Uferwald
die Untersuchung ausdrücklich auf einzelne, mikroskopische Stichproben begrenzen?«
Schnee in Tamars Haar
E in Windstoß wirbelte Blätter durch das Scheinwerferlicht des Taxis. Kuttler bezahlte und stieg aus. Puck folgte und zog fröstelnd ihr Cape um sich.
»Irgendwann, bald, wird es schneien«, sagte Kuttler. »Irgendwann, bald, wirst du mir erklären, warum du mich hierher geschleppt hast«, sagte Puck.
»Ich doch nicht. Das war Luzie.«
Puck schüttelte den Kopf. »Luzie hätte es nicht geschafft.« Zusammen gingen sie zu dem erleuchteten Eingang des Eastside. »Niemals hätte die mich hierher gebracht, in diese Schnafti-Tränke, die sie daraus gemacht haben.«
Kuttler sagte nichts.
»Aber auf etwas bin ich doch gespannt.«
»Ja?«
»Ob die Scheuch diesmal kommt.«
Kuttler blieb stehen. »Wer ist denn das nun wieder?«
»Die Izzy«, antwortete Puck. »Will sagen Isolde. Verheiratete Treutlein. Bei der Trauerfeier kam sie schon nicht.«
»Ach so«, sagte Kuttler. »Ich dachte, es hätte vielleicht mit dem Bilch zu tun.«
»Nicht bloß damit.«
»Sondern?«
»Der Detektiv bist du.«
An der Bar des Eastside saßen drei oder vier Gäste, jüngere Leute, die einen Blick auf Puck und ihren Begleiter warfen undwieder weg sahen. Hinter dem Tresen besorgte ein fülliger Mittdreißiger – Dreitagebart und ein goldblonder Irokesenstreifen im Haar – die Drinks. Gelangweilt wartete eine Bedienung im kurzen Schwarzen. Sonst war das Lokal leer, bis auf eine Ecke, in der zwei Tischchen aneinander gestellt waren. Czybilla saß dort, das Gesicht halb hinter einer Sonnenbrille versteckt, und Luzie Haltermann, die ihnen ein Handzeichen gab.
Kuttler begrüßte die beiden mit Handschlag. Puck begnügte sich mit einem Nicken. »Hier ungefähr saßen wir«, sagte Luzie. »Kannten Sie das Lokal, wie es früher war?«
Er schüttelte den Kopf und betrachtete Czybilla.
»Sie brauchen nicht so zu schauen«, sagte der, »ich bin gegen eine Straßenlaterne gelaufen.«
»Und von der einen an die andere weitergereicht worden?«
»Kommt in den besten Familien vor, wenn ich Sie mir so ansehe, mein Bester«, antwortete Czybilla. Er hob das Glas Weißwein, das vor ihm stand. »Erlauben Sie mir einen Anerkennungsschluck auf die Ortspolizei für erfolgreiches Räuberfangen!« Er trank. »Sie werden demnächst ja wohl auch rehabilitiert sein, wie?«
Puck hatte sich an das entfernte Ende der zusammengestellten Tische gesetzt, die Arme aufgestützt und die Hände vor dem Kinn gefaltet. Aus verdeckt montierten Lautsprechern drangen Klavierakkorde, es klang nach einem Jazzpianisten und nach frühen fünfziger Jahren.
Die Unterhaltung wird mühsam, dachte Kuttler. Aber das war nicht sein Problem.
Wieder öffnete sich die Tür, Isolde Treutlein kam herein, gefolgt von ihrem Ehemann. Isolde – noch im Mantel – ging schnurstracks auf den Tisch zu und fuhr Luzie an.
»Du siehst, dass wir da sind. Aber glaube bitte nicht, dass das selbstverständlich ist. Wir konnten nur kommen, weil wir jemanden haben, der so unglaublich freundlich und hilfsbereit ist, dass er sofort eingesprungen ist und jetzt auf Johannes und Mona aufpasst.«
Luzie murmelte etwas in der Art, dass sie das sehr wohl verstehe und deswegen auch sehr dankbar sei.
»Das verstehst du durchaus nicht«, schnitt ihr Isolde das Wort ab, »du hast nun einmal keine Kinder, sonst wärst du nicht auf einen solchen Einfall gekommen.«
Kuttler half Isolde aus dem Mantel und blickte dabei zu Puck. Auch sie hatte erst fragen müssen, ob Janina bei der Nachbarin bleiben konnte.
Harald Treutlein setzte sich neben Czybilla. »Du veränderst dich nicht zu deinem Vorteil«, sagte er munter. »Waren das diese famosen Bankräuber, die dir zu deiner Gesichtsfarbe verholfen haben? Bisschen zu gut durchblutet, wie?«
»Ich zahl dir einen Wein, wenn du das Maul hältst«, meinte Czybilla. »Oder ein Bier.«
»Da müssen wir schon einen drauf trinken«, antwortete Treutlein. »Ich steh da draußen vor der Bank und halte Volksreden, und drinnen wird der Bilch ausgeraubt, also so etwas...«
Ein Mann in einem dunkelblauen, elegant geschnittenen Mantel stand im Lokal, sah sich um, schenkte Luzie und der Gruppe ein kurzes Nicken, ging aber erst einmal zum Tresen und begrüßte den Mann am Zapfhahn.
»Dem Großen Staatsmann«, sagte Czybilla, »ist selbst die kleinste Kneipe Bühne für seinen Auftritt.«
Matthes, der ein paar Worte mit dem Wirt gewechselt und seinen dunkelblauen Mantel
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