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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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und Uinonah, und die Frauen kamen an Tschetansapas Lager, um mit Heilkräutern und Binden zu helfen. Als der Verletzte versorgt war, blieb Mongschongschah zitternd neben dem Lager des Gatten stehen. »Er muß wieder fort aus diesem Zelt«, sagte sie zu Uinonah, »wenn Schonka kommt, tötet er ihn sogleich. Wir müssen ihn wieder in die Felsen bringen.«
    »Er bleibt bei uns«, antwortete Uinonah ruhig. »In den Felsen draußen würde er sterben, noch ehe die Sonne aufgeht.«
    »Fort!« wiederholte »Die sich beugende Weide«, und vor Angst wurde die Frau heftig. »Sie töten nicht nur ihn, sie töten auch Hapedah, meinen einzigen Sohn, wenn sie Tschetansapa hier finden.«
    Der Schwerverletzte hatte die Augen offen und schien alle Worte zu verstehen, wenn er auch nicht sprechen konnte.
    Tokei-ihto wies Mongschongschah zurück. »Solange ich hier bin, wird Schonka kein Kind schlachten. Uinonah hat gut gesprochen. Tschetansapa bleibt, wie es auch sein eigener Wille ist. Wer ihn angreift, der kämpft mit mir, hau.«
    Der Verwundete schaute nach seinem Häuptling. Aber es war nur ein kurzer Blick, und er blieb finster.
    Tokei-ihto ging zur Feuerstelle, ohne sich zu setzen. Das Fieber glühte auch in ihm, und es machte ihm Mühe, seine Gedanken weiterhin klar zu ordnen. Bald konnte es so weit sein, daß er zusammenbrach wie Tschetansapa. Die Feinde der Bärensöhne hatten viel erreicht. Tokei-ihto und Tschetansapa, die beiden gefürchteten Männer, waren nur noch wie lahmgeschossenes Wild.
    Tschapa Kraushaar aber lehnte müde und mutlos an der Zeltstange.
    Uinonah trat vor ihren Bruder. Sie reichte ihm einen kleinen Beutel mit einem kräftig duftenden Kraut. »Iß das, es wird den Geist deiner Krankheit bekämpfen. Und erlaube mir, daß ich dir mein Vorhaben sage. Du magst dann als Häuptling ja oder nein sprechen.«
    »Was hast du vor?«
    »Wir müssen in allen Zelten die Habe zusammenpacken, weil wir heute nacht noch fortziehen wollen aus der Reservation. Ich will in die Zelte gehen und mit den Frauen sprechen. Wir wollen dir folgen, denn du hast recht, und wir müssen das tun, was du gesagt hast.«
    »Geh, Uinonah, und sprich mit den Frauen und Müttern.«
    Das Mädchen verließ ohne Zögern das Zelt.
    »Wo ist Hapedah?« Mongschongschah murmelte vor sich hin. »Es ist Nacht, wo ist er hingegangen?«
    Tokei-ihto hörte die Worte. Er wunderte sich selbst, daß der Knabe nicht mit seinem Vater zusammen in das väterliche Zelt zurückgekommen war. Aber ein Anführer der Jungen Hunde konnte für sich selbst einstehen, auch wenn er erst elf Sommer gesehen hatte.
    Tokei-ihto schlug das Grizzlyfell auseinander und nahm den Adlerfederschmuck an sich, den Uinonah ihm gezeigt hatte. Er setzte die Adlerfederkrone auf das Haupt, denn er war entschlossen, den Söhnen der Großen Bärin als ihr Häuptling gegenüberzutreten.
    Tschapa hatte die Zeltstange losgelassen und kam zögernd und mit gesenktem Kopf zur Feuerstelle heran. »Mein Bruder«, begann er stockend. »Uinonah will in alle Zelte gehen … also auch in mein Zelt. Die Mutter meiner Mutter hat einen bösen Geist, sein Toben wird immer gefährlicher. Ich fürchte, daß dieser Geist Uinonah angreift.«
    »Das mag sein. Aber Uinonah fürchtet sich nicht.«
    »Ich will hingehen und ihr in meinem Zelt beistehen.«
    »Du bist mir hier nötiger.«
    Tschapa gehorchte und blieb, um sich für seinen Häuptling bereitzuhalten.
    Durch den Zeltschlitz schlüpfte Hapedah herein. Er lief sofort auf Tokei-ihto zu, der ihm die Erlaubnis gab zu sprechen. »Ich habe mit Tschaske auf Wache gelegen«, berichtete der Junge rasch und aufgeregt. »Ich wollte melden, wenn Schonka kommt, damit er das Zelt nicht überrascht. Er ist noch nicht da. Aber Chef de Loup ist gekommen, den die Watschitschun auch Tobias nennen, und er wartet bei dem Felsen, wo der Falbe steht. Chef de Loup hat mir gesagt, daß Schonka mit drei Bewaffneten schon unterwegs sei. Das soll ich dir sagen, Häuptling. Und Chef de Loup will wissen, ob er selbst in das Zelt kommen oder draußen weiter Wache halten soll.«
    »Er soll zur nächsten Grenze reiten – in Richtung der Che sapa (=Black Hills) – und spähen, ob der Weg dort für uns frei ist. Mit seinem Schecken kann er in zwei Stunden von hier an der Grenze der Reservation und wieder zurück sein. Ich will sogleich Nachricht haben, was er dort festgestellt hat. Du aber bleibst mit Tschaske beim Felsen weiter auf Wacht.«
    »Gut.« Die Augen des Knaben leuchteten hell

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