Übersetzt du noch oder verstehst du schon?
ich
(POSTBANK)
dann sind dies nicht nur Sprüche, die man sich leichter merkt, sondern auch welche, die man in allen möglichen und vielleicht auch unmöglichen Zusammenhängen zitieren kann. Allein die Merkfähigkeit zeigt die besondere Nachhaltigkeit von Claims in der Muttersprache gegenüber englischenClaims. Natürlich lässt sich diese Erkenntnis nicht pauschal auf alle Claims anwenden: Im Zweifel ist ein guter englischer Claim nachhaltiger als ein schlechter deutscher. Gut und schlecht sind allerdings sehr unwissenschaftliche Maßstäbe für die Qualität von Claims.
Der Einsatz von Englisch kann in bestimmten Fällen und für gewisse Branchen sinnvoll sein. Zum Beispiel im Umfeld von Trendsportarten, deren gesamte Terminologie ohnehin aus Englisch besteht, oder eben im internationalen „Business-to-Business“-Bereich. In der Endverbraucherwerbung, die sich an die Mitte der Gesellschaft richtet, fährt man meist mit der Muttersprache der Zielgruppe besser. Es sei denn, die zu bewerbenden Produkte bauen auf ein spezifisches englisches oder amerikanisches Image auf, wie etwa die Marken AFTER EIGHT oder HARLEY-DAVIDSON.
Die Mischung von Deutsch und Englisch zu einer Art „Denglisch-Werbung“ ist immer riskant. Es kann für englisch-verstehende Menschen durchaus lustig sein, wenn die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) mit dem Spruch „We kehr for you“ w erben, eher peinlich wird es allerdings, wenn z. B. die Gemeinde Oberstaufen im Allgäu ihren Google-Street-View-Start mit dem Claim „O’viewed is!“ (offensichtlich in Anlehnung an den Oktoberfestspruch „O’zapft is!“) verkündet. Auch Sprüche wie „Wir beaten alles“ oder „Fresher is besser“ bringen die jeweilige Werbung leicht auf Niedrigstniveau à la „Futtern wie bei Muttern“ und „Döner macht schöner“ , wobei letztere Sprüche wenigsten von allen verstanden werden.
Sorgten die Ergebnisse unserer ersten Claimstudie noch für große Verwunderung bei uns Initiatoren, die mehrfache Kontrollprüfungen nach sich zogen, so ist der Grad der Verwunderung mit jeder weiteren Studie deutlich gesunken, weil die Ergebnisse jeweils ähnlich ausfielen.
Bedenkt man, dass auch deutsche Claims keineswegs immer„im Sinne der Absender“ verstanden werden, so muss bei einem fremdsprachigen Claim immer ein doppelter Transferaufwand betrieben werden, es sei denn, es handelt sich bei der Zielgruppe ausschließlich um bilingual aufgewachsene Konsumenten, was extrem selten der Fall sein dürfte.
Werbesprache wird – unabhängig von der Landessprache – häufig dahingehend überschätzt, dass immer noch viele Werbetexter meinen, Verbraucher würden sich mit ihren Sprüchen auseinandersetzen. Dass das aber in der Regel nicht der Fall ist, zeigt schon die nicht stattfindende Auseinandersetzung mit bestimmten Markennamen:
Niemand fragt, welche Rinderteile in RED BULL verarbeitet werden, wie viele Tauben in einer Seifenlotion von DOVE stecken oder in welchen Muschelbänken SHELL sein Öl fördert. Umso weniger setzen sich die Konsumenten mit englischen Sprüchen auseinander. Und je länger diese Texte sind, umso weniger kommt beim Verbraucher an.
Ein besonders schönes Beispiel für viele englische Worte, über deren Sinn der Verbraucher im Unklaren gelassen wird, gibt die Schuhmarke AM ab. AM stand einst für „Astormüller“ und stammt aus Essen. Inzwischen wurde die Marke von der DEICHMANN-Gruppe aufgekauft und wirbt zusammen mit DEICHMANN in Deutschland in ganzseitigen Anzeigen nationaler Magazine ausschließlich in Englisch. Für die gesamte Kollektion gibt es gleich vier sehr ähnliche Sprüche, die meist zusammen mit Fotos eines in sich gekehrten, etwas verrockten jungen Mannes zu sehen sind und immer in Versalien dargestellt werden:
I AM DIFFERENT AND I DON’T CARE WHO KNOWS IT.
IF I WEREN’T ME I WOULD LIKE TO BE LIKE I AM.
I AM NOT LIKE YOU THAT MAKES ME WHAT I AM.
I DON’T CARE WHATEVER PEOPLE SAY I AM.
Fairerweise muss man erwähnen, dass dabei das Wort AM (=dt. „bin“) in rot dargestellt wird und dadurch wahrscheinlich auf die ebenfalls mit einem roten Logo versehene Marke AM hinweisen soll. Alle Sprüche drehen sich darum, dass jemand „anders“ ist, das aber mag und ihm egal ist, was die Leute dazu sagen. Eine sinnfällige Auseinandersetzung mit dieser Kampagne fällt schwer. Warum ist der Typ anders? Ist er krank? Hat er einen ungewöhnlichen Fetisch? Oder trägt er nur andere, ansonsten recht normal aussehende
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