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Ueberdog

Ueberdog

Titel: Ueberdog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg-Uwe Albig
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Beinen, schaukelten ihn hin und her und warfen ihn in hohem Bogen in den Pool.
    Prustend krabbelte Paul an Land, das Stirntuch über den Augen, die Windjacke triefend wie schwere Seide. Und da stand dann Zork in seiner donnernden Männlichkeit, reichte ihm den ersten Schluck aus der Gabba-Flasche, und Paul stemmte die Linke in die Hüfte und trank die halbe Flasche ganz alleine aus.
    Wenn der Gabba verzehrt war, legten alle die Kleider ab. Die Lichter der Stadt beglänzten den Sommerhimmel über dem Park; ich sah die Blicke, die Chuck und Zebra tauschten. Plötzlich rannte Zebra los, über den schon taufeuchten Rasen Richtung Pool; ich hörte den dumpfen Klang ihrer Füße, das Klatschen im Wasser. Dann hörte ich das Trampeln der ganzen Horde, und ich sah die Fontänen.
    Ich blieb, die Nikon im Anschlag, unter der Buche sitzen. Die Rinde massierte meinen nackten Rücken. Manchmal blitzte ich wie nebenbei in ein Gesicht, das empört und belustigt aufglomm, die Haare wie Tang; ich fotografierte Zorks Bauch. Oder ich fotografierte die Wölbung von Zebras Slip, die auf demBauch lag und verwöhnt und wissend ins Gras grinste, während Chuck ihr mit einem Grashalm über den Rücken fuhr.
    Gegen Morgen, am Lagerfeuer auf der Steinfläche vor der Imbissbude, lag Zebra auf dem Rücken, den Kopf in Chucks Schoß, und wedelte nur manchmal gespielt unwillig mit der Hand, wenn Chucks Finger auf ihren Nabel zukrochen.
    Zu diesem Zeitpunkt verließ ich gewöhnlich die Runde. Ich kletterte die Leiter zum Sprungturm hoch und kauerte mich auf die Plattform. Aus zehn Metern Höhe blickte ich auf die Blüte aus trägen Körpern hinab, spähte über die Wipfel Richtung Alster, Richtung City, wo in den Bürotürmen schon die ersten Lichter aufglommen. Ich fühlte mich wie eine Archäologin im nächtlichen Regenwald von Guatemala, auf der Spitze einer Maya-Pyramide in Tikal oder Bonampak, unter mir die Geräusche des undurchschaubaren Dschungels – das Winseln und Schlürfen, das Fauchen und Bellen, das Zischen, Wimmern und Heulen –, die allmählich verstummen und der stumpfen Klarheit des Tages Platz machen.
    Wenn ich wieder herabstieg, hatten Paul und Betty, manchmal auch Zork, Schmiddel und Zebra – Chuck nur selten – noch die Liegestühle vom Stapel hinter den Klohäuschen hervorgezerrt und sich für ein Stündchen hingelegt. Da lagen sie, meine Freunde, in sicherem Abstand zum aufblühenden Tau und in göttlich hingeworfener Haltung, als wären sie aus dem Himmel geschwebt.

14
    Einmal, an einem unerwartet kalten Augustabend, besuchten wir eine der legendären Partys des Dirigenten Nikolaus Schwanthaler. Schwanthaler war ein Anhänger fernöstlicher Philosophien; so feierte er wie jedes Jahr am achten Achten, dem glücksbringenden Tag der Chinesen. Nie war ich zu diesen Partys eingeladen gewesen. Doch in den letzten Wochen war meine Zurückhaltung gründlich verflogen.
    Die beiden schwarzen Männer am Portal der Nienstedter Villa trugen cremefarbene Anzüge und grandios gelangweilte Blicke. Auf einem Tischchen ruhte ein schwarz gebundenes Buch mit der Gästeliste; die Männer warfen keinen Blick hinein. Sie stellten nicht einmal Fragen; sie malmten mit den Kinnbacken und starrten durch uns hindurch. Erst als Schmiddel die Vorhut übernahm und an den Männern vorbeistrebte, öffnete der linke der beiden den Mund, ohne den dünnen Schnurrbart auf der Oberlippe zu verschieben.
    »Wer hat Sie eingeladen«, sagte er mit der Lautstärke, die aus der Gelassenheit kommt. Sein Kollege kräuselte die Mundwinkel, als hätte der andere einen Witz gemacht; in aller Ruhe knöpfte er sich den obersten Jackettknopf zu. Im Gegenzug setzte Schmiddel die Sonnenbrille ab. Feierlich sagte er dann, mit seinem hochmütigsten Kamelgesicht: »Uschi.«
    Die erste Reaktion der beiden Männer war Grinsen. Dannzwangen sie sich zum Ernst, sahen einander an. »Uschi«, sagte schließlich der eine. »Uschi«, wiederholte der andere. Nachdenklich wog er den Namen wie ein bedenkenswertes Argument. Schließlich ließ es sich nicht länger vermeiden, und sein Kollege öffnete das Buch.
    Sein Finger stoppte an einem Namen, und der andere Mann sah ihm über die Schulter. »Wir hätten hier Ursli«, sagte er streng, fast besorgt. »Ursli Mergenthal.«
    »Uschi«, beharrte Schmiddel und löste wieder unterdrücktes Kichern aus. Wissend lächelte ich den Zerberus an, der unsicher wurde und sich wieder in das Buch versenkte. Nach ein paar Sekunden machte er eine knappe

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