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Über Nacht - Roman

Über Nacht - Roman

Titel: Über Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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paar Liebhaberstücken trennen müssen.» Ich wußte, daß er an dem einen oder anderen Möbel hing, es nicht verkaufte, selbst wenn Nachfrage bestand. Vittorio wollte das Gespräch auf ein anderes Thema lenken, um den Abend nicht zu gefährden, aber mein fordernder Ton hatte schon genügt, um die Stimmung zu zerstören. Er erwähnte, daß er eine neue Dichtung für die Caffettiera besorgt habe, daß uns seine Mutter am Wochenende zum Essen einladen würde. Wir sahen den Kellnern hinterher, die ihre vollen Tabletts ins Freie trugen. Zwischen dem Trubel draußen und der Stille hier ließen wir den Blick umherschweifen, betrachteten Stühle, Tische und Boden. Mir fiel auf, daß Vittorio öfter als einmal zum kleinen Tisch vor dem Fenster blickte, es schließlich vermied hinzuschauen, nachdem er bemerkt hatte, daß er von mir dabei beobachtet worden war.
    Â«Kennst du sie?» fragte ich ihn.
    Ãœberrascht hob er die Augenbrauen. «Wen meinst du? Die Frau dort?»
    Â«Ja. Die gefällt dir doch.» Ich zerschnitt die letzte getrocknete Tomate und legte das Messer an den Tellerrand.
    Â«Sie ist Lesbe», sagte Vittorio.
    Â«Deshalb kann sie dir ja trotzdem gefallen», sagte ich.
    Â«Ja.»
    Â«Macht dich das an – die Vorstellung, daß sie es mit Frauen treibt? Ist es das? Sag schon.»
    Â«Das ist nicht dein Ernst», sagte Vittorio, «daß du mir deswegen jetzt eine Szene machst.» Er schenkte sich Wein nach, vergaß mein Glas zu füllen, entschuldigte sich, als er es bemerkte. «Ich finde sie attraktiv, das ist alles. Ich finde auch meine Mutter attraktiv.» Er machte Platz für die Hauptspeise, stellte das Brotkörbchen zur Seite, damit der Kellner den Barsch auftragen konnte.
    Â«Woher kennst du sie?»
    Vittorio kratzte die Kruste vom Fisch, seufzte. «Sie war mal im Geschäft. Mit ihrer Freundin. Sie haben Stühle für das Eßzimmer gesucht, aber nichts gefunden.»
    Ich beobachtete, wie er den Barsch zerlegte; es blieb fast nichts mehr davon übrig, weil er alles entfernte, was nach Fett aussah. Es machte mich nervös, wie er die kleinen weißen Fleischstückchen herauslöste und nach Gräten untersuchte, als würde er ein Kleinkind füttern.
    Â«Du hättest besser einen gekochten Fisch bestellt», sagte ich.
    Vittorio schaute auf. «Kannst du mich in Ruhe essen lassen?»
    Â«Du hast mich gefickt, als wäre ich eine Hure, nachdem du mich monatelang nicht angerührt hast.» Ich schaute erst auf meinen Teller, dann zu Vittorio. Er richtete sich steif auf, legtedas Besteck ab, hielt den Kopf dorthin gedreht, wo niemand war.
    Â«Tut mir leid», sagte ich, «tut mir leid.» Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, nicht einmal im Profil. Ich stützte die Ellbogen auf den Tisch, faltete die Hände, drückte die Stirn gegen die Fingerspitzen.
    Â«Es hätte ein Anfang sein können», sagte er und wandte sich mir erst zu, als er den Satz ausgesprochen hatte. Vittorio aß noch ein paar Gabeln vom Fisch, trank den Wein aus und schob dann Teller und Glas von sich weg.
    Â«Warum fängst du ausgerechnet jetzt damit an?» fragte er.
    Ich zuckte mit den Achseln. «Es hat sich so vieles verändert, und ich kann es mir nicht erklären. Hast du eine andere?»
    Â«Aber ich bitte dich! Ich hab’ nicht mal die Zeit dazu.» Er schüttelte den Kopf. «Das ist doch lächerlich.»
    Â«Der Alltag, die Wochenenden – alles läuft mechanisch ab.»
    Â«Wir haben beide viel zu tun. Das ist normal. Ach Mira, komm.» Er legte seine Rechte offen auf den Tisch.
    Ich betrachtete den Ärmel, dachte an sein Hemd, das nicht nach ihm gerochen hatte. Ich war nahe daran gewesen, seine Mutter anzurufen und zu fragen, ob sie es wirklich gewaschen hatte, fürchtete aber, daß sie meine Eifersucht durchschauen und ihn decken würde.
    Vittorio zog seine Hand wieder zurück. Er sah müde aus. «Laß uns gehen», sagte er.
    Â«Ich hab’ noch nicht gegessen.» Vor mir lag das Kalbsschnitzel in Zitronensoße.
    Als habe er meine Worte nicht gehört, nahm Vittorio sein Portemonnaie aus dem Sakko und rief den Kellner herbei.
    Â«Rechnen Sie alles zusammen, ich muß weg. Die Dame bleibt noch.»
    Er gibt es nicht zu, er läuft davon, dachte ich. Mir fehlte die Kraft, ihn zurückzuhalten.
    Nachdem er gegangen war und der Frau am Fenster

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