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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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waren.
    Wenigstens war die Verwandtschaft
inzwischen abgezogen. Nur der neue Wagen der Arnes’ stand noch im Hof, und
Shandy fand Miss Hilda am Küchentisch sitzend, wo sie gemütlich mit Roy und
Laurie Tee trank. Auch Sven Svenson war bei ihnen und trug einen dicken Verband
um den Kopf.
    »Mein Gott, was ist denn mit Ihnen
passiert?« fragte Shandy.
    »Den hat Orm auch erwischt«, antwortete
Miss Hilda für den offenbar angeschlagenen Schweden. »Hab’ ihm schon gesagt,
das kommt davon, wenn man an geweihten Stätten rumstochert.«
    »Aber der Runenstein ist doch gar keine
geweihte Stätte, oder?« fragte Roy Arnes. »Ich hatte den Eindruck, daß er alles
andere ist als das.«
    »Hm. Wie kommt er denn bloß da drauf?«
Miss Hilda schüttelte den Kopf, als sei sie sehr ungehalten, aber ihre Lippen
zuckten dabei verräterisch.
    »Na ja, die Inschrift handelt doch bloß
von Schnaps und bösen Frauen«, beharrte Roy. »Und was soll daran erhaben sein?
Und Orm kann sowieso nicht unter diesem Stein liegen, glaube ich jedenfalls,
denn wenn er dort gestorben wäre, hätte er sich ja wohl kaum beklagen können,
oder?« Roy vertrat offenbar den wissenschaftlichen Ansatz.
    »Wie kam es zu Ihrer Verletzung, Doktor
Svenson?« wiederholte Shandy seine Frage. Offenbar war es heute schwierig, auf
einfache Fragen klare Antworten zu bekommen.
    Diesmal erbot sich Laurie, die Frage zu
beantworten. »Er hat sich den Kopf aufgeschlagen, als er aus einem Baum fiel.«
    »Was machte er denn auf einem Baum?«
    »Hochklettern, nehme ich an.«
    Der alte Herr schüttelte seinen
bandagierten Kopf. »Nisst klettern. Hoch!«
    »Sie meinen, Sie waren schon
hochgeklettert und saßen bereits auf dem Baum, und dann ist ein Ast abgebrochen
oder so etwas?«
    »Nein. Nisst klettern. Hoch!«
    »Es tut mir leid«, sagte Laurie, »aber
ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Laß den armen Mann doch in Ruh’«,
unterbrach Miss Hilda sie. »Hier, alter Knabe, ich schmeiß dir noch was Zucker
in’ Tee, un’ dann solls’ du mal sehen. Zucker is’ gut gegen alle Krankheiten.«
    »Es sei denn, die Krankheit heißt
Diabetes«, murmelte Roy.
    Laurie hatte inzwischen bereits die
geheime Kunst der Ehefrauen erlernt, den Gatten mit einem einzigen Blick zum
Schweigen zu bringen. »Miss Hilda meint damit nur, daß Zucker ein gutes Mittel
gegen Schock ist, und damit hat sie völlig recht. Es ist ein Wunder, daß er
sich nicht den Hals gebrochen hat.«
    »Ich würde trotzdem gern wissen, warum
er auf dem Baum war«, drängte Shandy.
    »Das scheint keiner zu wissen. Der
Präsident hat ihn hier eben hereingeschleppt und uns gebeten, uns um ihn zu
kümmern. Vielleicht sollten wir ihn in ein Krankenhaus bringen, aber
andererseits ist es vielleicht besser, wenn er nicht zu sehr durchgeschüttelt
wird. Gebrochen hat er sich offenbar nichts. Er hat sich zwar den Kopf
aufgeschlagen, aber es ist nichts Schlimmes. Miss Horsefall hat ihm einen
Verband angelegt, um die Blutung zu stoppen.«
    »Das sehe ich.«
    »Ich nehme an, er ist nicht sehr schwer
gestürzt, weil er so klein und leicht ist. Aber in seinem Alter sind die
Knochen oft brüchig, und es hätte durchaus sein können, daß er sich alle
Knochen gebrochen hätte.«
    »Allerdings«, erwiderte Shandy. »Am
besten lassen wir ihn für eine Weile in Ruhe. Er scheint schon auf die
Behandlung anzusprechen.«
    Tatsächlich war Sven Svenson gerade
dabei, etwas zu tun, was man gelinde gesagt als massiven Annäherungsversuch
bezeichnen konnte. Miss Hilda leistete nur geringen Widerstand, wahrscheinlich
aus Mitgefühl wegen seiner Verletzung.
    »Wo ist Ihr Vater, Roy?« fragte Shandy,
um seine Verlegenheit angesichts der neuesten dramatischen Entwicklung zu
überdecken. »Und Mr. Horsefall?«
    »Henny ist oben und ruht sich aus. Die
Beerdigung hat ihn ziemlich mitgenommen. Dad ist draußen und unterhält sich mit
Bashan von Balaclava. Die Jungens von der Viehwirtschaft haben den alten Bash
heute morgen in einem Pferdeanhänger hergebracht und ihn draußen auf dem Hügel
gelassen, für den Fall, daß wieder irgend jemand Lust verspürt, die Abkürzung
zu nehmen, um zum Runenstein zu kommen.«
    »Um wieviel Uhr genau war das?«
erwiderte Shandy.
    »Irgendwann während der Beerdigung,
nehme ich an. Der Bulle war schon hier, als ich Laurie hergebracht habe, denn
wir sind zu ihm hingegangen und haben ihn begrüßt.«
    »Man hat ihn einfach dort gelassen?«
    »Nein, sie haben Pfosten aufgestellt
und einen richtigen Elektrozaun

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