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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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Zelda, die noch immer an ihre Brust geschmiegt lag, übers Haar.
    »Es war sehr schön mit Charles. Bei ihm habe ich gelernt, was Liebe ist«, sagte sie schließlich.
    Zelda schluckte. Elizabeths Bericht hatte sie erregt. Endlich wusste nun auch sie, was in der Nacht zwischen Männern und Frauen genau geschah. Das Liebespaar, das sie in der Scheune beobachtete hatte, hatte sich im Schutz der Dunkelheit der Lust hingegeben. Zelda hatte zwar die Hände des Mannes am Schoß der Frau gesehen, doch hatte sie mehr geahnt als gewusst, was genau seine Finger dort taten. Der Gedanke aber, diese Handlung mit Allistair Kingsley begehen zu müssen, kühlte ihr erhitztes Blut.
    Wenn sie dagegen an Ian Laverty dachte, begann ihr Herz schneller zu schlagen, und sie fühlte Hitze in ihrem Schoß aufsteigen. Sie schluckte noch einmal, um ihre Erregung vor Elizabeth zu verbergen.
    »Was ist aus dir und Charles geworden? Hat er sein Versprechen gehalten und dich geheiratet? Und welche Verletzung hatte er sich zugezogen, dass er hinken musste?«, fragte sie.
    Elizabeth seufzte. »Ja, Charles hat sein Versprechen gehalten. Bereits am nächsten Tag hielt er bei meinem Vater um meine Hand an. Doch der war gegen eine Verbindung mit Charles.«
    »Warum?«, fragte Zelda und richtete sich auf, um Elizabeth ins Gesicht sehen zu können.
    Die Augen der alten Frau waren verschattet. Obwohl die Geschichte schon sehr lange zurückliegen musste, spürte Zelda deutlich, dass Elizabeth noch immer traurig war.
    »Wie ging es weiter?«, fragte sie, gespannt auf den Fortgang der Geschichte.
    »Charles war ein Schlitzohr. Deshalb verbot mein Vater uns die Heirat.«
    »Ein Schlitzohr?«
    »Ja. Weißt du nicht, was das ist?«
    Zelda schüttelte den Kopf. »Wir leben recht abgeschieden in den Highlands. Nur selten verirren sich Fremde zu uns. Dinge, die für Euch Städter an der Tagesordnung stehen, kennen wir noch nicht einmal vom Hörensagen.«
    »Nun, du weißt aber, dass Handwerksgesellen auf Wanderschaft gehen, nicht wahr?«
    »Ja«, erwiderte Zelda. »Doch selbst Handwerker gibt es bei uns nicht viele. Und die, die wir haben, vererben ihre Werkstätten an ihre Söhne. Keiner hat Zeit, zwischendurch auf Wanderschaft zu gehen.«
    »Bevor ein Geselle jedoch auf Wanderschaft geht, setzt er seine gesamte Barschaft in Gold um und lässt sich einen goldenen Ring für das Ohr fertigen. Auf diese Weise kann er sicher sein, dass er stets seine gesamte Habe am Leibe trägt, er sie nicht verlieren kann und auch nicht bestohlen wird. Die Barschaft aber muss er mitnehmen, falls er auf Wanderschaft in Bedrängnis gerät. Stirbt er unterwegs, so findet sich in den Kirchen und Klöstern oftmals eine mitfühlende Seele, die von dem Erlös aus dem goldenen Ohrring ein anständiges Begräbnis bezahlt und die Totenmesse lesen lässt.«
    »Gut. Was aber ist nun ein Schlitzohr?«, fragte Zelda, die sich Elizabeths Ausflug in die Gebräuche des Handwerks kaum erklären konnte.
    »Nun, manchmal kommt es vor, dass ein wandernder Handwerksgeselle nicht von reinem Charakter ist. Einige bezahlen ihre Herbergskosten nicht, andere bestehlen ihre Meister. Wird ein Geselle bei solch einem Vergehen erwischt, so wird ihm zur Strafe der goldene Ohrring aus dem Ohrläppchen gezogen, sodass dieses am unteren Ende geschlitzt ist. Ein Schlitzohr ist also ein wandernder Handwerksbursche, der bei Unredlichkeiten ertappt worden ist.
    Er wird nirgends mehr Arbeit finden, denn jeder Handwerker im ganzen Königreich sieht einem Gesellen zuerst auf das Ohrläppchen.«
    »Und Charles war ein Schlitzohr, und deshalb wollte dein Vater ihn nicht im Hause haben?«
    »Genauso war es«, bestätigte Elizabeth.
    »Was hatte er getan?«, fragte Zelda.
    Elizabeth zuckte mit den Achseln. »Charles war ein Schmiedegeselle. Er kam hinzu, als der Meister den Lehrbuben mit dem schweren Eisenhammer erschlagen wollte. Der Kleine lag bereits blutend am Boden, doch der Meister war so voller Jähzorn, dass er sich durch nichts besänftigen ließ. Charles riss ihm den Hammer aus der Hand, um den Kleinen zu schützen. Doch das ließ sich der Meister nicht so ohne weiteres gefallen. Mit beiden Fäusten ging er auf Charles los und schlug ihm so heftig gegen die Brust, dass er ins Taumeln geriet und mit einem Bein ins Schmiedefeuer trat. Sofort schössen die Flammen an ihm hoch und verbrannten das Fleisch an seinem Bein. Deshalb hinkte er.« Elizabeth hielt inne, ihre Gedankenverloren sich in der Vergangenheit. Schließlich

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