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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ist?«
    »Irgendein Dinosaurier, nehme ich an.«
    »Stimmt. Er heißt Trachodon. Zufällig ausgestorben. Dieses Institut will dafür sorgen, daß es dem Menschen nicht ebenso ergeht.«
    »Das wird kaum geschehen, da wir jetzt den Atomvertrag haben. Seit fünfzehn Jahren herrscht Frieden auf der Welt, und es gibt keinen Grund, warum der Frieden nicht unbegrenzt halten soll.«
    Brewster lächelte. »Durch Krieg stirbt keine Art aus. Er macht sie zäh, und sie überlebt. Der wirkliche Feind ist der Frieden. Nein, ich bin kein Kriegshetzer. Ich meine eine bestimmte Art Frieden, den des Dahinvegetierens. Wenn die Menschheit beginnt, dahinzuvegetieren, ist sie auf dem besten Weg, auszusterben.«
    Wilson drückte seine Zigarette ein wenig verärgert aus. Die Behauptungen seines Gegenübers wurden immer absurder. Brewster wollte sich nicht festlegen.
    Wilson sagte gereizt: »Bei mir bringen Sie Ihren Standpunkt nicht an den Mann. Wenn es Ihnen mit Ihren öffentlich vorgetragenen Ansichten nicht ernst ist, welchen Zweck verfolgt dann diese Organisation?«
    »Welchen Zweck? Warum versuchen Sie nicht, das herauszubekommen? Sie sind Soziologe und Forscher. Forschen Sie! Wenn Sie glauben, die Antwort gefunden zu haben, kommen Sie einfach wieder her. Sie können hier Arbeit finden, Wilson.«
    »Arbeit? Für mich? Hier?«
    »Freilich. Was glauben Sie, warum ich Sie heute abend hergebeten habe? Ich habe Sie eben als Bewerber für diese Arbeit geprüft. Sie haben die Struktur eigentlich schon zusammen. Sobald alle Teile an ihrem Platz sind, werden Sie angestellt. Leute wie Sie können wir hier brauchen, Wilson. Kommen Sie wieder, wenn Sie soweit sind.«
    Brewster deutete durch Aufstehen an, daß das Gespräch beendet war. Wilson schüttelte den Kopf und meinte, die Besprechung habe sich in ein phantastisches Abenteuer à la Alice im Wunderland verwandelt, wo jedes Wort sinnentleert und nichts mehr begrifflich zu fassen war. Wovon sprach Brewster überhaupt? Er suchte hier keine Arbeit.
    Als sie zur Tür gingen, sagte Brewster: »Wilson, wie gefällt Ihnen denn Ihre Pflichtübung unten am Kai?«
    »Was? Woher wissen Sie…«
    Brewster lachte leise. »Wir behalten alle vielversprechenden jungen Männer im Auge, Wilson. Jetzt gute Nacht. Grüßen Sie mir Ihre Frau recht herzlich.«
    Ein arg verwirrter Howard Wilson drückte seinen Daumen gegen die Erkennungsplatte und öffnete die Wohnungstür. Er roch das Abendessen. Sorine kam ihm aus der Küche entgegengetänzelt, eine geschmeidige, lächelnde Gestalt. Es war Viertel nach sieben.
    »Nun? Wie ist es gelaufen? Was für ein Bursche ist er?«
    Wilson zuckte matt mit den Schultern. »Was ich mir schon gedacht hatte. Ein Narr.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Nur sinnloses Zeug.«
    »Wirst du einen Artikel darüber schreiben können, Howard?«
    Er schüttelte mürrisch den Kopf. »Ich glaube nicht. Er redete nur Unsinn. Daß z.B. ihre Ziele nicht wirklich ernst gemeint seien und daß sie befürchten, die Menschheit werde aussterben. Ich habe Kopfweh. Ist das Essen fertig?«
    »Gleich. Ich habe die automatische Uhr fünf Minuten, bevor du gekommen bist, eingestellt. Truthahnbraten. Ist das in Ordnung?«
    »Ich esse alles«, erwiderte er niedergeschlagen.
    »Fühlst du dich nicht gut?«
    »Ich sagte, ich habe Kopfweh.«
    »Schön, deswegen brauchst du nicht gleich zu schreien.«
    Mit einem Lächeln bat er sie um Verzeihung. Es kam nicht oft vor, daß er zu Hause laut wurde. Die Unterhaltung mit Brewster hatte ihn Nerven gekostet. »Tut mir leid, Schatz. Ich glaube, der Tag ist sehr lang gewesen.«
    »Komm, essen wir. Und du kannst mir von diesem Institut für den Fortschritt der Menschheit berichten.«
    Er hatte nicht viel zu berichten. Sonst konnte er Gespräche gut wiedergeben, doch die paradoxen Drehungen und Wendungen Brewsters hatten ihn hoffnungslos verwirrt. Und es gab Einzelheiten, die er bewußt für sich behielt. So die Sache mit dem Einstellungsgespräch. Er wollte, er hätte Brewsters Brief einfach weggeworfen, wie er es zuerst vorgehabt hatte. Auf jeden Fall hatte es ihn Arbeitszeit für die Doktorarbeit gekostet, und der ganze Aufwand hatte ihm nur rasende Kopfschmerzen eingebracht.
    Die nächsten paar Tage hatte Wilson das unerklärliche Gefühl, eine Katastrophe stünde bevor. Die Ahnung war so unbestimmt, daß er Sorine nichts davon sagte. Er machte seine tägliche Arbeit im Lagerhaus, kritzelte jede Nacht ein paar Notizen hin und spürte, wie die Spannung wuchs und

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