Überfällig
Willenzentrums hin. Sie wird alle nur verfügbaren Reserven aufbieten müssen, um Fragen und Antworten logisch verarbeiten zu können.“
„Anregungsmittel?“
„Nur auf Ihren Befehl hin, Sir“, entgegnete er erblassend. „Kreislauffördernde Mittel sind bereits verabreicht worden. Sie besserten den Zustand schon erheblich. Für Ihre Zwecke aber nicht genug.“
General Reling begann zu schwanken.
„Wir – wir probieren es so“, keuchte er.
„Halten Sie jedoch die stärksten Aufpeitschungsdrogen bereit. Das ist ein Befehl, den ich zu verantworten habe.“
„Jawohl, Sir“, sagte der GWA-Mediziner eisig. „Wenn Sie nun eintreten wollen?“
Meine Beine schienen gefühllose Gebilde zu sein, als ich hinter ihm den hellen und lichten Raum betrat. In dem niederen Bett lag eine blaß und abgezehrt wirkende Frau mit hellblonden Haaren. Noch ruhte die Herzpumpe neben dem Bett, da das natürliche Organ seinen Dienst einwandfrei zu leisten schien. Dafür wurde ihr laufend frisches Blut zugeführt, das im transparenten Behälter der Sauerstoffwäsche verhalten brodelte. In diesen Blutstrom wurden die anregenden Mittel direkt eingeführt.
Ich konnte nicht in das schmale Gesicht der noch recht jungen Frau sehen. Sie atmete sehr langsam und unregelmäßig. Die blauen Adern an ihren durchsichtig wirkenden Schläfen zuckten dagegen in einem irren Rhythmus. Es waren absolut unbekannte Symptome.
Bulbé glaubte an eine infektiöse Erscheinung, Ofenburg vermutete unbekannte Giftstoffe. Vielleicht war es auch eine Kombination. Niemand konnte das genau sagen, zumal in diesem Falle die unwahrscheinlichsten Möglichkeiten erwogen werden mußten. Sie war auf dem Mond erkrankt, nicht auf der Erde. Das warf praktisch alles über den Haufen, was unsere Wissenschaft bisher als feststehende Tatsache betrachtet hatte. Also standen nicht nur unsere Physiker und Techniker vor einem Rätsel. Nun ging es in der Medizin auch noch los.
Nach fünfzehn Minuten vermochte sie noch immer nicht zu antworten, obwohl sie die Fragen zweifellos klar erfaßte. Etwas in ihrem Gehirn schien nicht mehr zu funktionieren. Es war, als erteilte es – selbst ermattend – den Befehl zum Aufgeben.
Nach zwanzig Minuten befahl General Reling die Anwendung unserer stärksten Drogen. Doktor Bulbé gab die Injektion, nachdem die Bluterneuerung unterbrochen worden war. Er spritzte das Medikament durch die Kanüle des linken Armschlauches, ehe er ihn entfernte. Gewebeplasma verschloß die nachblutende Einstichwunde.
Sie hatten ihr eine Abart des teuflischen Ralowgaltin gegeben. Indessen dieses Zeug die Willensstärke eines Menschen vollkommen ausschaltete, bewirkte das Anti-Ralowgaltin genau das Gegenteil. Ich hatte einmal gesehen, wie man einen Freiwilligen aus dem aktiven Korps der GWA damit versorgt hatte.
Der Mann hatte vorher vier Tage und Nächte lang nicht schlafen dürfen. Dazu hatte man ihn noch durch das Gelände gehetzt. Er war so fertig gewesen, daß er beim geringsten Stoß umzufallen drohte.
Fünf Minuten nach der Injektion war er zu einem kraftgeschwollenen Ungeheuer geworden, und ein Gewicht von 100 kg war für ihn bedeutungslos.
Dafür brach er nach zwei Stunden so katastrophal zusammen, daß man an seinem Aufkommen zweifelte. Wir hatten nie erfahren, ob er die gewaltsame Aufpeitschung aller psychischen und physischen Kräfte überhaupt überstanden hatte.
Nun war Mrs. Festasa an der Reihe. Vielleicht ertrug sie es besser, da die vorangegangenen, rein körperlichen Anstrengungen relativ nebensächliche waren. Außerdem schlief ihr Geist, wonach das Mittel teilweise absorbiert werden mochte.
Dann kam jedoch der Schock, den ich innerlich bebend erwartet hatte. Das Höllenzeug besaß die Eigenart, absolut spontan zu wirken. Es war, als hätte sie von innen einen kraftvollen Stoß erhalten.
„Reaktion“, sagte Bulbé gepreßt.
Unser Cheftoxikologe kannte es genau, da er bei der Erschaffung dieser Mittel Pate gestanden hatte. Er spritzte nach vorn, um ihre Hände zu erfassen. Wir wußten aus unangenehmen Erfahrungen, daß ein derart aufgepeitschter Mensch zu einem Titanen werden konnte.
Indessen er noch rannte und der dritte Arzt – bissige Flüche murmelnd – nach den breiten Anschnallgurten faßte, geschah etwas, was wir niemals erwartet hatten.
Die körperlich kraftvolle Frau tat genau das Gegenteil dessen, was wir erwartet hatten.
Nach dem ersten Stoß sank sie wieder im Bett zurück, und alles war wie vorher. Flacher Puls,
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