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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Gruß erwidert wurde. Draußen sah sie einen Abschleppwagen, zwei Männer waren gerade dabei, ein Auto hoch zu ziehen.
    Sie ging weiter, dann begriff sie, dass es ihr Auto war, und begann zu laufen, die Plastiktüte schlug ihr dabei gegen die Beine, »lassen Sie das! Das ist mein Wagen.«
    »Nu mal langsam«, sagte einer der Männer und betrachtete sie schmierig, »der Wagen ist verbotswidrig geparkt und muss abgeschleppt werden, das ist unser Auftrag, da beißt die Maus keinen Faden ab.«
    Luzie erklärte, dass das ein besonderer Fall sei und sie den Wagen ja jetzt sowieso selbst wegfahre, und holte ihre Brieftasche und kam schließlich mit fünfzig Euro davon, wobei sie selbst wusste, dass das noch immer viel zu viel war, aber sie hätte auch hundert bezahlt, nur um sich in ihr Auto setzen und wegfahren zu können.
    Ohne große Überlegung nahm sie die Straße entlang der Iller, und das bedeutete, dass sie nicht zuerst nach Hause fuhr, sich nicht unter die Dusche stellte und sich nicht ins Bett verkroch, was alles sie nach einer vergleichbaren Demütigung zu einer anderen Zeit unweigerlich getan hätte.
    Weshalb Demütigung? Warum ging ihr ein solches Wort durch den Kopf? Sie war in das Büro des Geschäftsführers gebeten worden oder besser: Sie war angewiesen worden, es zu betreten, außer dem Geschäftsführer waren dort der Personalchef und der Hausjurist gesessen, man hatte sie aufgefordert, Platz zu nehmen, und ehe sie auch nur danach hätte fragen können, was mit ihrem Büro geschehen sei, hatte man ihr bedeutet,dass dies bereits jetzt keine Frage mehr sei und später auch nicht.
    »Unsere Entscheidung hat zunächst mit Ihnen persönlich nichts zu tun, sondern beruht auf einer längerfristig geplanten Restrukturierung unserer Führungsebene.«
    Dann hatte der Hausjurist ihr einen Auflösungsvertrag vorgelegt, wonach sie zwei Jahresgehälter Abfindung erhalten sollte.
    »Das ist, wie Sie bitte beachten wollen, deutlich mehr, als Sie vor dem Arbeitsgericht würden erreichen können.«
    Und warum, bitte, deutlich mehr?
    Schweigend hatte der Hausjurist den Vertrag aufgeblättert und auf einen Passus verwiesen, wonach die Vertragspartnerin Luzie Haltermann sich zu strikter Verschwiegenheit über sämtliche Vorgänge verpflichtete, von denen sie während ihrer Tätigkeit bei den Gemeinnützigen Heimstätten Kenntnis erlangt habe, und zwar zur Verschwiegenheit gegenüber jedermann.
    »Außerdem sollten Sie künftig stets daran denken, dass ein Verstoß gegen diese an sich selbstverständliche Pflicht sich naturgemäß in der gesamten Wohnungswirtschaft herumsprechen wird.«
    War das klar genug?
    Luzie Haltermann hatte getan, was man von ihr verlangte. Sie hatte unterschrieben. Sie war in Begleitung des Hausjuristen und des Personalchefs in die Baustelle gegangen, die ihr Büro gewesen war, und hatte unter Aufsicht ihre persönlichen Dinge aus dem Schreibtisch ausgeräumt und in die Plastiktüte gepackt, die die Köhl-Kunzmann – wie bestellt aus dem Flur auftauchend – plötzlich zur Hand hatte.
    Glück ist bei Meyer einkaufen, stand auf der Tüte. Meyer war ein Drogerie-Großmarkt.
    Glück ist. Damit beginnt schon das Lügen. Glück ist nicht. Und wenn es doch einmal sein sollte, dann ist es gleich nicht mehr.
    Die Straße verließ das Illertal und führte über eine Hochfläche.Von hinten näherte sich ein grüner Wagen und schloss auf, im Rückspiegel sah sie, dass es ein Streifenwagen war, ganz sicher finden sie irgendetwas, um dich abzukassieren, heute ist der Tag für so etwas, wieso fahre ich eigentlich zu Sascha? Um ihm etwas vorzuheulen? Das wird ihm gerade noch fehlen.
    Der Streifenwagen setzte den Blinker und zog an Luzie vorbei.
    Habt ihr auch nichts vergessen? Soll ich euch vielleicht nachfahren, Verzeihung, die Herren, wollten Sie mich nicht gebührenp flichtig verwarnen?
    Luzie schüttelte den Kopf. Vorne war ein Waldparkplatz angezeigt. Mach einen Augenblick Pause. Nase pudern. Kopf lüften.
    Irgendwas wird doch helfen.
     
    W ieso hast du es so eilig?«
    »Hab’s nicht eilig.«
    »Du fährst 130. Was soll der gesetzestreue Bürger von uns denken?«
    »Das siehst du falsch«, stellte Heilbronner klar. »Das sind allenfalls gesetzestreue Hundert mit Mehrwertsteuer.«
    »Wie du meinst.« Orrie gähnte. »Was will die Tamar eigentlich von diesem Menschen?«
    »Eine Gegenüberstellung.«
    »Nett. Ich zum Beispiel hätte gerne eine Gegenüberstellung mit dem Feierabend.«
    Zwischen den Bäumen kam

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