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Ueber die Liebe und den Hass

Ueber die Liebe und den Hass

Titel: Ueber die Liebe und den Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachida Lamrabet
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keinen Umständen, wie man seiner abgeflauten Beziehung wieder frischen Wind einbläst, wie man seine Jeans zu tragen hat und wie man ökologisch vertretbar und mit dem Flieger eine paradiesische Woche am anderen Ende der Welt erleben kann. Mein Blick verharrte einen Moment auf dem feinen perlmuttfarbenen Strand, ein fetter Schriftzug zog meine Aufmerksamkeit auf sich: »Ticket zum Paradies, zehn Tipps für einen unvergleichlichen Urlaub.«
    Ich erinnere mich noch, dass ich überlegt habe, ob das Paradies wirklich so aussah. Ob es dort Palmen gab, Muscheln am Strand.
    Ich warf die Zeitschrift wieder auf den Tisch, als mir bewusst wurde, dass es sich nur um einen Täuschungsversuch handelte. Es müsste jemanden geben, der diesen Menschen Tipps gab, wie sie zum einzig wahren Paradies kamen, nach al-Âchira . Jemand müsste der Menschheit mal einen guten Dienst erweisen, indem er ihr Tickets zum echten Paradies verkaufte, nicht gegen eine Geldsumme, sondern im Tausch für die Unterzeichnung eines Reglements, das die Chance auf den Eintritt erhöhte.
    Und so entstand Âchira Airlines.
    Ich entwarf ein minimales Basisreglement, an das die Menschen sich zu halten hatten, wenn sie ihre Chance aufs Jenseits vergrößern wollten.
    Die Leute konnten bei mir ein Ticket buchen, wenn sie sich mit dem Âchira-Reglement einverstanden erklärten. Frauen und Männer mussten sich bedecken und durften sich nur in neutralen, schlichten Farben kleiden, denn Farbe zog an, so wie leuchtend grelle Blumen die Bienen und Schmetterlinge anzogen. In der Natur erfüllten Farben ihren Zweck, doch bei den Menschen führten sie nur zu Verdruss.
    So wie die Musik und das Vergnügen. Meiner Meinung nach war die Wahl für den wahren Gläubigen doch schnell gefällt, wenn er die Wahl hatte zwischen Anbetung und Tanzen.
    Die Menschen sollten viel beten, fasten und Buße tun. Nur so vergrößerte sich ihre Chance, ein Ticket ins Jenseits zu erstehen. Dafür reichte es aus, wenn die Leute sich mit dem Reglement einverstanden erklärten. Selbstverständlich bot ich den Leuten keine Garantie für einen Platz im Himmel. Ich war keine Betrügerin. Aber ich gab ihnen einen Halt. Ich begann, Leute in den Geschäften anzusprechen.
    In Straßenbahnen und Bussen versuchte ich meine selbstgemachten Tickets zu verkaufen.
    Der Rest der Geschichte ist Vergangenheit.
    Armer Jamal. Sie machten ihm weis, ich sei besessen und grauenvolle dschnun würden in mir hausen. Ich sei nicht alleine. Und Jamal ließ sich von einem Heiler zum nächsten schleppen. Er durchkreuzte ganz Benelux auf der Suche nach dem besten und gelehrtesten rfkih . Er ließ sogar aus der Hauptstadt einen afrikanischen Heiler kommen. Professor Traoré , toubib spirituel , spezialisiert auf Teufelsaustreibungen, so steht es zumindest auf seinem Visitenkärtchen. Als er mir die Hände auf den Kopf legen wollte, schrie ich ihn an, er solle mit seinen schmierigen schwarzen Pfoten gefälligst von mir wegbleiben. Zum Ausgleich bekam der Professor hundert Euro, ohne dass es ihm gelungen war, auch nur ein winziges Geistlein aus mir zu vertreiben.
    Andere sagten wiederum, ich sei gestresst und bräuchte dringend einen Tapetenwechsel und Entspannung. Also buchte Jamal eine Woche auf den griechischen Inseln. Bis der Hausarzt ihn überzeugte, dass ich tatsächlich ein bisschen verrückt sei. Die Einrichtung, in die ich zwangseingewiesen wurde, war natürlich keine Kykladeninsel, und ich blühte dort auch nicht auf, ganz im Gegenteil.
    Doch dank der Pillen litt ich zum Glück nicht mehr unter Anfällen von Gotteslästerung. Denn trotz Âchira Airlines gab es bei mir immer wieder Momente, da nahm ich es Gott übel, dass er Johan für die Hölle vorbestimmt hatte.
    Die Medikation machte mich wahrscheinlich auch zugänglicher für die Geschichte über die grünen Männchen mit dem großen Auge auf der Stirn. So sieht meine kindliche Vorstellung von den Wesen aus dem All aus, denn laut Hannelore hatten sie keinen Körper und bestanden ganz und gar aus Geist. Sei waren schemenhaft. Fast unsichtbar, aber da. Ungefähr so wie der Wahnsinn, bildete ich mir ein.
    Von da an bestand mein Leben aus langen Phasen innerhalb der Einrichtung, und dazwischen durfte ich immer mal wieder nach Hause, wo ich mir einen Sport daraus machte, ungesehen nachts »das Auto zu nehmen« und zu verschwinden.
    Während meiner Schwärmereien, die immer mehrere Tage anhielten, habe ich per Zufall so mancherlei Sehenswürdigkeit entdeckt. Darunter

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