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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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erhaltenen
Schaukelstuhls, strich sich sehr sorgfältig die Falten seiner beige-rosa Hose
über den Knien glatt und pflanzte sein schwammiges Hinterteil auf das
Taschentuch.
    »Wie freundlich von Ihnen, Professor
Shandy. Einen Mann Ihrer Reputation betreue ich natürlich gern mit dieser
Aufgabe. Es wird doch hoffentlich nicht zu lange dauern? Ich würde es nämlich
außerordentlich bedauern, hier irgendwelche Unannehmlichkeiten zu verursachen,
indem ich die heilige Schwelle von Miss Horsefall entweihe, wenn man mich zu
lange warten lassen sollte.«
    Es bestand kein Grund, Zeit zu
verlieren. Die persönliche Habe von Spurge Lumpkin bestand aus zwei
abgetragenen, aber sauberen und mehrfach geflickten Garnituren Unterwäsche für
den Winter, einigen oft geflickten Socken, mehreren Flanellhemden mit
gewendeten Kragen und Flicken an den Ellbogen, einer Arbeitshose, einem kurzen
Plaidmantel, der so ähnlich aussah wie der, den Shandy immer getragen hatte,
bis Helen ihn unter Androhung körperlicher Gewalt gezwungen hatte, sich etwas
Ansehnlicheres zuzulegen, einem Paar schwerer Stiefel mit abgelaufenen
Absätzen, einer Mütze und einem Paar gestrickter Fäustlinge aus bunten
Wollresten.
    Beim Anblick der Fäustlinge stiegen
Miss Horsefall die Tränen in die Augen, während sie sie oben auf das ärmliche
Häufchen legte. »Die hab’ ich Spurge mal Weihnachten geschenkt, als meine Hände
noch nich’ so schlimm waren. Wie der sich gefreut hat. War so ‘n schönes
Weihnachtsfest das Jahr. Da warn die Zeiten noch besser. Ja, ja, so Gott will,
bin ich auch selbs’ bald an’nem beßren Ort als diesem.«
    »Unsinn. Das dürfen Sie nicht sagen«,
erwiderte Shandy barsch. »Ist das alles? Keine Pyjamas oder Pantoffeln?«
    »Teufel auch, nein. Spurge hat immer in
seinen Socken un’ der langen Unterhose geschlafen, ‘s war schon ‘n Wunder, wenn
ich ‘n dazu gekriegt hab’, sich einmal die Woche zu baden un’ sich ‘n saubres
Paar anzuziehen. Spurge hat zwar ‘n guten Anzug un’ ‘n weißes Hemd gehabt, das
früher mal Henny gehört hat, aber damit ham wir ‘n begraben. Bleiben dann bloß
noch die Tabaksdosen.«
    »Gütiger Himmel«, sagte Shandy und
betrachtete die aufgestapelten Kartons, die in einer Ecke des spärlich
möblierten kleinen Zimmers standen. »Was hat er denn darin aufbewahrt?«
    »Nix. ‘s hat ihm bloß Spaß gemacht, sie
zu sammeln.«
    Offenbar gab es Hunderte dieser kleinen
Blech- und Pappbehälter, die sorgfältig in den staubigen Kartons, die aus Lebensmittelgeschäften
stammten, verstaut worden waren. Shandy hätte am liebsten überprüft, ob sie
tatsächlich leer waren, aber es hätte eine Ewigkeit gedauert, sie alle zu
öffnen, und er wußte, daß Nutie der Schleimer sehr wohl fähig war, die
angedrohte Szene zu machen, wenn er nicht sofort das Verlangte bekam. Die
Staubschicht war wohl Beweis genug, daß sich keiner daran zu schaffen gemacht
hatte, angenommen, daß sich wirklich irgend etwas Wertvolles darin befand.
Wahrscheinlich war dies nicht der Fall, soweit man aus dem Gewicht der Kartons
schließen konnte, es sei denn, Spurge hatte sich auf das Sammeln von
Hühnerfedern spezialisiert. Shandy hob einen Teil der wackligen Ladung hoch und
jonglierte seine leichte Last zur Veranda.
    »Am besten, Sie verstauen das schon in
Ihrem Wagen, Lumpkin. Es kommt noch einiges mehr.«
    »Ach du liebe Zeit. Vielleicht sollte
ich doch lieber vorher die Kartons durchsehen und das, was ich nicht brauche,
hier zurück — «
    »Kommt nicht in Frage. Sie sind
gekommen, um die persönliche Habe Ihres verstorbenen Vetters zu holen, und
genau die werden Sie jetzt auch mitnehmen.«
    Lumpkin zuckte mit den Schultern und
begann, die wertlosen Kartons in sein nagelneues, blitzendes Auto zu verladen.
Schließlich seufzte er: »Ist das alles?«
    »Das ist verdammt alles, bloß kein
Stäubchen davon is’ von dir gekommen«, sagte Miss Horsefall scharf. »Als er
noch lebte, has’ du Spurge nich’ mal ‘n Kaugummi angeboten. Hätts’ ihn ins
Altersheim gesteckt mit nix als ‘m Hemd am Leib, wenn ich un’ Henny ‘n nich’ aufgenommen
hätten. Un’ von euren Leuten ham wir weiß der Teufel nix an Dank gekriegt, aber
nich’, daß es uns was macht. Spurge war unser — « Sie zog geräuschvoll die Nase
auf, fuhr mit dem Ärmel über ihre nassen Augen und fuhr dann mit barscher
Stimme fort: »Jetz’ haste ja gekriegt, waste wolltest. Nimm’s, un’ verzieh dich
endlich.«
    Nute Lumpkin nahm sein

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