Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
kehrte dankbar in die elegante Stadtwohnung ihrer Eltern zurück, um sich nach einer »damenhaften« Beschäftigung umzusehen, wie Mr. North es wahrscheinlich ausgedrückt hätte. Ich ließ mich schließlich von Tony dazu überreden, Mrs. North einen taktvollen Brief zu schreiben, während sie selbst an Annette schrieb und ihr mitteilte, sie könne jederzeit kommen.
»Wahrscheinlich wird’s einen Kampf mit Papa North geben«, meinte Larry, »weil er bestimmt nicht will, daß Annette sich hier amüsiert. Aber da Tony Alistairs Tochter ist, kann er keine ernsthaften Einwände erheben. Wir müssen nur darauf achten, daß ihr Besuch sich nicht zu lange hinzieht, Susan. Am besten vermeidest du in deinem Brief genauere Zeitangaben.«
Ich drückte mich entsprechend vorsichtig aus und bekam einen erleichterten Brief von Mrs. North, während Papa North direkt an Tony schrieb, um ihr »im Namen unserer Tochter für Ihre freundliche Einladung zu danken«.
Die Tochter selbst kam eine Woche später an. Larry und ich hatten bei ihrem Anblick sofort ein schlechtes Gewissen, weil wir mehr oder weniger deutlich bezweifelt hatten, daß Annette erholungsbedürftig sein könnte. Vielleicht war sie in Wirklichkeit nur mit den Verhältnissen in ihrem Elternhaus unzufrieden und hatte den Aufenthalt bei uns in rosigster Erinnerung; jedenfalls wirkte sie älter als eine Siebzehnjährige und war blaß und abgemagert.
Peter hatte keine Einwände gegen diesen Besuch erhoben. Als ich mit ihm darüber sprach und ihm erklärte, ich hoffte, Annette werde seinen und Tonys Alltag nicht unnötig komplizieren, schüttelte er lächelnd den Kopf. »Durchaus nicht!« versicherte er mir. »Tony ist froh, wenn sie tagsüber ein bißchen Unterhaltung hat, und da der Arzt Annette geraten hat, früh zu Bett zu gehen, brauchen wir keine eintönigen, endlos langen Abende zu fürchten. Sie ist ein nettes Mädchen und sieht ein bißchen mitgenommen aus, aber wenn sie hier mit Tony reitet und nicht mehr unter der Fuchtel ihres gräßlichen Alten steht, erholt sie sich bestimmt bald. Der Kerl ist richtig widerlich«, sagte Peter, der sonst stets das Gute in seinen Mitmenschen sieht. »Ich kann mir gut vorstellen, daß jedes lebhafte Mädchen bei diesem Vater trübsinnig wird.«
Annette wurde also bereitwillig in unseren Kreis aufgenommen. Sie lebte sich gut ein, und es dauerte nicht lange, bis sie wieder etwas Farbe bekam.
9
Inzwischen hatte das Interesse an unseren Ferienhäusern keineswegs nachgelassen. Larry und ich hatten zwar nicht ständig Gäste, aber wir konnten insgesamt mit unseren Einnahmen zufrieden sein. An langen Wochenenden waren wir stets ausgebucht, und fürs Frühjahr hatten sich bereits mehrere Familien angemeldet. Insgesamt nahmen wir soviel ein, daß nach Abzug unserer Ausgaben ein bescheidener Gewinn übrigblieb.
Im allgemeinen hatten wir nette Gäste, über die wir uns gern unterhielten, wobei wir über ihre Vorurteile lächelten und uns über ihre seltsamen kleinen Angewohnheiten amüsierten. Wir waren uns natürlich darüber im klaren, daß die Gäste wahrscheinlich das Gleiche taten. Es gab allerdings eine unangenehme Episode: Wir mußten Mrs. Burns gegenüber energisch werden, weil sie sich stets für unsere Mieter interessierte und sogar nicht davor zurückschreckte, sie unaufgefordert zu besuchen. Einige Gäste hatten sich schon darüber beschwert, so daß wir endlich etwas dagegen unternehmen mußten. »Ich rufe sie an«, entschied Larry. »Nein, Susan, keine Widerrede! Du kannst mich ja bremsen, wenn ich zu ausfallend werde.«
Sie kam sofort zur Sache. »Mrs. Burns, Susan und ich haben den Eindruck, daß Sie die Situation der Gäste in unseren Ferienhäusern vielleicht nicht richtig verstehen. Die meisten sind Städter, die sich einmal von allen Verpflichtungen freimachen und hier ausspannen wollen. Deshalb legen sie begreiflicherweise keinen Wert auf Besuche von Einheimischen. Auch wir betreten die Ferienhäuser nur, wenn wir eigens dazu aufgefordert werden.«
Ich stand so dicht neben Larry, daß ich Mrs. Burns’ bissige Antwort deutlich verstand: »Soll das etwa heißen, Mrs. Lee, daß Sie lieber nicht möchten, daß die Nachbarschaft erfährt, was für Leute Ihre und Mrs. Russells Gäste sind?«
Als Larry tief Luft holte, stieß ich sie an und legte warnend den Zeigefinger auf die Lippen. »Nein, das soll es keineswegs heißen, Mrs. Bums«, erklärte sie ihr, sich mühsam beherrschend. »Ich bin kein
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