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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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da­zu. Sie tat ge­nau das Ge­gen­teil, was wir er­war­tet hat­ten.
    Nach dem ers­ten Stoß sank sie wie­der in die Kis­sen zu­rück, und al­les war wie vor­her. Fla­cher Puls, leich­tes Fie­ber und an­stei­gen­de Apa­thie.
    Dr. Ofen­burg stand fas­sungs­los vor dem Bett. Sie rea­gier­te so, als hät­te ihr Dr. Bul­be Was­ser ein­ge­spritzt.
    Der Al­te war förm­lich in sich zu­sam­men­ge­sun­ken. Wäh­rend un­se­re Me­di­zi­ner hef­tig dis­ku­tier­ten, dreh­te sie sich lang­sam auf die Sei­te und be­gann fest zu schla­fen. Das Flat­tern ih­rer Hän­de ließ nach. Der Atem ging ru­hi­ger.
    »Un­mög­lich!« hauch­te Bul­be. »Das kann es doch nicht ge­ben! Sie ist ein Mensch wie Sie und ich. Ofen­burg, was ist da ge­sche­hen? Was trägt sie in sich, daß ei­ne sol­che Wir­kung ein­tre­ten kann? Ihr Er­zeug­nis hat ja ei­ne di­rekt be­ru­hi­gen­de Wir­kung. Un­ver­ständ­lich.«
    »Kein Wun­der, daß da sämt­li­che Be­hand­lungs­me­tho­den ver­sa­gen«, er­klär­te Dr. Hat­teras, un­ser Spe­zia­list für Psy­cho­the­ra­pie, ein schmäch­tig wir­ken­der Eu­ra­sier mit bren­nen­den Au­gen.
    Bul­be dreh­te be­däch­tig den Kopf.
    »Ach, so ist das«, mein­te er ge­dehnt. »Sind Sie si­cher, Hat­teras?«
    »Voll­kom­men. Ein Hyp­no­block ist aus­ge­schlos­sen. Wir ha­ben es ver­sucht. In ihr ist et­was ab­ge­schal­tet, oder fast ab­ge­schal­tet, was wir ru­hig als das do­mi­nie­ren­de Be­wußt­sein be­zeich­nen kön­nen. Stel­len Sie Ihr Wis­sen auf den Kopf, Kol­le­gen! Sprit­zen Sie ihr Nor­mal-Ra­low­gal­tin.«
    »Dann wird die Tä­tig­keit der Groß­hirn­rin­de to­tal un­ter­bro­chen. Je­de geis­ti­ge und see­li­sche Leis­tung muß auf­hö­ren.«
    »Wahr­schein­lich, wenn auch nicht si­cher. Ich bin vor­sich­tig ge­wor­den. Je­den­falls wird das Kleinund Zwi­schen­hirn auf­ge­peitscht. Im letz­te­ren lie­gen die dem Le­bens­ner­ven­sys­tem über­ge­ord­ne­ten Zen­tren. Schal­ten Sie den Wil­len ab, las­sen Sie die Trie­be und die nor­ma­ler­wei­se un­ter­be­wuß­ten Emp­fin­dun­gen tri­um­phie­ren. Die ein­zi­ge Mög­lich­keit über­haupt.«
    »Sprit­zen, so­fort!« be­fahl der Al­te.
    Wir sa­hen ihn ent­setzt an. Er schi­en tat­säch­lich bis zum Äu­ßers­ten ge­hen zu wol­len.
    Wie­der setz­te Bul­be die Au­to­matsprit­ze an. Dies­mal be­gann Mrs. Fes­t­a­sa zu rea­gie­ren.
    Ein ge­sun­der Mensch wur­de durch Ra­low­gal­tin zu ei­nem wil­len­los plap­pern­den Kind. Sie schi­en völ­lig klar zu wer­den. Nur die stump­fen Au­gen be­wie­sen, daß sie wie ein Ro­bo­ter die Fra­gen emp­fing und dar­auf ant­wor­te­te.
    »Be­ei­len Sie sich«, dräng­te Hat­teras. »Lan­ge hält die über­ra­schen­de Re­ak­ti­on nicht an.«
    Re­ling stell­te sorg­fäl­tig über­leg­te Fra­gen. Sie be­stä­tig­te je­de Ein­zel­heit, die sie be­reits dem Kol­le­gen wäh­rend des Raum­flu­ges zur Er­de mit­ge­teilt hat­te.
    Die­se Aus­sa­gen wa­ren mir schon an­nä­hernd be­kannt, bis dann je­ne Fra­gen ka­men, die mich di­rekt ins Neu­land führ­ten.
    »Ihr Mann ar­bei­te­te in un­se­rem Auf­trag, Ma­dam«, be­ton­te der Al­te.
    »Sie wa­ren da­bei, als er in den Stol­len ein­drang. Was ge­sch­ah? Spre­chen Sie ganz of­fen. Wir ge­hen dann gleich wie­der.«
    »Ich weiß«, kam die au­to­ma­ten­haf­te Ant­wort. Ih­re Au­gen schie­nen in wei­te Fer­nen zu se­hen. Was hat­te das Nor­mal-Ra­low­gal­tin nur mit ih­rem Geist ge­macht?
    »Ich weiß, er ist tot. Al­le sind sie tot. Sie hör­ten nicht auf mich. Ich ha­be das Frem­de ge­spürt. Mein Kind …?«
    »In gu­ter Ob­hut. Es wird so­eben ge­ba­det«, log der Chef has­tig. »Man wird Ih­nen den Jun­gen nach­her brin­gen. Wol­len Sie das?«
    Mir war, als er­wach­te ein Le­bens­fun­ke in den blau­en Au­gen. Ich konn­te nicht auf die lä­cheln­den Lip­pen se­hen. Ob dies ei­ne barm­her­zi­ge Lü­ge war? Oder spiel­te Re­ling in dem Au­gen­blick leicht­fer­tig mit den Ge­füh­len ei­nes Men­schen?
    »Sie gin­gen mit in den Stol­len, Ma­dam? Bit­te, er­in­nern Sie sich ge­nau. Es ist enorm wich­tig. Viel­leicht kön­nen wir Ih­rem Mann noch hel­fen. Wir müs­sen ihn und sei­ne Be­glei­ter

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