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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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zwölf konnte die Lage genau abschätzen, doch jeder konnte die nackte Tatsache sehen, daß das Rettungsschiff in der Falle saß.
    Yatagawa lief mit seinen kurzen, drahtigen Beinen los und war als erster dort. Er blieb stehen, prüfte das Eis, bevor er sich dem Schiff näherte.
    Das Eis trug. Es war fest, sehr fest sogar. Der kurzlebige See war zu einer durchsichtigen Eisschicht erstarrt, die sich fest um das Schiff gelegt hatte. Das Eis, das vom Gewicht des Schiffes verdrängt worden war, hatte sich fächerförmig in alle Richtungen verteilt.
    Yatagawa kletterte über das Eis und blickte in die Tiefe. Einen knappen Meter unter der durchsichtigen Oberfläche war eine Luke zu sehen, und aus dem Fenster blickte ihm das traurige Gesicht eines Triebwerkschippers entgegen.
    Yatagawa winkte ihm zu. Der Mann winkte zurück und klopfte dann mit verzweifeltem Gesicht gegen die Luke. Hinter ihm tauchte ein zweiter Mann auf, und die beiden blickten wie Tiere in einem Käfig in die Höhe.
    Yatagawa zeigte auf den Hals seines Schutzanzuges und wies so auf das eingebaute Funkgerät hin. Nach ein paar Augenblicken begriff einer der Männer drinnen und stellte eine Verbindung her.
    »Willkommen in unserem Land«, sagte der Kommandant trocken. »Die Landung war wunderschön.«
    »Danke«, sagte kläglich eine Stimme unter dem Eis. »Wie konnte ich nur so blöd, hirnrissig und –«
    »Keine Zeit für Reue«, sagte Yatagawa. »Wir müssen Sie so rasch wie möglich rausholen. Ich bin Yatagawa, der Kommandant der Andromeda.«
    »Werner, Kapitän der Calypso und der größte Narr, der noch frei herumläuft.«
    »Kapitän, ich bitte Sie, man konnte nicht erwarten, daß Sie ein so ungewöhnliches Ereignis vorhersehen konnten.«
    »Sie sind zu freundlich, Kommandant, aber auf alle Fälle danke ich Ihnen. Ich hatte es noch nie mit einem dieser Schneeballplaneten zu tun. Trotzdem hätte ich mir denken können, daß das Eis nicht sehr lange flüssig bleiben würde, aber ich habe mir nie gedacht, so eingefroren zu werden.«
    Yatagawa sagte mit etwas mehr Nachdruck: »Wir haben kaum Zeit, uns darüber zu unterhalten, Kapitän Werner.«
    »Wieviel Zeit haben wir, Kommandant?«
    Yatagawa lächelte niedergeschlagen. »Ich schätze, unsere Schutzanzüge werden in acht Stunden am Ende sein.«
    »Dann müssen wir schnell machen«, erklärte Werner. Sein Gesicht, das man trotz des klaren Eises von einem Meter Dicke gut sehen konnte, war schamrot. »Nur, was machen wir?«
    Helmot sagte: »Ich habe Sacher und Foymill zur Andromeda geschickt, um Pickel und Schaufeln zu holen. Wir werden ganz schön graben müssen.«
    Yatagawa sah weiterhin niedergeschlagen aus. Er erklärte nachsichtig: »Dorvain, was meinst du, wie lange zwölf Männer brauchen, um ein dreißig Meter tiefes Loch in festes Eis zu graben?«
    Der Mann von Kollimuni schwieg einen Moment. Dann sagte er mit hohler Stimme: »Vielleicht… ein paar Tage?«
    »Genau«, nickte Yatagawa.
    »Sind Sie sicher?« fragte Werner.
    »Wir können es auf jeden Fall einmal versuchen«, meinte Talbridge.
    »Na schön«, sagte der Kommandant. Sacher und Foymill kamen mit den Pickeln, und Yatagawa trat zurück und zeigte auf die Stelle, wo sie beginnen sollten.
    Die Pickel hoben und senkten sich. Über die Sprechanlage, die die Schutzanzüge miteinander verband, kam ein rhythmisches Stöhnen. Yatagawa ließ die Vorführung ganze zwei Minuten dauern.
    In der Zeit hatten die beiden Besatzungsmitglieder ein Loch ausgehöhlt, das zehn Zentimeter tief und fünfzehn breit war. An einer Seite lag ein kleiner Haufen pulverförmigen Eises.
    Yatagawa beugte sich vor und maß mit seiner behandschuhten Hand die Tiefe. »Wenn wir so weitermachen«, sagte er, »wird es Jahrhunderte dauern.«
    »Was sollen wir also machen?« wollte Helmot wissen.
    »Eine sehr gute Frage«, sagte Yatagawa. Der Kommandant stieß den Haufen Eis mit dem Fuß beiseite und zuckte die Achseln. Die Gebärde sagte alles.
    An Bord der Calypso sahen sich Kapitän Werner und Funktechniker Mariksboorg entgeistert an. Durch das Eis drang ein wenig Licht zur Luke und von dort in die Kabine. Das Licht kam von dem gelben Stern, konnte aber leider kaum wärmen.
    »Draußen sind minus 220 Grad«, sagte Werner. »Und wir wußten es.«
    »Nur die Ruhe, Kapitän«, sagte Mariksboorg. Er war besorgt, daß Werners Zerknirschung böse Folgen haben konnte. Er fragte sich, was Yatagawa da oben machen würde, hätte er getan, was Werner gemacht hatte. Vor zweitausend

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