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Uferwechsel

Uferwechsel

Titel: Uferwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Mann
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Nase nur knorpeliges Gewebe übrig geblieben war. Die Haut spannte sich ledrig über seine Kieferknochen, sein ganzes Gesicht war von deutlich sichtbaren Narben übersät, wie ich schaudernd feststellte. Das Schrecklichste aber war sein Mund, der nicht mehr war, als eine halb offen stehende Höhle, von den Lippen war nicht viel übriggeblieben. Nun offenbarte sich mir auch der Grund für seine schwer verständliche Aussprache.
    »Vijay Kumar. Ich bin Privatdetektiv«, brachte ich endlich hervor und Bastiani runzelte die vorhandene Augenbraue, sein gutmütiger Gesichtsausdruck veränderte sich jedoch nicht.
    »Ich ermittle im Fall des Toten, der aus dem Flugzeug gestürzt ist. Sie haben sicher davon gehört. War gleich da drüben im Wald.«
    »Natürlich.« Er nickte, mit einem Mal ernst, und wies zum Haus. »Kommen Sie bitte rein.«
    »Sebastiano Bastiani, nicht gerade bahnbrechend originell.« Sein Nasenstummel zuckte, während er leise lachte. »Aber meiner Mutter hat das immer gefallen.«
    Bastiani goss Filterkaffee in einen blassgrünen Porzellankrug und verschloss diesen mit einem passenden Deckel, dann trat er an den Küchentisch und schenkte mir ein.
    »Weiß man schon, wer er ist?«, erkundigte er sich, während er sich setzte. Ich sah ihn fragend an.
    »Der Tote, meine ich.«
    »Ach so. Nein, bisher nicht.«
    Bastiani rieb sich die Hände. »Kalt hier, finden Sie nicht?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob er sich wieder, kauerte sich vor den Ofen und legte Holz nach. »So. Wird gleich wärmer.«
    Ich beobachtete ihn, derweil er Zucker in seine Tasse schaufelte und bedächtig umrührte. Immer wieder hob er den Kopf und verzog sein entstelltes Gesicht zu einem verlegenen Lächeln. Hier drin wirkte er plötzlich unsicher, wie jemand, der nicht oft Besuch bekam. Bei seinem Aussehen wunderte mich das nicht, die Leute waren nun mal so.
    »Sie verkaufen Ihre Produkte in der Markthalle, habe ich gehört.«
    »Früher habe ich nur Hofverkauf gemacht, aber als dann die Markthalle eröffnet wurde, habe ich mich um einen Stand beworben. So ist das natürlich viel einträglicher. Und ich komme auch unter die Leute. Hier draußen ist es …«, er machte eine vage Bewegung zum Fenster hin, »… manchmal etwas einsam.«
    »Ist Ihnen am Donnerstagmorgen etwas aufgefallen, als Sie zur Arbeit fuhren?«
    »Hätte mir etwas auffallen sollen? Der Typ ist aus dem Flugzeug gefallen, so stand es in der Zeitung. Die ersten Maschinen landen aber erst kurz nach sechs Uhr. Da bin ich längst weg.«
    »Und wenn er schon am Abend zuvor dalag?« Ich hatte mich entschieden, auch Bastiani gegenüber bei der Flugzeugtheorie zu bleiben.
    »Als ich am Mittwochabend nach Hause fuhr, war alles dunkel und still. Ich hab aber ehrlich gesagt auch nicht darauf geachtet.«
    »Sie stehen früh auf …«
    »Normalerweise um vier Uhr morgens.«
    »Haben Sie da etwas Ungewöhnliches gehört? Ein Auto vielleicht?«
    »Nein, nichts. Tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
    »Ist schon okay.«
    Bastiani blickte mich neugierig an.
    »Was verkaufen Sie eigentlich an Ihrem Stand?«, erkundigte ich mich in unverfänglichem Plauderton. Das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, hatte sich während unseres Gesprächs noch verstärkt. Vielleicht fand ich beim Small Talk heraus, was es war.
    »Alles, was der Hof hergibt. In den Tunneln auf dem Feld wachsen Nüsslisalat, Kartoffeln, Kohl, Randen. Wurzelgemüse und Kernobst stammen aus dem Lager. Dazu biete ich selbst gemachte Konfitüren an, Pestosoßen mit Basilikum, getrockneten Tomaten, Nüssen oder Steinpilzen. Ich stelle auch verschiedene Teemischungen zusammen, auch aphrodisierende. Gerade bei Frauen kommen solche Produkte sehr gut an. Und die Rückmeldungen sind allesamt positiv.« Er lachte anzüglich, aus seinem Mund klang es, als entweiche einem Blasebalg stoßweise Luft.
    »Sie halten keine Tiere?«
    Er verneinte.
    »Und was hat es mit diesen Schmetterlingen in den Vitrinen auf sich?« Ich deutete zum Wohnzimmer. In dem ich offiziell gar nicht gewesen war, wie mir zeitgleich einfiel.
    Bastiani musterte mich misstrauisch, während ich mich in Gedanken ohrfeigte. Verplappert, verdammt!
    »Woher wissen Sie davon?« Misstrauisch zog Bastiani seine eine Augenbraue hoch.
    »Ich … ich hab sie entdeckt, als ich vorhin durchs Fenster gespäht habe«, stammelte ich. »Bevor Sie zurückgekehrt sind.«
    »Ach so.« Bastiani entspannte sich wieder und ich atmete in Gedanken auf.
    Das war gerade

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