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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Sie, die Familie Rotter hat es nicht so mit der Polizei, und als sie sich schließlich doch an uns gewandt hat, da war dieser Stadtstreicher schon tot. Und dann hat sich der Ton auch geändert. Eines von diesen Machwerken hab ich grad hier vor mir liegen, ich les es Ihnen mal vor...
     
    Sehr geehrter Herr Landrat, falls Sie auf Weihnachten wieder Bundesverdienstkreuzer oder Bayerische Verdienstmedaillen austeilen wollen, womöglich an den Herrn Rotter Simon, bedenken Sie, dass dieser ein Mörder ist. Hochachtungsvoll ein Bürger
     
    ...der Landrat hat sich daraufhin auch noch eingeschaltet, aber es ist halt so, dass der Herr Rotter zeitlebens immer gerne ausgeteilt hat, da gibt es viele, die ihm gerne was zurückgegeben hätten. Und wegen Beleidigung und übler Nachrede würden Sie auch nicht gleich eine Rasterfahndung ausschreiben...«
    »Und Rotter sitzt jetzt tatsächlich im Rollstuhl?«
    »Ja, so ist es uns gesagt worden. Aber was dafür letztlich die Ursache war, wer will das schon wissen?«
    Das finde sie auch, meinte Tamar. »Aber könnten Sie mir vier oder fünf der Briefe und Karten kopieren?« Sie dankte und legte auf.
    In der Tür erschien Wilma Rohm.
    Wann geht dieses Mädchen eigentlich nach Hause?
    »Während du telefoniert hast, kam ein Anruf für dich aus der JVA«, sagte sie. »Vom Wachhabenden im Frauengraben. Ich hab das Gespräch angenommen. Einer der Untersuchungsgefangenenwill dich sprechen, und zwar dieser Alexander Keull, du weißt schon...«
     
    M üssen wir wirklich diesen Unsinn noch einmal aufführen?«, fragte Isolde.
    »So wie es ausgegangen ist, schon«, sagte Czybilla.
    Matthes beugte sich über den Tisch und sah Kuttler an: »Es war ein Jux, nichts weiter. Sie müssen sich das vorstellen wie eine Parodie auf den politischen Betrieb. Wir waren in Silvesterlaune.«
    »Schleicher«, widersprach Isolde, »ich war das nicht.«
    Luzie sah sie fragend an. »Davon weiß ich gar nichts mehr«, sagte sie. »Was war denn? Entschuldige, jetzt kommt es mir wieder, das war doch damals die Sache mit deinem Vater, er war wohl schon krank, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Isolde, »auch das.« Ein rascher Blick streifte Kuttler und tauchte wieder ab.
    »Was ich heute nicht mehr verstehe«, sagte Harald Treutlein, »warum haben wir uns überhaupt darauf eingelassen?«
    Czybilla winkte der Bedienung und wollte noch einen Weißen. »Es war ein Spiel«, sagte er. »Ein so saudumm blödes Spiel, wie es sich nur Tilman ausdenken konnte. Und eben deswegen haben wir es gemacht. Damit er sieht, was er davon hat.«
    Kuttler warf einen Blick zu Puck. Zwischen ihren Augenbrauen zeichnete sich eine feine, aber scharfe Falte ab. »Und wie ist es nun abgelaufen?«, fragte er.
    »Wir sollten abstimmen, wer in der nächsten Neujahrsnacht nicht mehr dabei sein würde«, antwortete Matthes. »Das heißt, die Abstimmung verlief eigentlich umgekehrt. Zuerst wurden diejenigen gesucht, die dabei sein sollten.«
    »Und wie wurden die ausgesucht?«
    »Wir waren ja zu siebt, und gewählt oder eingeladen war, wer mindestens vier Stimmen bekam. War das nicht der Fall, gab’s eine Stichwahl zwischen den Bestplatzierten.«
    Erinnerte sich Matthes noch an die Ergebnisse?
    »Als Erste, glaube ich, wurde Puck gewählt, sogar auf Anhieb, also im ersten Wahlgang.« Matthes blickte in die Runde. Niemand widersprach, nur die Falte auf der Stirn von Puck vertiefte sich.
    »Danach wurde es schwierig.« Matthes verzog das Gesicht. »Auf Platz zwei kam wohl Juffy.«
    »Allerdings«, sagte Treutlein.
    Czybilla nahm einen Schluck aus dem frischen Glas, das ihm die Bedienung gebracht hatte. »So geht das nicht. Wenn das alles ordentlich rekonstruiert werden soll, müssen wir auch die Abstimmung wiederholen, nicht wahr, Herr Kriminaloberrat?«
    »Bilch, hör auf herumzualbern«, sagte Luzie.
    »Übrigens musste ich in die Kampfabstimmung«, sagte Treutlein.
    »Ja«, sagte Isolde, »und zwar gegen mich.«
    »Ich glaube, es ging vier zu drei für Harald aus, ein Strickmuster wie bei den Grünen, auf Platz eins eine Frau, auf Platz zwei ein Mann«, sagte Matthes und lächelte etwas verlegen. »Eigentlich müsste ich das ziemlich genau wissen, ich war nämlich der Wahlvorstand dieser kindischen Veranstaltung.«
    »Tilman hat danach gesagt«, erinnerte sich Czybilla, »die meisten hätten gar keine andere Wahl gehabt als Juffy, weil der sonst tödlich beleidigt gewesen wäre.«
    »Unsinn«, sagte Harald Treutlein.
    »Da wird Tilman so falsch

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