagte sie. «Noch irgend jemand anderem, außer wenn du mich willst.»
    «Ich will dich, Tochter. Aber du sollst mir nicht ‹gehören›.»
    «Das weiß ich», sagte das Mädchen. «Und das ist ein Grund mehr, warum ich dich liebe.»
    «Wir wollen Ettore rufen und bei

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