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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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hing, wand er
sich plötzlich wie unter einem Stromschlag und riß den
linken Arm hoch. Sah vielleicht nicht elegant aus, funktionierte
aber. Die linke Hand fand Halt, und mit der rechten konnte Max
nachfassen. Eine Sekunde Verschnaufen. Dann ein Klimmzug, wobei er
gleichzeitig mit den Stiefeln nach Halt auf dem Putz suchte. Er
stütze zuerst den rechten, dann den linken Unterarm auf.
Packte den Fensterrahmen. Noch ein letztes Mal strampeln, und Max
kroch durch das Fenster.
    Als er die
Wintergartentür von innen entriegelte, fiel Margit ihm um den
Hals. So stürmisch, daß sie beide zu Boden
gingen.
    *
    Da Max das Haus von
früheren Besuchen noch gut in Erinnerung hatte, kamen sie auch
im Dunkeln zurecht. Er ging voran, Margit folgte, eine Hand auf
seiner Schulter. Erst als sie in den Keller hinunterstiegen, wagte
Max, Licht zu machen. Hinter der zweiten Tür rechts, neben dem
Weinkeller, war, was er suchte.
    »Ein
Schießstand?« fragte Margit, geblendet von einem halben
Dutzend Neonröhren.
    Max nickte.
»König ballert gern auf Pappkameraden.«
    »Und er besitzt
eine Neun Millimeter«, sagte Margit.
    »Schlaues
Mädchen.«
    Max ging den
tunnelartigen Kellerraum entlang, der sich bis weit unter den
Garten erstreckte. Am Ende waren acht lebensgroße, auf Karton
aufgezogene Fotografien aufgebaut. Eine Parade von Hollywoods
Westernhelden, aus irgendwelchen Filmen herauskopiert und
vergrößert. Audie Murphy, Randolph Scott, Clint
Eastwood, Chuck Connors, Charles Bronson, James Coburn, Kirk
Douglas und Gary Cooper. Robert Redford im Outfit des elektrischen
Reiters, der bei Max' letztem Besuch noch rechts außen
gestanden hatte, fehlte. Wahrscheinlich hatte er inzwischen zu
viele Löcher.
    Margit schüttelte
den Kopf. »Ist John Wayne gerade auf dem
Klo?«
    Max machte sich an den
alten Matratzen, die hinter den Pappkameraden an der Wand standen,
zu schaffen. Er tastete und klopfte sie ab. Stocherte hier und da
mit der abgebrochenen Klinge in einem Einschußloch
herum.      
    Hinter James Coburn
wurde er schließlich fündig. Er pulte und förderte
eine Kugel zutage, die er triumphierend zwischen Daumen und
Zeigefinger gegen das Licht hielt. Ein bißchen platt an der
Spitze, aber ansonsten unversehrt.
    Genau, was Max gesucht
hatte.

31
    »Laß uns
verschwinden«, sagte Margit. »Du hast doch jetzt, was
du wolltest. König kann jeden Augenblick
kommen.«
    »Als ob der
seinen geliebten Jaguar in der Wildnis stehen läßt. Er
wird sein Handy heiß telefonieren, um irgendwo ein paar neue
Reifen aufzutreiben.«
    Max schob Margit vor
sich her. »Hier geht's lang.«
    Sie wechselten von den
Flurfliesen auf watteweiche Auslegware. Margit blieb neben der
Tür stehen. Max ging ans Fenster und zog die Vorhänge zu.
Dann tastete er sich bis zum Schreibtisch zurück und knipste
die Leselampe an. Margit deutete fragend auf den Lichtschalter an
ihrer Seite.
    »Mach ruhig
an«, sagte Max. »Die Vorhänge sind
dicht.«
    Margit betätigte
den Schalter, und ein Dutzend kleiner Halogenspots wurde
gezündet.
    Die Wände waren
bis in Schulterhöhe mit Mahagoni vertäfelt. Darüber
hing Königs Sammlung von Glamour-Fotos, Autogrammkarten,
Standbildern, Konzertankündigungen und Filmplakaten ehemaliger
deutscher Film- und Schlagergrößen. Sehr ehemaliger.
Darunter Originalautographen von den Comedian Harmonists, Jan
Kiepura, Hilde Seipp und dem Rudi Schuricke Terzett. Und - mit
allein fünf großformatigen Aufnahmen, altargleich an der
Stirnwand arrangiert - Zarah Leander. Alle unter Glas, gerahmt und
diskret beleuchtet.
    »Theos einziges
Hobby«, sagte Max. »Wenn man mal vom Geldzählen
absieht.«
    »Ist er nicht
verheiratet?« fragte Margit.
    »War er mal. Sie
ist ihm weggelaufen. Ist aber schon ewig her.«
    Margit ging zu Max,
der sich am Schreibtisch zu schaffen machte. »Was suchst du
überhaupt?«
    »Unterlagen«, sagte
Max und fuhrwerkte mit einem Brieföffner im Schloß der
obersten Schublade herum. Diesmal hatte er mehr Glück als an
der Wintergartentür. Die Klinge hielt, und die Lade ließ
sich herausziehen. »Papiere, die die Verbindung
König-Conradi belegen.«
    »Und was sollte
das sein?«
    »Korrespondenz,
Kopien von Überweisungsaufträgen, was weiß ich.
Hier!«
    Margit blickte
über Max' Schulter. Neben einem üppigen Vorrat an
Dannemännern stand eine offene Pappschachtel, etwas kleiner
als ein Schuhkarton. In der Schachtel lag ein öliger
Lappen.
    »Darin bewahrt
er normalerweise seine Pistole auf«, sagte

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