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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Davids Blick sich verfinstert. Auf der anderen Straßenseite stehen zwei junge Männer mit grünen Fußballschals. David schnauft. Manuel sagt: »Lass gut sein, ich hab Hunger.«
    Aber David lässt es nicht gut sein. Wenn’s um Fußball geht, ist er unzähmbar. Ohne nach links oder rechts zu schauen, betritt er die Straße. Autos bremsen und hupen. Er geht auf die Männer zu und breitet die Arme aus, als wolle er sagen: Na, kommt schon! Was ist? Kommt her!
    »David …«, klagt Manuel. Johannes steckt sich in aller Ruhe neue Schnapsfläschchen zwischen die Zähne.
    »Seid ihr Grüne?«, bellt David so laut, dass sich Passanten umdrehen. »Seid ihr ein paar Grüne, oder was? Hä? Ihr grünen Wichser!«
    Die jungen Männer wissen gar nicht, wie ihnen geschieht. Sie sind nicht mal Fans von Werder Bremen oder einem anderen großen Verein wie David, der zu den wenigen Kölner Fanatikern gehört, die vor einigen Wochen in den Nachrichten waren, weil sie auf einem Rasthof einen Fanbus von Borussia Mönchengladbach mit Steinen angegriffen hatten. »Das war nicht Ultra«, hat Manuel ihm damals den Kopf gewaschen. »Das war noch nicht mal Hooligan. Das war einfach nur asozial.« In dieser einen Sekunde hat Justus Manuel gemocht.
    »David, jetzt lass den Scheiß! Das sind doch bloß Lübecker. Die spielen in der Verbandsliga oder so was.«
    »Regionalliga Nord!«, rufen die zwei Männer, nun doch ein wenig herausgefordert. David steht mitten auf der Straße, den angestauten Verkehr ignorierend, und brüllt den zwei Regionalliga-Männern entgegen: »Lübeck, ich höre nichts! Lübeck, ich höre nichts!«
    Neben ihm ist der Transporter eines Klempners zum Stehen gekommen. David nutzt den Wagen spontan als Ersatz für eine Trommel, holt aus und haut mit der Faust hart und rhythmisch aufs Blech. »Lübeck, ich höre nichts! Bamm bamm ba bamm bamm bamm! Lübeck, ich höre nichts! Bamm bamm ba bamm bamm bamm! «
    »Ich glaub’s ja nicht«, sagt Manuel, »da haut der einem norddeutschen Installateur Beulen in den Bus.«
    Der Fahrer des Transporters steigt aus und schubst David zur Seite: »Sag mal, hast du sie noch alle???«
    David stolpert, steht aber sofort wieder kerzengerade. Er presst seine Brust an die seines Gegners, fletscht die Zähne, starrt ihm Nasenspitze an Nasenspitze in die Augen und versetzt dem Mann ohne Vorwarnung einen harten Kopfstoß. Der Lübecker Klempner geht zu Boden.
    »Weg hier!«, brüllt Manuel. Jan, Jörg und Justus wissen gar nicht, wie ihnen geschieht und ob sie nun Komplizen sind. Johannes hat den Kopfstoß nicht gesehen, da er gerade den Kopf im Nacken hatte, seinen Dreifachflaschenfächer zwischen den Zähnen, aus dem glucksend die braungoldene Suppe läuft. Trotzdem sind sie zehn Sekunden später schon drei Straßenecken weiter gerannt.
    Merke ➙ Ein echter Schläger ist weder zu bändigen noch zu zähmen. Die einzige Verabredung, die man mit ihm treffen kann, ist, auf den Befehl »Weg hier!« hin alle bereits begonnenen Aktionen abzubrechen und ohne zu zögern zu flüchten.
    Das Dunkel der Nacht liegt vor den Fenstern des Gemeinschaftsraums. In der Anlage beschwert sich Amy Winehouse, dass alle sie immer nur unnötigerweise in den Entzug stecken wollen. Johannes versucht unter tatkräftiger Mithilfe von Manuel und David, als erster Mensch der Welt einen Viertelliter fünfzigprozentigen Kräuterschnaps durch einen Biertrichter mit Schlauch und Ventil in weniger als 20 Sekunden zu saufen. Justus bekommt das alles nur halb mit. Er ist in seiner eigenen Welt. Er hat die 33. Fassung des Briefes an Julia in der Tasche und glaubt, dass sie perfekt ist. Sicher ist er sich aber nicht. Amy Winehouse startet ihr zweites Lied: »Meet you downstairs/ in the bar …«
    Das Sofa macht einen Ruck.
    Justus dreht den Kopf. Neben ihm sitzt Julia.
    Einfach so. Lächelnd. Armeehose und winzige Kampfstiefel, rote Locken und grüne Augen, ein Bier in der Hand. Justus sucht nach Jan und Jörg, aber die sind damit beschäftigt, Johannes an den Schultern festzuhalten, damit er immer weiterschluckt, sobald der Trichter offen ist. Es hat etwas von einer Exekution.
    »Na?«, sagt Julia. Sie plaudert mit ihm, als wäre es nichts. Sie schaut zu Johannes, dem Kräuterschnapsdelinquenten. »Albern, die Jungs, oder?«
    Sie findet es albern.
    Justus auch.
    Das sollte er womöglich nun sagen. Aber er kann nichts sagen. Er hat 33 Briefe an Julia im Schädel. Wo soll er da anfangen?
    Plötzlich liegen Julias Beine auf seinen. Sie

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