Überfällig
Gebirge. Angstzitternd drückte er auf den Schalter, der ihm von Scheuning persönlich in der Kabine installiert worden war. Das Höllending in der Bugspitze begann prompt zu spucken – und plötzlich waren von dem anderen Schiff nur noch klägliche Oberreste vorhanden. Eine Bergspitze wurde nebenbei abrasiert und in einen glühenden Gesteinskuchen verwandelt. Jetzt will Scheuning noch andere Plasmajäger mit den gefundenen Mordwerkzeugen ausrüsten. Ich habe ihn vorsichtshalber in Schutzhaft nehmen lassen, sonst jagt er mir noch den ganzen Mond in die Luft, wollte sagen in das Nichts des Raumes. So sieht die Sache aus, Konnat. Wir stehen wie Kinder vor einem unbegreiflichen Rätsel, und plötzlich kommt eine junge Frau ohne jede wissenschaftliche Schulung mit einer Meldung an, die mich fast die Wände hochgehen ließ. Sie starten morgen mit einem Spezialschiff, klar?«
Ich begann unterdrückt zu fluchen. Der Alte war wieder einmal sehr objektiv.
»Chef, ich gehe gleich noch höher, wenn Sie mir nicht bald sagen, was die Frau …«
»Ruhe!« Er lauschte angestrengt nach hinten, aber unsere Ärzte schienen noch immer beschäftigt zu sein.
»Hoffentlich schaffen sie es«, flüsterte er. »Meine Herren, Mrs. Festasa hat für das Forschungsteam ihres Mannes lediglich die schriftlichen Arbeiten erledigt. Ihren Zustand hatte sie verheimlicht, sonst hätte sie der verantwortliche Beamte in Luna-Port gar nicht mitgehen lassen. Der Teufel mag wissen, wie sie das geschafft hat. Jedenfalls ist sie der erste Mensch, der marsianische Maschinen in voller Tätigkeit gesehen hat. Was sagen Sie nun?«
An mancherlei Überraschungen gewöhnt, konnte ich nur noch stumm in die grauen Augen sehen. In meinem Gehirn schien sich ein riesiges Rad zu drehen. Als meine Gedanken wieder klarer wurden, keimte in mir der erschreckende Verdacht, daß diese Angelegenheit nicht mehr mit unseren althergebrachten Aufgaben vergleichbar war.
Auf Luna stand das herrenlose Erbe eines Intelligenzvolkes, das uns schon vor rund hundertachtzigtausend Jahren weit überlegen gewesen war. Diese Unbekannten konnten bereits Energie in Materie umformen, als auf der Eide an den Menschen noch nicht zu denken war. Das alles war so überwältigend, daß schon der Gedanke daran ein Schwindelgefühl hervorrief.
Nun sollte diese Mrs. Festasa – wahrscheinlich zufällig – Zeuge eines gewaltigen Ereignisses geworden sein. Kein Wunder, daß der Alte alles aufgeboten hatte, tun die Frau schnellstens und möglichst schonend nach Washington zubringen. Es war eine Ironie des Schicksals, daß sie den Tod in sich trug. Rätsel über Rätsel türmten sich auf. Ich hatte das eigenartige Gefühl, als wäre ich dazu ausersehen worden, diese Rätsel zu lösen.
»Sir, machen Sie uns nicht kopfscheu«, sagte TS-19. »Auch ich war dabei, als die unterlunare Marsstadt entdeckt wurde. Wer soll denn jene Maschinen bedient haben, die angeblich von ihr in Tätigkeit gesehen worden sind? Da komme ich nicht mehr mit! Wer kann das überhaupt, wenn schon Professor Dr. Dr. Scheuning zwanzig Stunden benötigt, um einen Feuermechanismus ausfindig zu machen. Das ist doch unfaßbar. Sir, wir sind real denkende Menschen, die man jahrelang dafür geschult hat, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Wer hat die Maschinen bedient? Wo sind sie zu finden?«
»Vordringlich nicht in den unterlunaren Anlagen, die Sie beim letzten Einsatz entdeckt haben«, entgegnete er knapp.
»Der Forschungstrupp des Dr. Festasa fand einen sehr großen Stollen, der anscheinend als Verbindung zwischen der bekannten Anlage und einer anderen, uns noch unbekannten Niederlassung gedient hat.
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