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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bestand, dazu ein wenig Stickstoff und ein paar Edelgase. Er trug einen Atemhelm, da zweimal Luftholen genügen würde, ihm Kehle und Lungen zu verätzen.
    Der Himmel war hellgelb, was zum Teil auf Chlornebel zurückzuführen war, die in der Höhe trieben, zum Teil auf Lichtbrechungen der Atmosphäre. Die Landschaft wirkte seltsam schroff, mit nackten Felsen, die muschelartig ausgehöhlt waren. Seltsame Bäume ragten sich windend und drehend in die Höhe. Die Blüten hatten etwas Verstörendes an sich. Andersen erblickte in der Ferne schlanke und bunte Gebäude, die aus rosa Korallen erbaut zu sein schienen. Am Himmel schwebten ein paar Vögel. Andersen sah zu, wie einer auf einem eckig wirkenden Baum landete. Er schien Saugnäpfe an den Füßen zu haben. Er pickte die Früchte auf, die an den Zweigen hingen.
    Als sich Andersen die Landschaft kurz angesehen hatte, holte er den tragbaren Übersetzer heraus und stellte ihn auf. Er schaltete den Verstärker für den Fall ein, daß die Fremden nicht nahe herankommen wollten. Diese Vorkehrung war unnötig. Eine Stimme sagte in barscher, akzentfreier Erdsprache: »Diese Maschine werden wir nicht brauchen, Erdmensch. Wir können dich völlig verstehen.«
    Der neunjährige Andersen hatte sich mit leiser Scheu über die Larven gefreut. Der neunundzwanzigjährige Andersen fuhr wie eine erschreckte Katze herum, als er die feste Stimme hörte. »Wer hat gesprochen?«
    »Wir.«
    Andersen drehte sich weiter um und sah die Fremden. Ungefähr hundert Meter zu seiner Linken stand eine Gruppe von sieben Wesen. Andersen hatte sie nicht kommen sehen. Er wunderte sich, daß er sie bei der Entfernung so gut hören konnte.
    Die Wesen waren so eckig wie die Bäume. Sie waren etwa zwei Meter groß, schätzte Andersen, und hatten eine tiefrote Haut. Auf der Erde würden sie wohl kaum mehr als fünfzig Kilo wiegen, und hier noch weniger.
    Sie hatten anscheinend gar kein Fleisch. Sie bestanden nur aus Haut, die sich über leichte Knochen spannte. Ihre Köpfe waren rautenförmig und haarlos, die Nasenlöcher nur Schlitze, das Kinn war lang, der Mund ein dunkler Strich. Die Augen waren kalt, und Ohren gab es keine. Andersen hielt sie für Kaltblüter. Sie hatten etwas Reptilienartiges. Die Beine waren dürr und endeten in weit gespreizten Krallen.
    Die Gruppe bewegte sich auf Andersen zu.
    Der Erdmensch blickte unsicher auf die näherkommenden Fremden, dann auf seine Übersetzungsmaschine.
    Er fragte: »Ihr sprecht meine Sprache?«
    »Wir sprechen alle Sprachen.« Er konnte unmöglich sagen, wer von der Gruppe geantwortet hatte. Vielleicht keiner, vielleicht alle.
    »Ihr seid sicher Telepathen?«
    »Ja.«
    Könnt ihr verstehen, was ich sage? dachte sich Andersen. Es erfolgte keine Antwort.
    »Ich habe mir eben eine Botschaft an euch gedacht«, sagte der Erdmensch. »Ihr habt sie nicht bekommen?«
    »Wir können nur auf unterbewußte Projektionen von dir reagieren, Erdmensch. Wir dringen in die tiefen Schichten deines Geistes ein, können aber oberflächliche Gedanken nicht ausmachen.«
    Andersen runzelte die Stirn. Die Situation behagte ihm nicht besonders. Er hatte es jedoch schon einmal mit einer telepathischen Rasse zu tun gehabt. In gewisser Hinsicht machte es alles um einiges einfacher, denn wenn sie tief in ihn hineinblicken konnten, brauchten sie nicht an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Sie würden merken, wenn er log, und Andersen hatte nicht vor, zu lügen.
    Er sagte: »Ich bin selbst kein Telepath.«
    »Natürlich. Aber wir können uns mit dir austauschen.«
    »Schön. Da ihr tief in meinen Geist geblickt habt, wißt ihr, daß ich in friedlicher Absicht hergekommen bin.« Es erfolgte keine Antwort, und Andersen fuhr weniger selbstsicher fort: »Ihr wißt genau, daß ich in friedlicher Absicht hier bin. Ich bin ein Vertreter der Konföderation Terra, einer Gruppe von hundertneunzig Welten der Milchstraße. Sie bietet gegenseitige Vorteile und harmonische Partnerschaft. Da das die erste Landung eines Erdmenschen auf eurem Planeten ist, möchtet ihr euch sicher alles durch den Kopf gehen lassen, und –«
    Andersen wollte das Übliche sagen, daß man ihn zu ihrem Anführer bringen solle, doch die ruhige Stimme der Fremden unterbrach ihn: »Du bist nicht der erste Erdmensch, der hier gelandet ist.«
    Die Antwort erschien unsinnig. Den Karten nach war der Planet unerforscht. Waren die Kartographen auf dem Planeten gelandet? Kaum. Hatte früher schon ein Forscher den Planeten besucht und

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