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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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müssen einen ausfindig machen. Oder die Menschheit wird wegen eines endlosen Papierkrieges an ihren Heimatplaneten gefesselt bleiben.«
    Mr. Saldanha: Würden Sie bitte das Verfahren beschreiben, das in Ihren Laboratorien entwickelt wurde, Dr. Hwang?
    Dr. Hwang: Herr Vorsitzender, unsere Haupttechnik ist die genetische Mikrochirurgie. Es gibt noch andere Hilfsmittel, Veränderung der DNS -
    Mr. Saldanha: Verzeihen Sie die Unwissenheit eines Laien. Was sagten Sie?
    (Gelächter)
    Dr. Hwang: Desoxyribonukleinsäure. Das grundlegende Erbmaterial, das kompliziert gebaute Eiweißmolekül, in dem der Plan für den ganzen Aufbau des Körpers enthalten ist. Die Nukleinsäuren sind der Hauptansatzpunkt der Pantropie. Wir haben Techniken entwickelt, in der wir die gewünschten Molekülanordnungen synthetisch herstellen können, um zu einem bestimmten Körpertyp zu kommen.
    Mr. Saldanha: Ich verstehe. Durch Anwendung dieser Techniken können Sie das Aussehen ungeborener zukünftiger Wesen ändern.
    Dr. Hwang: Wir können weit mehr als das Aussehen ändern, Herr Vorsitzender. Wir können die gesamte Stoffwechselstruktur ändern.
    Mr. Saldanha: Mit anderen Worten, Sie können Wesen erzeugen, die in den Umweltbedingungen des Mars überleben könnten?
    Dr. Hwang: Davon sind wir überzeugt. Wollten wir Siedler für den Mars herstellen, wäre es notwendig, einen Stoffwechseltyp zu schaffen, der dem Kohlendioxyd Energie entnehmen kann und natürlich auch mit weitaus niedrigeren Temperaturen fertig wird, als wir sie kennen. Das können wir machen.
    Mr. Saldanha: Haben Sie auch an die Möglichkeit gedacht, pantropische Formen für andere Planeten des Sonnensystems zu entwickeln? Und auch für den Mond?
    Dr. Hwang: Der Mond hat keine Atmosphäre. Die meisten Planeten haben extreme Temperaturen oder eine hohe Anziehungskraft. Mit unseren bescheidenen Möglichkeiten sind uns die noch nicht erreichbar.
    Mr. Saldanha: Wie steht es mit der Venus?
    Dr. Hwang: Lebensformen zu schaffen, die die Venusatmosphäre aushalten würden, wäre sehr schwierig, obgleich es möglich wäre. Daran müßte aber noch viele Jahre gearbeitet werden.
    Mr. Saldanha: Ich verstehe. Sagen Sie mir, Dr. Hwang, kann man solche Wesen, die die Luft anderer Welten atmen können, als menschlich bezeichnen?
    Dr. Hwang: Es ist doch sicher sinnlos, in semantischen Haarspaltereien steckenzubleiben. Sie waren lediglich ihrer Umwelt angepaßt, so wie viele Menschen heutzutage mit ihrer Hautfarbe und anderen Rassenmerkmalen. Der Grad der Anpassung wäre natürlich quantitativ viel größer. Ich glaube jedoch nicht, daß man von einem qualitativen Unterschied sprechen könnte.
    Mr. Saldanha: Glauben Sie, daß Ihr Verfahren der Erde Kolonien geben wird, die im Bereich unserer Wirtschaft bleiben werden?
    Dr. Hwang: Ich bin Biologe, Herr Vorsitzender, kein Wirtschaftswissenschaftler. Meine Regierung versichert mir jedoch, daß das Verfahren der Pantropie viel eher Ergebnisse zeitigen wird als das Vorhaben der planetarischen Umformung. Die Nationen des asiatischen Blocks werden gegen eine Verschwendung der Mittel der Vereinten Nationen für fruchtlose Unternehmungen der Industrie sein.
    - Auszug aus einer Aufzeichnung der Voruntersuchung durch die Vereinten Nationen, Kommission für die Kolonisierung von Planeten, 16. März 2052.
    Dane Merrill hatte sechs Wochen zur Verfügung, um sich in Geschichte, Biologie und altmodische Machtpolitik einzuarbeiten. Er lauschte der höflichen Stimme von Dr. Hwang P’ei-fu, wußte aber genau, daß in ihr eine Bedrohung des planetarischen Friedens mitschwang. Dieselbe Drohung war den grollenden Tönen Michael Reeds anzuhören gewesen, der für den Industriekonzern sprach, der den Plan mit der Terraformierung durchdrücken wollte. Eigentlich brachte er nur die irrationalen Ängste und unbewußten Wertmaßstäbe der ganzen westlichen Welt zum Ausdruck.
    Die westlichen Menschen hatten Angst vor der Pantropie. Die Asiaten trauten den westlichen Wirtschaftstheorien nicht und konnten das freche Vorgehen der Industrie nicht leiden. Der Konflikt ist eigentlich ganz einfach, dachte sich Merrill.
    Doch die Lösung war nicht so einfach. Die Gründe für den Konflikt reichten tief an die Wurzeln der beiden Kulturen. Und jeden Tag sah er, wie die Voruntersuchung dem endgültigen toten Punkt immer näher kam.
    Die Schwierigkeit war, daß die Vereinten Nationen, die sich zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts neu gebildet hatten, zugleich machtlos und

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