Ufer von Morgen
die Martian Queen außer Kontrolle geraten war? War die ganze Hölle erst vor wenig mehr als einer Viertelstunde losgebrochen?
Die Sonne draußen stand fast an ihrer höchsten Stelle und brannte auf den ausgedörrten Sand des Raumflughafens nieder. Stanley blickte wieder auf den Bildschirm, auf dem sich die Gestalten von fünf Männern abzeichneten. Drei Zivilisten und zwei Fünf-Sterne-Generäle.
Fünf Sterne. Es wäre hübsch gewesen, fünf Sterne zu tragen, dachte sich Stanley. Fünf? Es wäre hübsch gewesen, zwei zu erhalten. Dazu würde es aber nicht mehr kommen.
General Hagopian war ein kleiner, dunkler Mann mit Hakennase, dessen schokoladenbraune Augen auf einen scharfen Verstand schließen ließen. Er blickte aus dem Bildschirm heraus und sagte: »Das Schiff wird also im Long Island Sund landen?«
»Ja, wenn man es nicht abfängt«, sagte Stanley wohl zum siebenundzwanzigsten Mal.
Einer der Zivilisten – Stanley hatte keine Ahnung, welchen Rang sie einnahmen – fragte: »Besteht überhaupt keine Möglichkeit mehr, den Antrieb des Schiffes wieder in Gang zu bringen? Haben die keine Techniker, die Reparaturen ausführen können, an Bord?«
»Ich habe Kapitän Deerings Bericht«, erklärte Stanley. »Er sagt ohne Umschweife, daß der Hauptumwandler und die Hilfsmaschinen ganz und gar kaputt sind. Ich versichere Ihnen, es wird in den nächsten fünfzehn Minuten selbst in bester Absicht nicht möglich sein, sie zu reparieren.«
Der Zivilist ging nicht auf den zynischen Ton ein. »Nun, wie steht’s mit einem Rettungsschiff? Könnten wir eines nicht noch rechtzeitig genug hinaufschicken, um diese Leute herauszuholen?«
Stanley schwieg einen Augenblick und sagte: »Ein Rettungsschiff hinauf zuschicken ist unmöglich, Sir.«
»Weshalb?«
»Es würde es nicht schaffen. Es müßte beschleunigen, um abzuheben, abbremsen, um auf gleiche Geschwindigkeit wie die Martian Queen zu kommen, und wieder beschleunigen, um sie davor zu bewahren, auf die Erde zu stürzen. Wenn man die Zeit einrechnet, die es brauchen würde, um die Passagiere zu übernehmen, kommt man auf etwas mehr als eine Stunde, selbst bei einer Beschleunigung, die die Passagiere eben noch aushalten würden. Ich fürchte, das geht nicht.«
General Hagopian fragte: »Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, sie zu retten?«
»Gar keine, Sir. Die Zeit ist zu kurz.«
Der andere Zivilist sagte: »Ich glaube, wir haben hier noch einmal Glück.«
»Wie bitte?« fragte Stanley.
»Ich meine, es ist schlimm genug, daß all die Menschen sterben müssen, aber schließlich knallen sie nur in den Sund. Es wäre eine Katastrophe, wenn sie auf eine dichtbevölkerte Gegend abstürzen würden. Die Städte an der Ostküste sind um Haaresbreite davongekommen. Können Sie sich vorstellen, was geschehen wäre, wenn das Schiff –«
»Ich fürchte, Sie verstehen die Situation nicht, Sir«, meinte Stanley. »Wir brauchen keine Angst zu haben, daß die irgendwo aufprallen. Der Knall, der macht uns Sorgen.«
Die fünf Männer sahen ihn erstaunt an.
»Was heißt das?« fragte General Hagopian.
»Das heißt, daß es ganz egal ist, ob das Schiff ins Wasser fällt oder nicht, da es sowieso nicht in einem Stück herunterkommen wird. Das Schiff nähert sich mit dreißig Kilometern pro Sekunde der Erde. Wenn es in die Atmosphäre eintaucht, wird es im Nu in Stücke bersten. Es wird in Flammen aufgehen. Die Zerstörungen werden nicht auf den Absturz zur Erdoberfläche zurückzuführen sein. Es ist ganz gleich, ob es im Sund oder auf dem Times Square aufschlägt. Es ist der Zusammenprall mit der Atmosphäre, der etwa zwanzig Millionen Tote fordern wird.«
Niemand sagte etwas. Die fünf Männer auf dem Bildschirm sahen ihn fassungslos vor Entsetzen an.
»Sie wissen, was geschieht, wenn ein Düsenflugzeug zu tief über eine Stadt fliegt«, sagte Stanley. »Wenn die Schallmauer durchbrochen wird, gibt es einen Knall, und der kann Fensterscheiben zerbrechen. Was glauben Sie, was für eine Schallwelle ein Raumschiff von fünfhundert Tonnen erzeugen wird, das mit über hunderttausend Kilometern pro Stunde herankommt? Ich werde es Ihnen sagen. Sie wird kilometerweit jedes Bauwerk umlegen. Wenn das Schiff in Richtung Long Island Sund stürzt, wird New York schon in Ruinen liegen, bevor es überhaupt angekommen ist. Jede Stadt auf Long Island wird flach wie ein Pfannkuchen sein. Von Newark in New Jersey bis Hartford in Connecticut wird jeder Bau von der Schallwelle über den Haufen
Weitere Kostenlose Bücher