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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Rücken dessen, der sie getreten hatte.
    Im freien Fall miteinander raufen ist nicht das Einfachste im Universum. Ein gut gesetzter Schlag wirkt auf den Schläger wie auf den Getroffenen. Im Raum trieben, schwebten und bewegten sich Körper, die nichts anderes im Sinn hatten, als all den Leibern, die sich in ihrer Nähe befanden, Schaden zuzufügen. Nur ein paar Leute waren klug genug, sich irgendwo festzuhalten.
    Ruby Armbrusters Magen hatte sich beruhigt. Ihre Beine umklammerten das kalte, glatte Metall einer Ziersäule, und sie hatte einen harten Blick. Sie schwang ihre kleinen Fäuste, um die Leute vom Leib ihres bewußtlosen Gatten fernzuhalten.
    Leutnant Bessemer hatte beinahe unverzüglich etwas unternommen. Er hatte Jerry Hammermill eine Faust ins Gesicht gesetzt und sich umgedreht, um den Raum zu verlassen. Edouard Andre stieß einen heiseren Schrei aus und fiel von hinten über Bessemer her. Zusammen krachten sie gegen die nächste Tür. Der Leutnant war jedoch im Raumdienst und wußte, wie man sich im freien Fall verhalten mußte. Andre hingegen hatte keine Ahnung. Bessemer kam deshalb bei der Rauferei mit einem blauen Auge davon, während Andre einen heftigen Nackenschlag erhielt und dann bewußtlos dicht über dem Boden schwebte.
    Kapitän Deering starrte durch die klare Kuppel an der Nase des Schiffes auf die hellen, harten Punkte der bewegungslosen Sterne hinaus. Es war gut, dachte er, daß das Schiff mit dem Ende auf die Erde zustürzte. Die grüne Kugel der Erde auf sich zu rasen zu sehen, hätte selbst ihn nervös gemacht.
    Er wandte sich eben von der Kuppel ab, als Bessemer hereinplatzte.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen nicht –«
    »Sir«, unterbrach ihn Bessemer, »die Leute da unten haben durchgedreht. Sie nehmen sich und den Aufenthaltsraum auseinander.«
    Deering runzelte die Stirn. »Es sieht so aus, als hätten Sie selbst eine aufs Auge bekommen«, sagte er. »Die hauen sich also?«
    Bessemer nickte.
    »Hm.« Deering reichte dem Leutnant ein Fernschreiben. »Machen Sie eine Durchsage und lesen Sie es ihnen vor. Dann gehen Sie runter und zeigen es denen. Sie geben aber keine Erklärungen ab.«
    Bessemer salutierte, nahm den Bogen und ging zur Schalttafel der Sprechanlage. Er legte einen Schalter um und nahm ein Mikrophon aus seiner Halterung.
    »Achtung, bitte. Das Schiff ist außer Kontrolle geraten, aber es besteht keine Gefahr, daß wir auf die Erde stürzen. In zwei Minuten wird eine Rakete des Raumflughafens hier sein. Ich wiederhole: Eine Rakete des Raumflughafens wird in zwei Minuten hier sein. Warten Sie bitte ihr Eintreffen ruhig ab.«
    Er schaltete die Anlage aus und drehte sich um. Hinter ihm stand Deering.
    »War das in Ordnung, Sir?«
    »Besser konnte man es nicht sagen«, erwiderte Deering. »Nehmen Sie jetzt das Blatt mit hinunter und zeigen Sie es ihnen. Das sollte uns für eine Weile Ruhe verschaffen.«
    Bessemer nickte wortlos.
    Der Leutnant bewegte sich den Gang entlang zum Aufenthaltsraum. Dort war es seltsam still, als er eintrat. Alle, die noch bei Bewußtsein waren, blickten zur Tür, als der Offizier hereinkam.
    Er faltete das Papier auseinander. »Hier ist die Meldung«, sagte er knapp.
    George MacBride, der ihm am nächsten war, nahm es und las es. Zögernd breitete sich auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. »Zwei Minuten, was? Viel Zeit zum Packen haben wir nicht mehr.«
    »Noch eine Minute und fünfundvierzig Sekunden«, entgegnete Bessemer. »Ich fürchte, Sie können Ihre Sachen wohl kaum mitnehmen.«
    »Soll das heißen, daß wir unser Geld und unser Gepäck zurücklassen müssen? Können wir überhaupt nichts mit in die Rakete nehmen?« fragte Mrs. Ledbetter. Sie führte ein Vermögen an blauweißen Marsdiamanten mit sich und wollte diese nicht kampflos preisgeben.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie etwas mitnehmen sollten«, sagte Leutnant Bessemer. Er sah auf die Uhr.
    Er ließ den Blick durch den Aufenthaltsraum schweifen. Drüben an der Wand war ein breitschultriger Mann, der sich gänzlich aus dem allgemeinen Kampf herausgehalten hatte.
    »Vater«, sagte Bessemer, »die Leben aller auf diesem Schiff sind in Gefahr. Könnten Sie uns vielleicht vorbeten?«
    Der Priester nickte langsam.
    »Vater unser, der du bist im Himmel…«
5
    Generalmajor Stanley nahm die Augen von dem Bildschirm vor ihm und warf einen niedergeschlagenen Blick auf die Uhr an der Wand darüber.
    Dreiundzwanzig Minuten. Waren erst dreiundzwanzig Minuten verstrichen, seit

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