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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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das Dorf Greuthweiler in Sicht, der Streifenwagen fuhr an einer Wirtschaft vorbei und an einer zweiten, dann bog Heilbronner in eine kleine Straße ein, die bergauf führte.
    Vor dem allein stehenden Bauernhof war ein Toyota geparkt. Das Scheunentor stand weit offen, Neonlicht fiel auf einen Mann mit Schutzbrille, der mit einem Schweißbrenner arbeitete. Funken flogen blau.
    Heilbronner stellte den Streifenwagen neben dem Toyota ab. Orrie stieg aus und ging zur Scheune. In sicherem Abstand von dem Mann mit dem Schweißbrenner blieb er stehen. Die Scheune war voll gestellt mit Blechen und ausgebauten Motoren und anderem Schrott. Tamar Wegenast hatte etwas von einem Bildhauer gesagt. Orrie hatte sich Bildhauer anders vorgestellt. Aber er hatte nichts dagegen. Jedermann musste mit der Zeit gehen.
    Der Mann mit dem Schweißbrenner hatte für den Augenblick genug. Er schaltete das Gerät aus und nahm die Schutzbrille ab.
    »Guten Abend«, sagte Orrie.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Mann und tat, als ob er den Polizisten erst jetzt gesehen hätte. Er war gut zwei Köpfe größer als Orrie.
    »Sie sind Herr Keull? Alexander Keull?«
    »Schon möglich. Warum?«
    »Sie haben doch früher einmal, vor 1999, in einer Autowerkstatt in Söflingen gearbeitet?« Das war gerade ein Fehler, dachte Orrie und verbesserte sich rasch: »Ich meine, dass Sie ein Atelier dort hatten... hatten Sie doch?«
    »Und?«
    »Wir wüssten gerne, ob Sie einen Kunden dieser Werkstatt wieder erkennen würden?«
    »Was für einen Kunden?«
    »Darauf kommt es jetzt nicht an«, sagte Orrie ausweichend.
    »Nur darauf, ob Sie ihn dort schon einmal gesehen haben.« Keull sah Orrie an, mit einem Blick, den dieser nicht deuten
    konnte.
    »Wenn’s dem Rechtsstaat dient«, antwortete der Bildhauer schließlich. »Aber ich muss den Laden hier erst einmal dicht machen und was anderes anziehen. Ich brauche zehn Minuten, ist das okay?«
    Orrie nickte und half Keull, das Scheunentor zu schließen. Dann schlenderte er über den Hof, gab Heilbronner Bescheid und sah sich ein wenig um. An das Haus grenzte ein Bauerngarten,umgeben von einem rostigen Eisenzaun, der Garten war verwildert und von Brombeerranken und abgeblühtem Gesträuch überwuchert. Hinter dem Garten erstreckte sich eine Weide, von den Kühen ausgetreten und mit Kuhfladen übersät. Kühe hatte Orrie noch nie leiden können.
    Zeit verging.
    Heilbronner stieg aus dem Wagen. »Wie lange wollte der brauchen?«
    »Zehn Minuten.«
    Ein Wagen kam vom Dorf hoch und bog auf die Einfahrt ein. »Das ist doch die Frau, die wir vorhin überholt haben«, sagte Orrie. Heilbronner antwortete nicht.
    Die Frau, die aus dem Wagen ausstieg, war jung, groß, etwas ausladend gebaut und steckte in einem dunklen Kostüm.
    Die passt nicht hierher, dachte Orrie. Wirklich nicht.
    »Wir sollten mal nach diesem Keull schauen«, sagte Heilbronner. »Nicht, dass wir schon wieder die Deppen sind.« »Guten Tag«, sagte die Frau und kam auf die beiden Polizisten zu. »Suchen Sie jemanden?«
    Mit ihrer Stimme ist irgendetwas nicht in Ordnung, dachte Orrie. Genauer: mit der ganzen Person nicht.
    »Wir warten auf Herrn Keull«, antwortete er. »Nichts Dramatisches.« Offenbar war das noch nicht behutsam, noch nicht beruhigend genug. Die Frau sah ihn an, als ob sie nahe am Kreischen sei.
    Plötzlich schüttelte sie den Kopf und ging auf die Haustür zu. Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie trat in den Flur und rief: »Sascha!«
    Orrie folgte ihr in einigem Abstand. Wieder rief die Frau. Und noch einmal.
    Gleich geht es los, dachte Orrie.
    Die Frau stieß eine Tür auf, die in die Wohnstube führte, setzte sich an den Ecktisch und lehnte sich mit dem Rücken und dem Kopf an die Wand, die Augen geschlossen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Orrie.
    Die Frau hob die Arme und hielt sich die Ohren mit ihren Händen zu.
     
    U nd wer war das nun?« Es war Abend geworden, die Kommissarin Tamar Wegenast hatte die Schreibtischlampe eingeschaltet und die Füße auf eine herausgezogene Schublade gelegt.
    »Eine Haltermann, Luzie, geboren 1976 in Ulm«, antwortete Orrie durch das Telefon. »Sie lügt.«
    »Warum?«
    »Angeblich ist sie nur eine Bekannte von Keull. Aber wie sie geschnallt hat, dass er abgehauen ist, war sie völlig durch den Wind.«
    »Will sie da draußen bleiben, in diesem Bauernhof oder was auch immer das ist?«
    »Sie sagt, sie weiß es noch nicht. Ich sagte dir doch, die lügt.«
    Vermutlich tut sie das, dachte Tamar und

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