Überfällig
mit dem Tode kämpfte.
General Reling schien unsere Anwesenheit gar nicht zu bemerken, aber so gab er sich meistens. Wir waren eben da; das genügte ihm. Mein Räuspern entlockte ihm eine derbe Zurechtweisung: »Natürlich, HC-9, wie immer ungeduldig. Warten Sie gefälligst ab.«
TS-19 stand wie versteinert. Es schien kein Leben in seinem Körper zu sein.
Drinnen klangen die unverständlichen Stimmen unserer Ärzte auf. Instrumente klirrten, und keuchende Atemzüge waren zu hören.
Endlich begann der Alte leise zu sprechen. Auch er schien innerlich aufgewühlt zu sein.
»Sehen Sie mich nicht so vorwurfsvoll an. Meinen Sie etwa, ich würde die Frau gern quälen? Wahrscheinlich können wir ihr noch nicht einmal helfen. Sie hat genau das eingeatmet, gegessen oder durch die Hautporen aufgenommen, was auch die Besatzungsmitglieder unseres Marsschiffes ALPHA umgeworfen hat. Nur war sie außerdem in der bedauernswerten Lage, kurz vor der Niederkunft zu stehen. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß wir alles für sie getan haben. Das Mond-Kurierschiff hatte zwei Ärzte an Bord. Als sie auf dem Raumhafen der Nevada-Fields ankamen, war es schon soweit. Die Geburt hätte aber einwandfrei in der Transportmaschine geschehen können. Auch dort waren zwei fähige Mediziner. Ich hatte eine Großraummaschine mit kompletter Lazaretteinrichtung zum Raumhafen geschickt. Wäre alles nach Plan gegangen, hätte sie schon vor der Landung in Washington ihren Jungen in die Arme nehmen können. Ich wollte sie im GWA-Hospital haben. Es kam aber anders, ganz anders.«
Allmählich wurden mir die Hintergründe klar. Die Frau war also vom Mond gekommen. Mein Kollege atmete hastig. Ringsum herrschte plötzlich eine derart angespannte Atmosphäre, daß der Schweiß unter meiner anliegenden Folienmaske unangenehm zu kleben begann.
»Sie hatte schon den Tod im Blut, ehe sie in das Kurierschiff stieg. Dann erfolgten noch die harten Beschleunigungen, die sie trotz ihres Zustandes gut ertragen hat. Nur schien der Effekt die Giftstoffe in ihrem Körper irgendwie angeregt zu haben. In Luna-Port war sie noch einigermaßen gesund und geistig regsam. Der Zusammenbruch kam während des Oberführungsfluges vom Raumhafen nach Washington. Die beiden Wissenschaftler dort«, er deutete auf die verschlossene Tür, »waren an Bord des Lazarett-Transports. Als sich ihr Zustand weiter verschlechterte, ordnete Dr. Ofenburg die Notlandung in Omaha an. So kam sie in die hiesige Klinik. Die Geburt verlief einwandfrei, mehr aber nicht.«
»Das – das Kind?« fragte der Leutnant mit schwerer Zunge.
»Tot«, flüsterte der Alte. »Total vergiftet, aber nicht durch natürliche Ursachen. Wir wissen nicht, was das zu bedeuten hat. Die Leiche wurde beschlagnahmt. Die Mutter weiß es noch nicht. Passen Sie also auf. Wir haben sie sogar betrügen müssen. Sie verlangte nach dem Kind. Unserer Notlüge brauchen wir uns aber nicht zu schämen.«
Sein Verhalten quälte ihn dennoch; ich fühlte es. Unser Chef hatte also auch absolut menschliche Seiten.
Ich riß mich von dem Gedanken los. Übergangslos wechselte General Reling das Thema.
»Sie war mit Dr. Festasa verheiratet, einem Minen-Geologen des staatlichen Mondkommandos.«
»War?«
»Ja. Er ist tot. Genauso tot wie die fünf anderen Personen aus seinem Arbeitsteam. Er war zur geologischen Untersuchung verschiedener Stollen eingesetzt worden. Sein Lager stand in den südlichen Ausläufern der berüchtigten Albara-Senkung, in der Sie Ihren letzten Einsatz durchführten.
Festasa hat etwas gefunden, das unsere Experten zum Wahnsinn treiben wird. Noch wissen sie es nicht, aber ich sehe
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