Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
hatten, wie sie es vorgefunden hatten. Nichts war in Unordnung, nirgends lag auch nur Staub. Selbst der Kamin war ausgekehrt, und der nächste Mieter brauchte nur noch ein Streichholz, um das vorbereitete Feuer anzuzünden. Fast zu schön, um wahr zu sein! dachte ich. So musterhafte Gäste bekommst du nie wieder! Tatsächlich blieben die Wards in dieser Beziehung exemplarisch, denn auch bei späteren Besuchen — sie kamen in regelmäßigen Abständen dreimal pro Jahr — hinterließen sie das Haus vorbildlich aufgeräumt. Man hätte glauben können, sie hätten gar nicht darin gewohnt, und mir wurde allmählich klar, daß die beiden dort nur gegessen, gebadet und geschlafen hatten. Ich bezweifelte sogar, daß sie meine sorgfältig zusammengestellte Lektüre auch nur eines Blickes gewürdigt hatten.
Das alles war einerseits befriedigend und andererseits ein bißchen enttäuschend. Ich hatte alles mit solcher Begeisterung vorbereitet und war mit den künstlerischen Wirkungen, die mir teilweise gelungen waren, so zufrieden gewesen — aber unsere netten Gäste hatten davon offenbar gar nichts gemerkt. Sie wären wahrscheinlich mit viel weniger zufrieden gewesen, um nur ja nicht von dem eigentlichen Zweck ihres Aufenthaltes abgelenkt zu werden: vierzehn Tage Landleben mit Reitgelegenheit. (Bei späteren Besuchen stellte ich ihnen übrigens keine Blumen mehr ins Wohnzimmer; Mrs. Ward bat mich sehr höflich, ich solle mir keine Umstände machen, »da sie so rasch verwelken und weggeworfen werden müssen«.)
Die Familie Castor war einen Tag vor den Wards abgereist, und ihre Abreise war kein großes Ereignis gewesen. Sie wurde von Larry, Tony und mir verabschiedet. Mrs. Castor war raffiniert genug, Larry im allerletzten Augenblick zu fragen, ob sie ihr das Haus schon jetzt für die nächsten Ferien reservieren könne. Larry zögerte, weil sie ausnahmsweise nicht wußte, was sie sagen sollte, aber Tony kam ihr zu Hilfe, indem sie rasch einwarf: »Vergiß nicht, daß die Seatons sich angemeldet haben, Larry. Du hast mir doch erst gestern erzählt, daß alle Ferientermine schon auf Jahre hinaus vergeben sind.«
Mrs. Castor machte ein enttäuschtes Gesicht, und ich hörte Wayne laut »Lügnerin« sagen. Das letzte, was wir von den Castors sahen, waren vier weit herausgestreckte Kinderzungen im Rückfenster ihres Wagens.
Dann machten wir uns zu dritt über das Haus her. Die Unordnung war nicht allzu schlimm. Mrs. Castor schien sich wirklich alle Mühe gegeben zu haben, wie Tony vorausgesagt hatte. Es war nur Pech, daß sie den für die Außentreppe gedachten Besen genommen hatte, der naß und schmutzig gewesen war. Wir lachten, als wir unter einem Bett zwei Bananenschalen und vier Kotelettknochen entdeckten. Offenbar hatten die Castors im Bett zu Abend gegessen.
Tony ging mit dem Staubsauger durch die Räume, Larry fischte die Fußböden auf, um die Spuren von Mrs. Castors gutgemeinten Bemühungen zu tilgen, und ich wischte die zahllosen schmutzigen Handabdrücke von den Wänden. Nachdem wir auch noch die Fenster geputzt hatten, war das Haus wieder so ordentlich wie vor der Ankunft der Castors, und wir konnten uns über die schockierenden Redensarten der vier Kinder unterhalten. »Mich würd’s trotzdem nicht wundern, wenn sie später nette, normale Erwachsene würden. Ihre Eltern sind verrückt, aber sie lieben ihre Kinder, und die vier haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander und sagen manchmal sogar die Wahrheit«, meinte Tony, womit die Castors ausgezeichnet charakterisiert waren.
Als ich Paul von Larrys Ferienhaus, den Kotelettknochen und dem schmutzigen Besen erzählte, machte er ein Gesicht, als wollte er sagen: »Siehst du, ich hab’s doch gewußt!« Leider ließ er es nicht damit bewenden, sondern betonte auch noch: »Wenn du dich auf so was einläßt, kannst du nicht erwarten, daß alle Urlaubsgäste so nett und zuvorkommend wie die Wards sind.«
6
Ich gebe ungern zu, daß Paul damit recht hatte. Obwohl ich das Ferienhaus seither an viele nette Leute vermietet habe, sind die Wards unübertroffen geblieben, was allerdings auch auf Larrys Bemühungen zurückzuführen ist. Tatsächlich schäme ich mich fast einzugestehen, daß sie deshalb so gute Gäste waren, weil ich sie kaum zu Gesicht bekam. Ich tat kaum mehr, als sie zu begrüßen, sie bedauernd zu verabschieden und mich über das Geld zu freuen, das sie gezahlt hatten. Die Wards hatten vor der Abreise tadellos aufgeräumt, so daß ich
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