Übersetzt du noch oder verstehst du schon?
„Nichts ist unmöglich“ (TOYOTA seit 1985). Inzwischen gibt es bei den in Deutschland angebotenen Automarken deutlich mehr englische als deutsche Werbeclaims. Von den bekannten Importmarken ist derzeit nur TOYOTA bei seinem deutschen Spruch geblieben. Grund genug, einige der englischen Sprüche näher zu betrachten.
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FEEL THE DIFFERENCE
ODER: WIE UNTERSCHIEDLICH SIND AUTOS HEUTZUTAGE?
FORD, eine der bekanntesten Automarken der Welt, produziert schon seit 1927 auch in Deutschland Automobile für den deutschen und europäischen Markt. Dabei zeigte sich FORD sehr der deutschen Heimat verbunden; denken wir an die bekannten Automodelle FORD EIFEL (vor dem Zweiten Weltkrieg) und FORD TAUNUS (danach).
Auch die weitaus meisten Sprüche für den deutschen Markt lieferte FORD auf Deutsch. Einer der bekanntesten in den Neunzigerjahren lautete „Ford. Die tun was“ (1996), kreiertvon der Agentur Young & Rubicam. 2001 gab es eine neue Agentur (Ogilvy & Mather) und damit auch einen neuen Spruch, der da hieß: „Besser ankommen“. Dieser Spruch hielt gleichfalls nur fünf Jahre, dann wechselte Ford mithilfe derselben Agentur erstmals von Deutsch auf Englisch mit „Feel the Difference “.
Für alle, die öfters Englisch sprechen, dürfte die Übersetzung ein Leichtes sein. Aber offensichtlich haben gar nicht so viele Menschen mit dieser Sprache zu tun, denn beinahe die Hälfte (45 Prozent) wusste im Rahmen unserer Claimstudie nicht genau, was nun eigentlich gemeint war. Kaum zu glauben, aber wahr: Stern-TV (RTL) versuchte (in der Sendung vom 13.10.2010), bei einem FORD-Händler in Köln herauszufinden, was „Feel the Difference“ eigentlich heißt, und mehrere Verkäufer waren – ebenso wie die Dame am Empfang – nicht in der Lage, dazu Auskunft zu geben.
Die etwas ratlosen Befragten brachten unter anderem folgende Varianten ins Spiel:
Fühle das Differenzial
Viel Differenzial
Ziehe die Differenz ab
Nun, ein Differenzial sollte man bei normaler Fahrt gerade nicht spüren. Aber immerhin konnten außerhalb der FORD-Vertretung 55 Prozent den Spruch richtig übersetzen und zwar im Sinne von:
Erlebe den Unterschied.
Man darf vermuten, dass der englische Werbespruch ein Beitrag zur Globalisierung sein soll, denn auch in England und anderen europäischen Staaten heißt es bei FORD seit 2008 „Feel the Difference“ , wenngleich die Formulierung alles andereals originell und schon gar nicht einzigartig ist. So findet man auf Anhieb über fünfzig Unternehmen und Marken, die einen sehr ähnlichen Spruch zuvor benutzten und dies teilweise immer noch tun. Die Bandbreite reicht dabei von COTTON USA bis DANONE ACTIMEL in England. Bei MITSUBISHI in England hieß es 2002 „Discover the difference“ (Entdecke den Unterschied).
Wenngleich sich die amerikanische und europäische Produktpalette von FORD deutlich unterscheidet, steht das Thema Globalisierung bei FORD schon seit Längerem ganz obenan. Das drückt sich nicht nur in der Werbesprache aus, sondern auch in den Modellnamen. Diese waren früher klar bestimmten Sprachen zuzuordnen:
TAUNUS
– deutsch
CAPRI
– italienisch
ESCORT
– englisch
FIESTA, SIERRA, GRANADA
– spanisch
Das änderte sich spätestens 1993 mit der Einführung des Modells MONDEO. Dieser Name war keiner bestimmten Sprache mehr zuzuordnen. Er entstammt einer Mischung aus Französisch, Italienisch und Latein und sollte übrigens keineswegs mit „Mein Deodorant“ übersetzt werden – was durchaus passieren könnte. Vielmehr ist es eine Anlehnung an „le monde“ (frz. die Welt) und „il mondo“ (ital. die Welt) und soll eben für das „Weltauto“ stehen.
Daraus scheint sich aber auch eine Art Identitätsproblem zu ergeben. Der Verbraucher und die Verbraucherin wissen so gar nicht, woher das Auto kommt und wofür es steht. Wird das Auto nun in Deutschland, England oder Spanien gebaut – oder in jedem Land ein Teil? (Tatsächlich wird der MONDEO in Belgien, in der Stadt Genk bei einer Tochtergesellschaft von FORD-Deutschland gefertigt.)
Dieses globale Wischiwaschi tut gerade Produkten, die so imagerelevant wie Autos sind, nicht unbedingt gut – egal, wo sie auf der Welt gekauft werden. PORSCHE lebt davon, dass man weiß, dass die Marke aus Deutschland kommt, und FERRARI davon, aus Italien zu kommen. Auch MERCEDES und BMW profitieren von einer klaren kulturellen Zuordnung, selbst wenn beide Marken auch Werke in den USA unterhalten.
FORD praktiziert das an anderer Stelle auch:
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