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Uferwechsel

Uferwechsel

Titel: Uferwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Mann
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noch mal gut gegangen. Wie es schien, wusste der Gemüsebauer nicht, dass man von draußen die Rückwand des Wohnzimmers nicht sehen konnte. Und würde das hoffentlich auch nicht überprüfen.
    »Die Schmetterlinge hängen schon lange da, eine alte Leidenschaft. Sie erinnern mich an schöne Zeiten.« Er blickte mich direkt an.
    Das Rascheln im oberen Stock fiel mir wieder ein. »Leben Sie allein?«
    »Was soll die Frage?«, reagierte Bastiani unwirsch.
    »Vielleicht hat ja Ihre Frau an jenem Morgen etwas Außergewöhnliches bemerkt …«
    »Ich bin nicht verheiratet«, fiel mir mein Gegenüber ins Wort. »Aber vor ein paar Wochen habe ich jemanden zur Aushilfe eingestellt«, erklärte er versöhnlicher. »Er hilft am Stand aus, so wie heute, und geht mir auf dem Hof zur Hand.«
    »War er am Donnerstag hier?«
    Bastiani nickte.
    »Kann ich ihn sprechen?«
    »Nun, momentan ist er am Stand, Sie müssten ihn schon dort befragen. Aber ich kann ihn natürlich auch anrufen, wenn es eilt …«
    Ich winkte ab und nahm mir vor, der Markthalle demnächst einen Besuch abzustatten. »Dann sind sie beide alleine auf dem Hof?«
    Bastiani zögerte unmerklich, bevor er bejahte. »Aber das meiste mache ich selbst. Es gibt zwar viel zu tun, doch mir gefällt es, in der Landwirtschaft zu arbeiten, im Einklang mit der Natur. Es war eine große Umstellung, aber mittlerweile möchte ich nicht mehr zurück.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Früher war ich Investmentbanker, außerordentlich gut bezahlt, aber irgendwann … ging das nicht mehr.«
    »Und da haben Sie beschlossen, aufs Land zu ziehen und ein neues Leben anzufangen.«
    Seine Miene verdüsterte sich. »Ja, so in etwa.«
    Ich vermutete, dass sein Ausstieg aus dem Bankenwesen mit dem Unfall zusammenhing, der ihn derart entstellt hatte. Doch es war seltsam: So abstoßend sein Äußeres zu Beginn auch gewirkt hatte, während unseres Gesprächs hatte ich es kaum mehr wahrgenommen.
    »Noch etwas«, nahm ich das Gespräch wieder auf. »Man hat in der Nähe der Leiche eine Tollkirsche gefunden. Können Sie damit etwas anfangen?«
    Bastiani schaute mich überrascht an. »Eine Tollkirsche? Keine Ahnung. Was soll daran ungewöhnlich sein? Der ganze Wald ist voll davon.«
    »Aber nicht um diese Jahreszeit. Die Beere war gut erhalten, reif und nicht vertrocknet.«
    »Da bin ich überfragt«, bemerkte er brüsk.
    »Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.« Ich schob den Stuhl zurück und erhob mich, als von oben erneut ein leises Rascheln zu vernehmen war.
    »Was war das?«
    Bastiani lauschte mit schräg gelegtem Kopf. »Ich höre nichts.«
    »Da war ein Rascheln, eindeutig.«
    Er lächelte beschwichtigend. »Mäuse wahrscheinlich. Im Winter kommen sie gern ins Haus. Vielleicht müsste ich ein paar Fallen aufstellen.«
    Ich hatte es mir gerade mit einem Gläschen Whisky auf dem Sofa bequem gemacht, um die Erkenntnisse des heutigen Tages zu rekapitulieren, als das Telefon klingelte. Eine unterdrückte Nummer, wie ich feststellte, als ich mir das Gerät vom Beistelltisch angelte.
    »Was haben Sie herausgefunden, Herr Kumar?«, erkundigte sich mein anonymer Auftraggeber. Ich fasste kurz zusammen, wohin Saids Spur geführt hatte, und fügte an, dass ich eine seiner Internetbekanntschaften hinter der Tat vermutete.
    Der Anrufer schien zufrieden mit meiner Arbeit. »Gut, Sie machen rasch Fortschritte. Bleiben Sie dran. Ich melde mich zu gegebener Zeit wieder.«
    »Warten Sie! Ich muss dringend mit Ihnen sprechen. Von Angesicht zu Angesicht. Da gibt es einen älteren Mann, den ich in einer Bar getroffen habe. Ein Freier, der äußerst aufgebracht war, als ich Said erwähnt habe. Sie müssen mir alles sagen, was Sie wissen. Nur so kann ich den Fall lösen.«
    »Das ist mir nicht möglich. Ich dachte, das hätte ich bereits ausdrücklich erwähnt.«
    »Sie könnten ruhig etwas kooperativer sein. Zudem haben wir die Honorarfrage noch nicht geklärt …«
    »Nennen Sie mir Ihren Preis.«
    Das tat ich und ohne zu zögern, ging der Anrufer darauf ein. Ich stöhnte innerlich und wünschte, ich hätte mehr verlangt. Vielleicht konnte ich bei den Spesen noch etwas draufschlagen. Aber zuerst hatte ich noch ein paar Fragen zu klären: »Sie schienen eben nicht besonders erstaunt, als ich erwähnte, dass Said sich prostituierte und im Internet Verabredungen schloss. Ich käme um einiges schneller vorwärts, wenn Sie mich einweihen würden.«
    »Sie arbeiten schnell genug, Herr Kumar.«
    Der Anrufer schien in

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