Übersetzt du noch oder verstehst du schon?
Schuhe? Fragen über Fragen, die sich jedoch kein einziger Leser dieser Anzeigen stellt. Gäbe es nicht in einer Ecke ein DEICHMANN-Logo, wäre noch nicht einmal ersichtlich, dass es um Schuhe geht.
Wahrscheinlich haben sich aber einige Marketingexperten sehr viele Gedanken rund um diese Kampagne gemacht, die prototypisch für ein Phänomen steht, das man allenthalben in der deutschen Werbelandschaft beobachtet. Dieses Phänomen folgt der Philosophie:
Wenn du nicht weißt, was du sagen sollst, dann sag es in Englisch!
Wenn du wenig zu sagen hast, pack es in möglichst viele englische Worte!
Diese Philosophie könnte einen großen Vorteil bergen: Wenn keiner die konkrete Botschaft versteht, aber jeder sich das zusammenreimt, was er verstehen möchte, wäre das ein Patentrezept für die individuellste Werbung überhaupt.
Leider funktioniert das in der Realität nicht, wie die Beispiele der Claimstudien gezeigt haben. Pauschale Empfehlungen bleiben schwierig, zumal Englisch nicht gleich Englisch ist und in Einzelfällen durchaus seine Berechtigung hat.
Englisch kann internationaler, moderner und dynamischer wirken – aber eben auch albern, verwirrend und komplizierter; gute deutschsprachige Werbung ist in aller Regel nachhaltiger, authentischer und emotionaler.
Auch wenn eine Marke international unterwegs ist – und imPrinzip ist heute jeder, der im Internet steht, global präsent – sollte man keine prinzipielle Angst vor dem Gebrauch seiner Muttersprache haben. Auf der einen Seite hört man oft Warnungen vor Umlauten und allzu deutschen Idiomen, auf der anderen Seite feiern Marken wie JÄGERMEISTER große Erfolge in den USA. Wenn alle Marken sich nur noch sogenannte multilinguale Namen geben wie ARCANDOR, LANXESS, NOVARTIS oder EVONIK aus einer Mischung von Neo-Latein, Englisch und Irgendetwas und alle mit dem gleichen – häufig schlechten – Englisch global für sich werben, dann kann eine klar erkennbare kulturelle Heimat einer Marke auch global zum großen Verkaufsvorteil werden. Diese kulturelle Heimat muss nicht immer die wahre Heimat des Unternehmens sein, wie das Beispiel HÄAGEN-DAZS zeigt, aber sie sollte authentisch wirken. Und Authentizität fällt bei Allerweltswerbung in Allerweltsenglisch in der Regel schwer.
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