Über den Fluß und in die Wälder
essen.»
«Das hab ich nicht gewußt.»
«Vielleicht kommt es daher, daß er bei Vollmond die ganze Nacht frißt. Oder vielleicht führt ihm auch der Vollmond Nahrung zu.»
«Sie kommen von der dalmatinischen Küste, nicht wahr?»
«Ja», sagte der Colonel. «Das ist eure reiche Küste, was Fisch anlangt. Vielleicht sollte ich sagen unsere reiche Küste?»
«Sag es», sagte das Mädchen. «Du weißt gar nicht, wie wichtig Dinge sind, die gesagt sind.»
«Verdammt noch mal, viel wichtiger sind Dinge, wenn sie erst zu Papier gebracht sind.»
«Nein», sagte das Mädchen. «Das finde ich nicht. Papier bedeutet gar nichts, wenn man sie nicht von Herzen meint.»
«Und was ist, wenn man kein Herz hat? Oder das Herz nichts taugt?»
«Du hast ein Herz, und es taugt etwas.»
Verteufelt gern würde ich es für ein neues in Anzahlung geben, dachte der Colonel. Ich weiß nicht, warum ausgerechnet dieser von all den vielen Muskeln versagen soll. Aber er sagte nichts hiervon und steckte die Hand in die Tasche.
«Sie fühlen sich wunderbar an», sagte er. «Und du siehst wunderbar aus.»
«Danke», sagte sie. «Daran werde ich die ganze Woche über denken.»
«Du brauchtest nur in den Spiegel zu sehen.»
«Der Spiegel ödet mich an», sagte sie. «Lippenstift benutzen und die Lippen aufeinanderreiben, damit er sich ordentlich verteilt, und zu dichtes Haar kämmen, das ist weder ein Leben für eine Frau, die jemanden liebt, noch für ein junges Mädchen. Wenn man der Mond und alle möglichen Sterne sein will und mit seinem Mann leben möchte und fünf Söhne haben will, ist es nicht sehr reizvoll, sich selbst im Spiegel zu betrachten und seine weiblichen Künste spielen zu lassen.»
«Dann laß uns sofort heiraten.»
«Nein», sagte sie. «Du weißt ja, ich habe auch hierüber einen Entschluß gefaßt, wie über all die verschiedenen anderen Dinge. Die ganze Woche über habe ich Zeit, um Entschlüsse zu fassen.»
«Ich fasse auch welche», sagte der Colonel. «Aber was diesen anbelangt, der wäre leicht umzustoßen.»
«Wir wollen nicht darüber reden. Es tut süß weh. Wir sollten, glaube ich, lieber feststellen, was der Gran Maestro für Fleisch hat. Bitte trink deinen Wein. Du hast ihn noch nicht angerührt.»
«Das werde ich jetzt», sagte der Colonel. Er tat es. Der Wein war hell und kühl wie die Weine Griechenlands, aber nicht harzig, und sein Körper war so voll und wunderbar wie der von Renata.
«Er ist sehr wie du.»
«Ja. Ich weiß. Darum wollte ich gern, daß du ihn kostest.»
«Ich koste ihn gerade», sagte der Colonel. «Und jetzt will ich ein volles Glas davon trinken.»
«Du bist ein Guter.»
«Danke», sagte der Colonel. «Daran werde ich die ganze Woche über denken und versuchen, einer zu sein.» Dann sagte er: «Gran Maestro.»
Als der Gran Maestro fröhlich und wie ein Mitverschworener und ohne auf seine Geschwüre zu achten herankam, fragte ihn der Colonel: «Was für Fleisch gibt’s, das sich wirklich zu essen lohnt?»
«Ich weiß es selbst nicht ganz genau», sagte der Gran Maestro. «Aber ich werde es sofort feststellen. Ihr Landsmann sitzt dort drüben in Hörweite. Er gestattete mir nicht, ihn drüben in der Ecke zu placieren.»
«Gut», sagte der Colonel. «Wir werden ihm etwas Stoff zum Schreiben liefern.»
«Er schreibt jede Nacht. Das hab ich von meinem Kollegen in seinem Hotel gehört.»
«Bravo», sagte der Colonel. «Das zeigt, daß er fleißig ist, selbst wenn er seine Begabung überlebt hat.»
«Wir sind alle fleißig», sagte der Gran Maestro.
«Auf verschiedene Art und Weise.»
«Ich werde gehen und feststellen, was tatsächlich an Fleisch da ist.»
«Stellen Sie das aufs genaueste fest.»
«Auch ich bin fleißig.»
«Und verdammt scharfsinnig sind Sie auch.»
Der Gran Maestro entfernte sich, und das Mädchen sagte: «Er ist ein wunderbarer Mann, und ich finde es wunderbar, daß er dich so gern hat.»
«Wir sind gute Freunde», sagte der Colonel. «Ich hoffe, er hat ein gutes Steak für dich.»
«Wir haben ein sehr gutes Steak da», sagte der Gran Maestro, als er wieder auftauchte.
«Iß du das, Tochter. Ich bekomm das die ganze Zeit über bei mir in der Messe. Willst du es blutig?»
«Ganz blutig, bitte.»
«Al sangue», sagte der Colonel. «Wie John sagte, wenn er mit dem Kellner Französisch sprach. Crudo, bleu, oder sagen wir einfach sehr blutig.»
«Es wird blutig sein», sagte der Gran Maestro. «Und Sie, Colonel?»
«Scaloppine mit Marsala und
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