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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Dummerweise erzählte er es Torsten auf der Rückfahrt im Flammenbus. Grinsend prognostizierte dieser zum Kreischen AC/DCs: »Bald darfst du ihre Tropfsteinhöhle besichtigen.«
    Auf dem Herd bekommt der Chilitopf einen kleinen Bruder. Das Chili haben Karin und Heike angesetzt, doch der kleine Topf gehört Holger. Geduldig füllt er Milch hinein.
    »So«, sagt er und nestelt kleine, feste, dunkle Klumpen aus einer Tüte. »Ihr habt gesagt, ihr raucht alle nicht, also wird das gute Zeug heute Abend getrunken.« Torsten zieht am Kühlschrank die Brauen hoch.
    »Ach, Holger«, sagt Karin, ihn nur geringfügig tadelnd, als sei sie seit Jahren gewohnt, dass er die Erstis zum Drogenkonsum verführt.
    »Ein Studium ist dazu gedacht, neue Erfahrungen zu machen«, erwidert Holger, den Finger im Spaß erhoben wie ein alter Lehrer mit langer Nase aus einem Bilderbuch.
    »Was wird das?«, fragt Jenny. Nicht übermäßig ängstlich. Nicht übermäßig eifrig. Einfach nur neugierig. In der Tropfsteinhöhle hat sie Benjamins Hand berührt.
    »Moloko«, antwortet Holger. »In Milch aufgelöstes Dope. Im Topf mache ich nur die Milch heiß. Den Shit tut dann jeder selbst in seine Tasse. Eine Messerspitze für euch Erstis, aber höchstens. Und das, was sich unten festsetzt, wird nicht mitgetrunken wie beim Schulkakao, klar? Wir schlucken keine Klümpchen.«
    Holger schneidet von dem Brocken eine winzige Scheibe ab. Sorgsam wie ein Pathologe, das Gesicht ganz nah am Brettchen. Er hat die Ruhe weg. Er studiert seit Anbeginn der Zeit und wohnt im Gewächshaus. Wie selbstverständlich verteilt er Tassen mit der Messerspitzendosis an Torsten, Benjamin und Jenny. Sich selbst mischt er die dreifache Menge. Sie prosten sich lautlos zu und trinken.
    »Und jetzt?«, fragt Jenny.
    »Jetzt setzen wir uns drüben auf die Sofas und warten, bis es wirkt.«
    Merke ➙ Gras ist die getrocknete Blüte der Hanfpflanze. Dope (auch Shit, Piece oder Hasch genannt) ist das getrocknete Harz der Blüten und Blätter, fest in einen kleinen Brocken gepresst. Löst man es in heißer Milch auf, flutschen die fettlöslichen Cannabinoide schneller durch die Darmschleimhaut. Das Lecithin sorgt außerdem für eine gleichmäßigere Verteilung des Fetts innerhalb der Milch, die somit zum optimalen Transportmedium wird.
    »Ich merk nix!«, sagt Torsten nach zehn Minuten.
    »Das Wichtigste im Leben ist Geduld«, sagt Holger.
    Benjamin merkt etwas. Glaubt er zumindest. Eine seltsame Form der Gelassenheit bei gleichzeitig gesteigerter Empfindung. Das Quietschen bei Wolfgangs Umgreifen klingt klarer, satter und räumlicher. Es setzt sich in die Holzfasern der Deckenbalken und schallt darin nach. Außerdem macht es Benjamin froh, dass die Couch gegenüber, auf der Jenny sitzt, so einen schönen, grünen Bezug hat. Und Kissen. Diese erbaulichen, erbaulichen Kissen. Jenny hat eines davon auf ihren Bauch gelegt und zupft zärtlich an seinen Spitzen wie an den Ohren einer Katze.
    Torsten steht auf und geht in die Küche.
    »Ich merk nix«, sagt er, drüben wurschtelnd, »ich klopp mir jetzt noch was rein.«
    Holger hebt seinen Kopf: »Aber nimm nicht zu viel!«
    Torsten schneidet, kocht, mischt und kommt mit der zweiten Portion zurück. Wolfgang zupft die Saiten. Jenny zupft das Kissen. Sie lächelt und tritt Benjamin, der gegenüber im Sessel sitzt, spielerisch gegen den Fuß. Der lacht, bleibt aber seltsam im Sessel gefangen. Anstatt jetzt zu ihr rüberzugehen und das Kuscheln zu beginnen, wie es angemessen wäre, starrt er auf das Grün des Sofabezugs und stellt sich vor, die Lehne wäre eine Alm in der Schweiz. Die Nähte verwandeln sich in Feldwege entlang der Weide, Feldwege mit knorrigem Stacheldrahtzaun. Das weiße Kissen in Jennys Hand wird zum Gletscher.
    Torsten setzt sich wieder und grinst Holger an.
    Die Alm und der Gletscher, denkt Benjamin.
    »Ich merk immer noch nix!«, sagt Torsten, steht auf und geht zum dritten Mal in die Küche. Holger lässt es geschehen. Bei ihm muss das Zeug die Dichte seines Körpers erhöht haben, denn er hängt so tief im Sofa, als habe sich die Gravitationskraft verstärkt.
    In der Küche plumpst ein neuer Shitklumpen in die Milch. Auf der Alm neben Jennys Schulter herrscht Kuhabtrieb. Mit Glocken um den gefleckten Hälsen spazieren die Rinder gutmütig die Sofalehne hinab.
    Die Fantasie mit den Kühen verebbt schnell, doch was bleibt, ist die grüne Alm. Und der Gletscher in Jennys Händen. Benjamin weiß nicht, was Jenny soeben

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