Überfällig
brodelte. Die Anregungsmittel wurden direkt dem Blutstrom beigegeben.
Ich konnte nicht in das schmale Gesicht der noch recht jungen Frau sehen. Sie atmete flach und unregelmäßig. Die blauen Adern an ihren durchsichtig wirkenden Schlägen zuckten dagegen in einem starken Rhythmus. Es waren absolut unbekannte Symptome.
Dr. Bulbe vermutete eine infektiöse Erscheinung; Ofenburg glaubte an unbekannte Giftstoffe. Vielleicht handelte es sich auch um eine Kombination. Niemand körnte das genau sagen, zumal in diesem Fall die unwahrscheinlichsten Möglichkeiten erwogen werden mußten. Sie war auf dem Mond erkrankt, nicht auf der Erde. Das warf praktisch alles über den Haufen, was unsere Wissenschaft bisher als feststehende Tatsache betrachtet hatte. Also standen nicht nur unsere Physiker und Techniker vor einem Rätsel. Nun ging es in der Medizin auch noch los.
Nach fünfzehn Minuten war sie noch immer nicht in der Lage zu antworten, obwohl sie die Fragen zweifellos klar erfaßte. Etwas in ihrem Gehirn schien nicht mehr zu funktionieren. Es war, als erteilte es – selbst ermattend – den Befehl zum Aufgeben.
Nach zwanzig Minuten befahl General Reling die Anwendung unserer stärksten Drogen. Dr. Bulbe gab die Injektion, nachdem die Bluterneuerung unterbrochen worden war. Er spritzte das Medikament durch die Kanüle des linken Armschlauches, ehe er ihn entfernte. Gewebeplasma verschloß die nachblutende Einstichwunde.
Man hatte Mrs. Festasa nun eine Abart des Rauschmittels Ralowgaltin gegeben. Während diese Droge jedoch die Willenskräfte eines Menschen vollkommen ausschaltete, bewirkte das Anti-Ralowgaltin genau das Gegenteil. Ich hatte einmal gesehen, wie man einen Freiwilligen aus dem aktiven Korps der GWA damit versorgt hatte.
Der Mann hatte vorher vier Tage und Nächte lang nicht schlafen dürfen. Außerdem hatte man ihn durch das Gelände gehetzt. Er war so fertig gewesen, daß er beim geringsten Stoß umzufallen drohte. Er war nicht mehr fähig gewesen, zwei einfache Additionen richtig zu lösen.
Fünf Minuten nach der Injektion hatte er keinerlei körperliche und geistige Erschöpfungszustände mehr gezeigt. Er bewältigte schwierige Gleichungen spielerisch im Kopf. Ein Gewicht von hundert Kilogramm war für ihn kein Problem.
Aber nach zwei Stunden erfolgte ein so katastrophaler Zusammenbruch, daß man an seinem Aufkommen zweifelte. Wir hatten nie erfahren, ob er die gewaltsame Aufpeitschung seiner psychischen und physischen Kräfte überhaupt überstanden hatte.
Nun war Mrs. Festasa an der Reihe. Vielleicht ertrug sie es besser, da die vorangegangenen, rein körperlichen Anstrengungen relativ nebensächlich waren. Außerdem schlief ihr Geist, so daß das Mittel teilweise absorbiert werden mochte.
Dann trat jedoch der Schock ein, den ich befürchtet und vorausgeahnt hatte. Das Medikament besaß die gefährliche Eigenart, absolut spontan zu wirken. Es war, als hätte sie von innen einen kraftvollen Stoß erhalten.
»Reaktion«, sagte Bulbe knapp.
Unser Cheftoxikologe kannte das Mittel genau, da er an der Entwicklung aktiv mitgewirkt hatte. Er eilte nach vorn, um ihre Hände zu erfassen. Wir wußten aus unangenehmen Erfahrungen, daß ein derart aufgepeitschter Mensch zu einem Titanen werden konnte.
Noch bevor er die Patientin erreichte und der dritte Arzt nach den breiten Anschnallgurten faßte, geschah etwas Unerwartetes.
Die körperlich kraftvolle Frau schien eine Zeugin von Globlers Real-Philosophie zu werden. Wir sagen vereinfacht Relativitäts-Philosophie
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