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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Tatsache, daß die Kirche recht hatte und es ein Jenseits gab; sondern über die Tatsache, daß er im Himmel war. Er mußte im Himmel sein, denn nur im Himmel gab es Engel, und das Gesicht über ihm war das Gesicht eines Engels: betörend schön, mit einem Schmollmund, der zum Küssen einlud, und Schlafzimmeraugen, die alles Glück der Welt versprachen, umrahmt von brünetten lockigen Haaren.
    Das Flimmern vor seinen Augen verschwand.
    Er sah wieder klar.
    Es war kein Engel. Es war Sophie.
    »Ich lebe!« krächzte Markesch.
    Sophie lächelte zuckersüß. »Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    »Du hast mich gerettet! Ich liebe dich, Sophie!«
    Sophie drehte den Kopf. »Er ist im Delirium«, sagte sie zu jemand außerhalb seines Blickfelds. »Vielleicht sollten wir ihn doch ins Krankenhaus bringen. Oder besser gleich auf den Südfriedhof.«
    »Malaka!« fluchte Archimedes. »Du siehst doch, wie schlecht es ihm geht. Also mach keine Witze. In seinem Zustand nimmt ihn sowieso kein Friedhof auf.«
    »Wo bin ich?« stieß Markesch hervor. »Was ist passiert?«
    Mühsam setzte er sich auf, und das Pochen in seinem Kopf wurde zu einem unerträglichen Hämmern. Er biß die Zähne zusammen und wartete, bis der Schmerz etwas nachließ. Er hatte das Gefühl, als hätte er die Nacht auf einem Elefantenpfad verbracht, aber natürlich konnte er sich irren. Vielleicht hatte er auch nur eine Schrottpresse mit seinem Bett verwechselt.
    Mit verquollenen Augen sah er sich um.
    Er lag zugedeckt auf einer Couch in der Küche des Café Regenbogen, eingeklemmt zwischen Kästen mit leeren Colaflaschen und Kartons mit vollen Weinflaschen. Sophie saß auf der Kante des Sofas und musterte ihn mit der Miene einer Käfersammlerin, die ein halb zerquetschtes Exemplar vor sich liegen hatte und sich nicht entscheiden konnte, ob sie es aufspießen sollte oder nicht. Archimedes stand rauchend am Fenster, das nur ein graues Rechteck im Weiß der Tapete war, rauchte nervös und sah Markesch besorgt an.
    »Was ist passiert?« sagte Markesch wieder.
    »Das wollten wir eigentlich von dir erfahren«, brummte Archimedes. »Sophie hat dich heute morgen vor dem Café gefunden. Zuerst hielt sie dich für einen großen Klumpen Hackfleisch – sagte sie jedenfalls –, aber dann bemerkte sie doch eine gewisse Ähnlichkeit mit dir, schleifte dich ins Café und rief mich an. Das ist etwa eine Stunde her. Seitdem warten wir auf deine Wiederauferstehung.«
    Markesch betastete vorsichtig sein geschwollenes Gesicht. Nase, Mund, Kinn, alles war noch da, aber es fühlte sich seltsam an.
    »Wie sehe ich aus?« fragte er.
    »Willst du die Wahrheit hören oder eine barmherzige Lüge?« fragte der Grieche zurück.
    »Am besten die barmherzige Wahrheit«, knurrte Markesch.
    Sophie streichelte mitfühlend seine Hand. »Wenn es dir so schlecht geht, wie du aussiehst, muß es dir wirklich schlecht gehen«, sagte sie sanft. »Ich schätze, in etwa einem Jahr, nach einem Dutzend Schönheitsoperationen, kannst du wieder in den Spiegel blicken, ohne dich zu Tode zu erschrecken.«
    Markesch sah sie giftig an. »Ich brauche einen Scotch. Und eine Handvoll Tolimadol-Tabletten. Danach nehme ich es mit jedem Spiegel auf.«
    Sophie nahm ein Glas Mineralwasser und zwei Schmerztabletten vom Tisch.
    »Ich sagte Scotch«, beharrte Markesch. »Was soll ich mit Wasser? Willst du mich vergiften?«
    Sie schob ihm wortlos die Tabletten in den Mund und drückte ihm das Wasserglas in die Hand. Mürrisch spülte er die Pillen hinunter.
    »Hat dein Zustand etwas mit dem Drohanruf zu tun, den du gestern bekommen hast?« fragte Archimedes hellsichtig.
    »Elementar, mein lieber Watson«, sagte Markesch. Mit knappen Worten schilderte er, was geschehen war, und schloß: »Vermutlich haben mich die Hurensöhne vor dem Café abgeladen, um mir zu zeigen, daß sie mich jederzeit aufspüren können, wenn ich ihre Warnung nicht beherzige. Diese verdammten Bastarde!«
    Der Grieche zupfte an seinem Bart. »Ston diabolo, vielleicht solltest du die Finger von dem Fall lassen. Es ist jedenfalls keine gute Werbung für das Café, wenn du wie ein Klumpen Hackfleisch vor der Tür liegst, verstehst du?«
    »Sicher«, knurrte Markesch. »Keine Angst, wenn überhaupt noch jemand zu Hackfleisch verarbeitet wird, dann meine spanischen Freunde.«
    »Du willst weitermachen, Kopane? Bist du wahnsinnig? Diese Leute werden dich umbringen! Wie soll ich dann an das Geld kommen, das du mir noch schuldest?«
    »Ich werde mein

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