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Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Titel: Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Deutschkron
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bekamen.
    Bundeskanzler Erhard kommt das Verdienst zu, den scheinbar unlösbaren Gordischen Knoten zerschlagen zu haben. Zehn arabische Staaten haben damals tatsächlich die diplomatischen Beziehungen zu Bonn abgebrochen, aber nicht die Beziehungen zur DDR angeknüpft, wie es so oft befürchtet worden war. Sie waren wohl realistisch genug einzusehen, daß die DDR der Entwicklungshilfe der Bundesrepublik nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hatte. In Israel gab es Kreise, die diese Art der Aufnahme der Beziehungen mit der Bundesrepublik nicht zu akzeptieren bereit waren. Aber sie konnten sich nicht durchsetzen gegenüber denen, die jahrelang diese diplomatischen Beziehungen als eine praktische Notwendigkeit angestrebt hatten.
    Als die diplomatischen Beziehungen nun am 12. Mai 1965 nach dreimonatigen Verhandlungen über viele in Jahren angehäufte Konflikte tatsächlich aufgenommen wurden, hatte Kanzler Erhard die beste Presse seiner Amtszeit. Er konnte sich in dieser Sache voll auf die Unterstützung des deutschen Volkes verlassen. Diese positive Haltung Israel gegenüber hielt noch über die Herstellung der Beziehungen hinaus an. Als Israel in den Sechs-Tage-Krieg gezwungen wurde und Tausende und Abertausende in der Bundesrepublik ihre Sympathie für den jüdischen Staat zum Ausdruck brachten, waren Regierung und Volk der Bundesrepublik eins in der Unterstützung Israels. Der damalige Außenminister Willy Brandt prägte den Ausdruck, daß es keine „Neutralität des Herzens“ sei, wenn sich die Bundesrepublik in keinen kriegerischen Konflikt verwickele. Mit aufrichtigem Stolz verfolgte man in Israel die nicht zu überhörenden Sympathiekundgebungen in der Bundesrepublik.
    Dies aber hielt nicht lange an. Besonders die deutsche Jugend, die zuvor so überschwenglich für Israel eingetreten war, stellte sich Ende der sechziger Jahre zunehmend auf die Seite der Verlierer, gegen die israelische Besetzung des Westjordanlandes, die Israel damals vollzog, weil es glaubte, nur so seine Feinde an den Verhandlungstisch bringen zu können.
    Es war eine schwere Zeit für Israel in seinen Beziehungen zur Bundesrepublik. Vor allem, weil man in Israel nicht begriff, wogegen die jungen Deutschen sich auflehnten. Israel hatte sich gegen die arabischen Angreifer verteidigt und hoffte, endlich mit ihnen Frieden machen zu können. Dazu hielt es die Gebiete besetzt. Die Beziehungen zur Bundesrepublik wurden noch problematischer, als die Bundesregierung, die es offensichtlich leid war, an die Vergangenheit erinnert zu werden und sich bei Verhandlungen mit Israel moralisch bedrängt zu fühlen, eine „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen beiden Ländern herbeiführen wollte. Danach sollte der Charakter der Beziehungen denen ähnlich werden, die Bonn mit Nigeria oder Indonesien unterhielt. Die besonderen Beziehungen sollten der Vergangenheit angehören. Der damalige Außenminister Walter Scheel drückte das – nur vier Jahre nach der Herstellung der Beziehungen – so aus: „Unser Verhältnis zu Israel ist wie mit anderen Ländern. Die Normalisierung besteht darin, daß wir die früheren vertraglichen Abmachungen als Bereinigung bestimmter Tatbestände der Vergangenheit abgelöst haben durch eine ganz normale Zusammenarbeit.“
    Für diese Haltung hatte man in Israel, wo auch heute noch viele der Opfer leben und an den Folgen ihrer Qualen leiden, kein Verständnis. Der damalige Bundeskanzler Brandt hat darum bei seinem ersten Besuch in Israel im Juni 1973 versucht, die Beziehungen auf eine neue Stufe zu stellen, die einerseits den Forderungen der Deutschen, besonders der deutschen Jugend, nach einer Normalisierung des Verhältnisses nachkam, und andererseits die israelische Ansicht nicht außer acht ließ, daß eine solche Normalisierung der Beziehungen noch lange nicht denkbar ist. Er prägte die Devise von den „normalen Beziehungen mit besonderem Charakter“, eine Formel, die offiziell heute noch Gültigkeit hat und die gewissermaßen die bis dahin geltenden „besonderen Beziehungen“ herunterstufte.
    Diese Formel verlor indes ihre Bedeutung zu einer Zeit, als die allgemein angenommene Abhängigkeit vom Öl und vom Einfluß der arabischen Welt nicht nur die Bundesrepublik zur Erfüllungsgehilfin unmoralischer Forderungen machte. Die erste Krise in den Beziehungen, die zu einem Zeitpunkt sogar zur Rückberufung des israelischen Botschafters aus Bonn führte, setzte ein nach der Ermordung von elf israelischen Sportlern durch

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