Ueberdosis
daß Sophie mich für eine Art Mumie oder Zombie hält?«
»Malaka! Was kümmert dich diese putana? Sie ist noch so jung, ein halbes Kind. Sie weiß nicht, was sie sagt. Sie wird es nie wissen.«
»Ich fürchte, sie weiß es doch.« Markesch nickte düster. »O ja, ich fürchte, sie weiß es ganz genau.«
»Um Sophie kannst du dich morgen kümmern. Kümmer dich jetzt um mich. Ich habe mich umgehört und ein paar Dinge erfahren, die dir bestimmt gefallen werden.« Der Grieche angelte die Flasche Ouzo vom Tresen und schenkte sein Glas voll. »Die Maaßens betreiben nicht nur ein Pharma-Unternehmen, sondern sind noch an zwei Dutzend anderen florierenden Firmen beteiligt. Sie gehören zu den reichsten Familien der Stadt. Das Maaßen-Imperium wurde nach dem Krieg von Ewald Maaßen aufgebaut; aus dem Nichts. Oder fast aus dem Nichts. Irgendwie ist er in den Besitz einiger Patente der I.G. Farben gekommen, und nachdem er nach der Währungsreform die Maaßen-Pharma-AG gegründet hatte, verdiente er bald genug Geld, um in anderen Branchen zu investieren.«
»Wahnsinnig interessant«, bemerkte Markesch. »Aber die Geschichte von Ewald im Wirtschaftswunderland bringt mich nicht unbedingt weiter.«
»Ewald heiratete 1967 eine blutjunge Schönheit aus einer angesehenen ostpreußischen Junkerfamilie, die den einzigen Fehler hatte, daß sie völlig pleite war; deine Lady im Nerz. Die beiden standen damals ein wenig unter Druck, wie man hört; ein Kind war unterwegs – Michael – und es war nicht unbedingt eine Mußehe, aber auch keine Liebeshochzeit.« Der Grieche kippte den Ouzo hinunter und schenkte nach. »Ewald Maaßen kam vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben, und es gibt Gerüchte, daß er sich in einem absolut fahruntüchtigen Zustand befand.«
»Mit anderen Worten, er war betrunken«, sagte Markesch gelangweilt.
Der Grieche schüttelte langsam den Kopf. »Morphin.«
Markesch pfiff leise durch die Zähne.
»Natürlich sind es nur Gerüchte«, schwächte Archimedes ab. »Wenn er tatsächlich unter Morphineinfluß in den Tod gefahren ist, wurde alles vertuscht. Er soll an den Nachwirkungen einer Kriegsverletzung gelitten haben. Denkbar, daß er die Schmerzen mit Morphin bekämpft hat und schließlich abhängig geworden ist, und als Chef eines Pharma-Unternehmens hatte er natürlich keine Probleme, an das Zeug heranzukommen. Jedenfalls wurden kurz nach seinem Tod die Sicherheitsmaßnahmen in der Firma verschärft, vielleicht auf Befehl von oben, quasi als Gegenleistung für das Vertuschen der Affäre. Die Giftkammer – der Raum, in dem alle unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Stoffe gelagert werden – kann seitdem nur gemeinsam vom Geschäftsführer und dem Chef der Produktionsabteilung geöffnet werden. Zwei Schlüssel.«
Markesch rieb nachdenklich sein Kinn. »Das erklärt natürlich, warum Elvira Maaßen nicht wahrhaben will, daß ihr Sohn gefixt hat. Zwei Junkies in der Familie sind wirklich zuviel. Und …« Er stockte. »Du sagtest, daß die Giftkammer nur mit zwei Schlüsseln geöffnet werden kann? Nur gemeinsam vom Geschäftsführer und vom Produktionschef?«
»Ja«, nickte Archimedes. »Ist das wichtig?«
»Und ob das wichtig ist«, knurrte Markesch. »Es ist fast die halbe Lösung.«
Denn das bedeutet, fügte er in Gedanken hinzu, daß Lukas Hommberg in einem entscheidenden Punkt gelogen hat. Ich habe ihn erwischt, als er Morphin stehlen wollte. Aus unserem Pharmalager. Er hat sich heimlich meinen Schlüssel besorgt, aber ich bin zum Glück rechtzeitig dahintergekommen und habe ihn auf frischer Tat ertappt. Diese Ratte, dachte Markesch. Er konnte Michael nicht auf frischer Tat ertappen, weil er mit dem Schlüssel seines sauberen Onkels gar nicht an das Morphin herangekommen wäre. Hommberg hat die Morphin-Geschichte nur erfunden, damit niemand daran zweifelt, daß Michael ein Junkie war. Damit die Polizei Elvira Maaßens Mordverdacht keinen Glauben schenkt. Und als seine Schwägerin mich engagierte, tischte er mir die gleiche Geschichte auf, um weitere Nachforschungen zu verhindern.
Diese Ratte, dachte er wieder. Ich will verdammt sein, wenn der gute Onkel Lukas nicht direkt oder indirekt mit dem Tod – mit dem Mord an seinem Neffen zu tun hat … Denn es war Mord. Es ist die einzige logische Erklärung für dieses Täuschungsmanöver.
»Was hast du über Hommberg erfahren, den Geschäftsführer der Maaßen-Pharma?« fragte er Archimedes.
Der Grieche zupfte an seinem buschigen
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