Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Schlosses und scheitert dabei, sie beim Rausgehen knallen zu lassen.
Im grünen Golf sagt sie, kaum dass Britta den Motor angelassen hat: »Mach Simply Red an. Laut.«
Im Foyer des Schlosses bemerkt niemand das sachte Schmunzeln, das sich in Meyrinks Gesicht unter die weiße Schminke geschmuggelt hat.
•Die Vernissage
Alkoholpegel: ★ ★
Drama: ★ ★ ★ ★
Erotik: ★ ★
Spaß: ★
Was man erwartet
Sex. Da der Künstler im Appartement des Schlosses wohnt, wartet die Kuratorin auf ein Signal von ihm und träumt davon, eines Nachts sein Gesicht am Gipfel der Treppe zu sehen und von ihm die knarrenden Stufen hinaufgewunken zu werden.
Was tatsächlich passiert
Der Künstler zieht sich in den vier Stunden Privatleben pro Tag kompromisslos hinter verschlossene Türen zurück, um das elendig anstrengende Sitzen des Tages mit einem gigantischen Zuckerstoß auszugleichen und sich die Motivation für die enorm starke Selbstdisziplin der kommenden Tage von seinem heimlichen Idol Carsten Stahl zu holen.
Was man tun sollte
Gemischte Ausstellungen mit Gemälden von einigen Dutzend Malern veranstalten, die nur sporadisch im Schloss auftauchen, dann aber einem ausgeschlafenen Tête-à-tête mit der Kuratorin nicht abgeneigt sind.
Typischer Klang
Das Knarren der Dielen
Typisches Getränk
Sekt
Die Ersti-Fahrt
Die Ersti-Fahrt ist das Fest der Studiengenerationen. Ein Wochenende des Lernens und der Erfahrung. Eine Gelegenheit für zarte Romantik. Ungünstig ist nur, dass der Älteste aus dem Fachschaftsrat Haschbrocken dabeihat …
»Es ist wie in einem alten Videospiel«, sagt Torsten, als sie mit dem VW-Bus vorfahren. »Man wird immer wieder auf Level 1 zurückgeworfen.« Torsten lacht, schaltet den Motor aus und sieht Benjamin an. Das Ferienhaus, das der Fachschaftsrat Germanistik gemietet hat, liegt direkt am Hang, mit Blick auf ein tannenbewaldetes Tal. Torsten schüttelt in gespielter Tragik den Kopf und klopft Benjamin auf die Schulter. »Zwanzig Jahre alt ist unser Benny nun geworden, und doch ist er wieder ein Ersti.«
Torsten liebt dieses Wort.
Ersti.
Er betont es so, wie Plüschtierkatzen aussehen. Die ganze Hinfahrt über hat er sich darüber lustig gemacht. Theoretisch dürfte er gar nicht mit auf Benjamins Ersti-Fahrt, bei der Altstudenten eine Horde Erstsemester zweieinhalb Tage lang bespaßen und beraten. Torsten studiert gar nicht. Er hat bereits seit zwei Jahren eine eigene Werkstatt, in der er für finanzkräftige Sammler uralte, coole Autos restauriert – vom ersten VW-Bus-Modell bis zum amerikanischen Muscle-Car. Ein Traum, den er immer verfolgte. Auf seinen Bus sind Flammen aufgespritzt wie die, die sich mit Tinte unter der Haut seines Unterarms entlangziehen. Studieren kam für ihn nie infrage. Deswegen übernachtet er auch nicht in den Mehrbettzimmern, sondern draußen vor der Tür in seinem Bus.
»Warte«, sagt er und macht den Motor noch mal an. Augenblicklich presst Bon Scott von AC/DC wieder knorrige Verse aus seiner Kehle. »Ich stell mich so hin, dass die Heckklappe ins Tannental zeigt.« Torsten manövriert den Bus mit seinen muskulösen Oberarmen in die richtige Position.
Merke ➙ Auf einer Studienfahrt von Fachschaftsrat und Erstsemestern ist immer mindestens ein Malocher aus der Außenwelt zu Gast, der vor der Tür in einem beheizten Automobil schläft.
Die Bemalung von Jennys Auto ist weniger brachial als die Rock ’n’ Roll-Flammen von Torsten. Es sind bunte Blümchen wie aus einer putzigen Nintendo-Landschaft. Jenny nennt ihren kleinen Ford »Odie«, nach dem treuen Hund aus den Garfield-Cartoons. Benjamin weiß das, da sie ihn schon mal zum Bahnhof mitgenommen hat, nach der Spätvorlesung Biologie für Nicht-Biologen . Sie war die Einzige aller Germanistik-Erstis, die sich dafür interessierte. Das fand Benjamin toll. Das und ihre ganze süße Erscheinung. Mit ihr würde er die Biologie gerne praktisch ausprobieren. Benny und Jenny … hört sich doch gut an.
»Hi!«, ruft sie Benjamin beim Aussteigen zu. Hinter ihr fahren die anderen auf den Hof. Erstis in Mengen und die Stammesältesten vom Fachschaftsrat. Der langhaarige Holger, der haarlose Wolfgang mit seiner Gitarre sowie Karin und Heike, die jetzt schon wie Pädagoginnen aussehen. Karin mit stoppeliger blonder Kurzhaarfrisur und Heike mit hängenden Augenwinkeln, halb betroffen und halb übermüdet.
»Hi!«, grüßt Benjamin Jenny zurück, lässig an den Flammenbus seines coolen Freunds gelehnt. Jenny
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