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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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dir zu Hause anrufen. Du kannst ihnen wegen des Porträts Bescheid geben.»
    «Du hast ganz recht. Wenn du das Porträt heute abend haben willst, muß ich mit dem Butler sprechen, damit er es einpackt und herschickt. Ich will auch mit Mammi sprechen und ihr sagen, wo wir essen, und wenn du willst, werde ich sie auch um Erlaubnis bitten.»
    «Nein», sagte der Colonel. «Ettore, zwei Montgomerys, Supermontgomerys mit Knoblauch-Oliven, nicht den großen, und bitte, verbinden Sie uns mit dem Haus dieser Dame und lassen Sie es uns wissen, wenn die telefonische Verbindung hergestellt ist. Und all dies so schnell wie möglich.»
    «Ja, my Colonel.»
    «Und jetzt, Tochter, laß uns wieder mit dem Vergnügtsein beginnen.»
    «Es begann, als du das gesagt hast», erwiderte sie.

10
    Sie gingen jetzt auf der rechten Seite von der Straße, die zum Gritti führte. Der Wind kam von hinten, und er blies die Haare des Mädchens nach vorn. Der Wind scheitelte ihr das Haar und blies es nach vorn, ihr ums Gesicht. Sie blickten in die Auslagen, und das Mädchen blieb vor dem erleuchteten Schaufenster eines Juweliergeschäfts stehen.
    Im Schaufenster lagen eine Menge hübscher alter Schmuckstücke, und sie standen davor und besahen sie sich und zeigten sich gegenseitig die besten und ließen einander zu dem Zweck los.
    «Siehst du irgend etwas, was du wirklich gern haben möchtest? Ich könnte es morgen früh kaufen. Cipriani würde mir das Geld leihen.»
    «Nein», sagte sie. «Ich möchte nichts haben, aber aufgefallen ist es mir, daß du mir noch nie etwas geschenkt hast.»
    «Du bist viel reicher als ich. Ich bringe dir Kleinigkeiten aus dem PX mit, und ich lade dich zum Essen und Trinken ein.»
    «Und du fährst mit mir Gondel und zeigst mir wunderbare Plätze auf dem Land.»
    «Ich habe nicht gewußt, daß du harte Steine geschenkt haben wolltest.»
    «Will ich auch nicht. Es ist nur die Idee des Schenkens, und dann sieht man sie sich an und denkt an sie, wenn man sie trägt.»
    «Ich lerne», sagte der Colonel. «Aber was könnte ich dir mit meiner Soldatengage schon kaufen, das mit deinen viereckigen Smaragden konkurrieren könnte?»
    «Aber verstehst du denn nicht? Die hab ich doch geerbt. Die stammen von meiner Großmutter, und sie hatte sie von ihrer Mutter, die sie von ihrer Mutter hatte. Glaubst du, daß es dasselbe ist, Steine zu tragen, die Toten gehört haben?»
    «Das habe ich mir niemals überlegt.»
    «Wenn du möchtest, wenn du Steine gern hast, kannst du sie haben. Für mich sind sie einfach etwas, was man trägt – wie ein Kleid aus Paris. Du ziehst doch auch deine Galauniform nicht besonders gern an, oder doch?»
    «Nein.»
    «Du trägst doch auch nicht gern deinen Degen, nicht wahr?»
    «Nein. Wiederhole nein.»
    «Du bist nicht die Sorte Soldat, und ich bin nicht die Sorte Mädchen. Aber irgendwann schenk mir etwas Bleibendes, etwas zum Tragen, über das ich mich jedesmal, wenn ich’s trage, freuen kann.»
    «Ich verstehe», sagte der Colonel, «das werde ich tun.»
    «Wie schnell du Dinge begreifst, von denen du nichts weißt», sagte das Mädchen. «Und du faßt auch wunderbar schnell Entschlüsse. Ich möchte gern, daß du die Smaragde hast, und du könntest sie wie Glückssteine in der Tasche tragen und sie anfassen, wenn du einsam bist.»
    «Wenn ich arbeite, stecke ich die Hände nicht oft in die Taschen. Gewöhnlich wirbel ich mit einem Stock oder sonstwas herum, oder weise mit einem Bleistift auf etwas hin.»
    «Aber du könntest irgendwann mal die Hand in die Tasche stecken und sie anfassen.»
    «Ich bin nicht einsam, wenn ich arbeite. Ich muß viel zu angestrengt nachdenken, um mich jemals einsam zu fühlen.»
    «Aber jetzt arbeitest du doch nicht.»
    «Nein, jetzt ebne ich nur den Weg, um mich überrumpeln zu lassen.»
    «Ich schenk sie dir auf jeden Fall. Ich weiß ganz genau, daß Mammi es verstehen wird. Ich brauche es ihr auch nicht gleich zu erzählen. Sie kontrolliert meine Sachen nicht, und ich weiß genau, daß es ihr mein Mädchen niemals sagen würde.»
    «Ich glaube nicht, daß ich sie nehmen sollte.»
    «Bitte doch. Tu’s, um mir eine Freude zu machen.»
    «Ich weiß nicht, ob es ehrenhaft ist.»
    «Das ist so, als ob man nicht genau weiß, ob man jungfräulich ist oder nicht. Was man tut, um einem, den man liebt, eine Freude zu machen, ist höchst ehrenhaft.»
    «In Ordnung», sagte der Colonel. «Ich werde sie nehmen, auf Gedeih und Verderb.»
    «Jetzt mußt du ‹danke› sagen»,

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