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Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Titel: Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Klos
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heftige Erkältung und konnte mich nicht wie sonst, wenn ich krank war, noch irgendwie zur Arbeit schleppen. Meine Mutter mit ihrem Verpflichtungswahn lehrte mich nicht nur, immer brav »ja« zu sagen, wenn mich jemand fragte, ob ich einen Kuchen backen will, sondern zu antworten, dass ich auch gerne gleich zwei Kuchen backen kann. Besonders bei meiner Mutter hatte ich ständig ein mordsschlechtes Gewissen. Rief ich sie mal ein paar Tage nicht an, lud ich meine Eltern nicht so oft ein, wie meine Schwester es tat … Und meine Mutter schürte das noch, wenn auch unbewusst: »Wenn wir aus dem Urlaub kommen, lädt deine Schwester uns immer zum Essen ein …«
    Frau Leifert meinte, dass ich meiner Mutter Paroli bieten sollte, und ich befolgte ihren Rat. So lernte ich, meiner Mutter Grenzen aufzuzeigen, und sie lernte, meine Grenzen zu respektieren.
    Nach und nach wuchs mein Selbstbewusstsein, und ich hörte darauf, was gut für mich war und was nicht. Meine Ängste verschwanden zwar nicht komplett, aber ich lernte, besser mit ihnen umzugehen und sie zu äußern, ohne mich minderwertig zu fühlen.

KAPITEL 43
    E s war um die Zeit herum, als Lina ungefähr ein Jahr alt war, dass ich endlich eine deutliche Ähnlichkeit zwischen ihr und mir erkennen konnte. Zum Beispiel sahen ihre Finger und Füße genauso aus wie meine, als ich ein Kind war. Auch ihre Locken waren so gekringelt wie meine damals. Wenn ich Yara Fotos von mir als Kind zeigte, glaubte sie, das sei Lina. Nun stand also nicht nur auf dem Papier, dass Lina mein Kind war, jetzt gab es endlich auch den sichtbaren lebendigen Beweis dafür. Das war ein gutes Gefühl.
    Linas erster Geburtstag war ein sehr besonderes und emotionales Datum für mich. Ich war so froh, dass wir diesen Geburtstag nicht »verpasst« hatten, dass die Verwechslung doch relativ früh herausgekommen war. Trotz all meiner Freude darüber war es mir wichtig, dass wir diesen Tag ganz unspektakulär feiern würden. Die Normalität, die wir bis hierher gelebt hatten, sollte weitergeführt werden. Es würde kein großes Fest werden, nur ein kleines im Kreise der Familie und der besten Freunde.
    Als ich gerade Yara in den Kindergarten gefahren hatte, kam Nora zum Gratulieren. Sie war die Erste und schenkte Lina etwas zum Anziehen. Wenig später klingelte es wieder an der Tür, und Michael stand mit einem Blumenstrauß vor mir. Der war allerdings nicht für das Geburtstagskind, sondern für mich – mit den besten Grüßen von Frau Koch. Für Lina gab es ein kleines Stofftierchen. Es war schön, Michael wiederzusehen, aber diesmal als Freund und nicht als Feuerwehrmann, der emotionale Brände löschen muss. Bestens gelaunt öffnete ich eine Flasche Sekt, und wir plauderten noch ein bisschen, bevor er weiter zur Arbeit fuhr. Ich wunderte mich schon etwas, dass ein Geschenk vom Landratsamt kam – vielmehr hätte ich Glückwünsche von der Klinik erwartet. Doch von dieser Seite kam überhaupt nichts. Ob sie es wohl vergessen hatten oder wieder einmal befangen waren? Einen kurzen Anruf und eine Nachfrage, wie es Lina geht, hätte ich ehrlich gesagt schon für angebracht gehalten.
    Am Nachmittag begann dann die Feier. Meine Eltern und Schwiegereltern kamen, mein Schwager und meine Schwägerin, Ralfs Patentante, Ricarda und Mathias, Nora und Simon, Paula und Jochen, Jule, Maria – und alle brachten natürlich ihre Kinder mit. Nur eine fehlte: Ann-Kathrin. Sie war immer noch in Frankfurt.
    Da es warm und sonnig war, spielten die Kinder im Garten. Die Großen spielten Topfschlagen, Lina krabbelte ihnen immer hinterher und hob einfach den Deckel hoch. Als die Kinder gerade besonders wild tobten, rief Vanessa an, um Lina zu gratulieren. Ich hielt den Hörer an Linas Ohr, sodass sie ihre Glückwünsche persönlich entgegennehmen konnte. Vanessa hielt den Hörer auch noch an Lillis Ohr. Natürlich kapierten die beiden Einjährigen überhaupt nichts. Wir hielten das Telefonat sehr kurz und sagten, dass wir ohnehin morgen an Lillis Geburtstag sprechen würden und dass wir uns ja mal wieder treffen könnten. Ich freute mich über Vanessas Anruf, aber es löste keine Welle von Melancholie oder Sehnsucht oder sonst ein Gefühl in mir aus. Das war ein gutes Zeichen für mich.
    Ich hatte den Eindruck, dass es für alle ein besonderes Fest war, aber dass jeder seine Gefühle für sich behielt. Es war so schön, dass wir noch bis spät in den Abend hineinfeierten und jede Sekunde miteinander genossen.

KAPITEL 44
    E s

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