Ufer des Verlangens (German Edition)
konnte, um sie bei erstbester Gelegenheit nach Frankreich zu verkaufen?
So wütend Zelda auch auf Ian Laverty war, solch ein Verhalten konnte sie sich einfach nicht vorstellen.
Aber was war dann geschehen? Liebten sich die beiden wirklich so sehr, dass sie ohne einander nicht sein konnten und deshalb gemeinsam flohen?
Ja, so musste es sein. Eine andere Möglichkeit sah sie nicht.
Und deshalb durfte sie nun auch keine weitere Zeit mit Nachdenken ^verlieren, sondern musste den beiden so schnell wie möglich folgen. Sie wollte Dundee erreichen, bevor dort das nächste Schiff in See stach.
Zelda gab Rose die Sporen und preschte voran, dass der Staub in einer Wolke hinter ihr aufwirbelte.
Am Abend hatte sie eine ordentliche Wegstrecke zurückgelegt. Wenn alles gut ging, so würde sie übermorgen Dundee erreichen. Zelda hielt an einer Herberge,die am Weg lag, an, band Rose draußen an einem Geländer fest und betrat den Gastraum.
Der Lärm rollte wie eine Woge über sie hinweg. Die Bauern der Umgebung saßen beim Würfelspiel zusammen, an einem anderen Tisch sangen zwei Betrunkene, was das Zeug hielt, in einer Ecke hockten zwei Männer, deren Kleidung sie als Wachmannen auswies.
Zelda ließ sich auf einer Wandbank nieder und sah sich um. Das Gasthaus machte auf sie keinen besonders freundlichen Eindruck. Die Wände waren vom Ruß ganz schwarz, die Wandbänke kippelten bei jeder Bewegung. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm und war nur flüchtig mit Stroh bestreut, das allerdings vor Schmutz starrte. Ein Hund lag neben dem Aufgang zu den Herbergszimmern und schlief, eine einäugige Katze strich zwischen den Gästen herum.
Der Tisch, an dem Zelda saß, war aus rohem Holz gezimmert, das an den Kanten splitterte. Die Platte selbst war mit Flecken übersät. Ein Gestank nach menschlichen Ausdünstungen, schalem Bier und ranzigem Fett lag in der Luft.
Vorsichtig und darauf achtend, dass die Ärmel ihres Wamses nicht mit den Flecken in Berührung kamen, winkte Zelda nach der Bedienung.
Das Schankmädchen musterte sie kurz, dann trug sie zwei schwere Krüge mit frischem Ale zum Tisch der Bauern, beugte sich nach vorn, sodass die festen Brüste beinahe aus dem Mieder fielen, und knallte die Krüge mitten zwischen die Würfel auf den Tisch.
Einer der Bauern lachte und zog das Schankmädchen auf seinen Schoß. Seine Hände wühlten unter ihrem Brusttuch herum. Zelda sah die dreckigen Fingernägel, die sich in das weiße Fleisch gruben.
Das Mädchen kicherte und schlug dem dreisten Kerl auf die Finger.
»Komm, Cathy, hab dich nicht so!«, rief der Mann, öffnete den Mund und ließ seine Zunge wie eine Schlange zwischen seinen Lippen zappeln. Er griff dem Alädchen ins Haar, zog ihren Kopf nach hinten und stieß ihr seine Zunge in den Mund.
Cathy wehrte sich halbherzig, kicherte wieder, warf einen Blick zum Wirt, der neben der Küchentür stand, und erhob sich schnell.
»Ich muss arbeiten«, sagte sie. »Lass mich!«
Doch der Mann packte mit beiden Händen ihre Hüften. Cathy riss sich los, der Bauer schlug ihr wie einer Kuh auf den Hintern, und das Mädchen eilte in die Küche, ohne sich um Zeldas Wünsche zu kümmern.
Schließlich kam der Wirt angeschlurft. Er hatte einen riesigen Wanst, den er wie ein kleines Bierfass vor sich hertrug. Um die Hüften hatte er ein schmieriges Handtuch gebunden. Er sah Zelda aus kleinen Schweinsäuglein an und kratzte sich die rote Kartoffelnase.
»Ihr wünscht?«, fragte er barsch.
»Ich habe Hunger«, teilte Zelda ihm mit. »Was könnt Ihr mir anbieten?«
Der fette Wirt stemmte die Hände in die Hüften und sah zur Küche.
»Hammelsuppe mit Bohnen ist noch da.«
Zelda verzog den Mund und sah am Wirt vorbei zu einem offenen Feuer, über dem ein gewaltiger Kessel hing.
»Und sonst?«, fragte sie.
Der Wirt zuckte mit den Achseln. »Nichts sonst. Die Leute hier arbeiten schwer und wollen ein kräftiges Essen.«
Zelda sah auf. Der Wirt betrachtete ungeniert und mit leiser Herablassung ihre weißen Hände mit den gepflegten Nägeln, denen man ansah, dass sie keine Feldarbeit verrichten mussten.
Zelda versteckte die Hände unter dem Tisch und sagte: »Dann bratet mir zwei Eier, gebt Schinken dazu und ein Stück Brot.«
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Zeit für Extrawürste. Entweder Ihr esst, was alle essen, oder Ihr sucht Euch eine andere Herberge.«
»Gut«, erwiderte Zelda und stand auf. »W^ie weit ist es bis zum nächsten Gasthaus?«
Der Wirt grinste
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