Uhrwerk Venedig (German Edition)
apostolische Legat Benedetto di Paolo, ein hagerer, düsterer Dominikaner Ende der Fünfzig, begegnete dem jungen Briten mit offener Abneigung. Hawthorne vermutete, dass der Mann sich die Unterlagen über die Gründe seines ‘Ausscheidens’ aus dem Priesteramt besorgt hatte. Er war für Hawthorne das lebende Mahnmal dafür, was aus ihm selbst geworden wäre, wäre er im Orden verblieben.
Er nickte dem Dominikaner höflich und reserviert zu und bedachte dessen Nachbarin mit einem förmlichen Handkuss.
Francesca Caresinis Abneigung ihm gegenüber war ihm offen gestanden ein Rätsel, doch war er sich sicher, dass hinter der Maske der belanglosen Gesellschaftsschönheit weit mehr verborgen lag. Wahrscheinlich etwas, das diese Abneigung begründete.
Der dritte Mann in der Runde war kein anderer als Domenico Grimani, Sohn der Gastgeberin und in Hawthornes Augen ein gefährlicher, eiskalter Geschäftsmann mit undurchsichtigen Zielen, der die Sympathie seiner Mutter für den smarten Briten ganz und gar nicht teilte. Hawthorne deutete eine knappe Verbeugung an und wandte sich dem jungen Künstler zu.
Schon nach einigen kurzen und belanglosen Floskeln blitzten die Augen Donna Caterinas auf.
»Ich vermute, der Grund Eures Erscheinens ist nicht einzig und allein Eure Bewunderung für die bemerkenswerten, mechanischen Künste unseres geschätzten Messer di Petrucci, mein lieber Bartholomeo?«
Bartholomew neigte (mit einem etwas qequälten Lächeln) den Kopf. »Ihr habt wie üblich recht, Donna. Wenn ich auch zu gern Anderes behaupten würde.«
»Ist Euch der Musikschrank nicht wundersam genug, Signore?« erkundigte sich di Petrucci besorgt.
»Oh nein, Messer, Euer Werk ist wahrhaft wundersam. Es ist nur, dass ich nicht sonderlich musikalisch bin und wohl Eure Arbeit kaum richtig zu würdigen weiß.«
»Das geht wohl nicht nur Euch so«, murmelte der Legat. »Mir entgeht der Sinn einer solchen Mechanik ohne praktische Anwendung.«
»Wäre Euch eine Waffe lieber, Eure Eminenz?«
»Wenn sie der Verteidigung des Wahren Glaubens dienen könnte, würde ich mich der Möglichkeit nicht verschließen«, antwortete der Dominikaner ungerührt.
Domenico di Grimani zog eine Augenbraue hoch. »Ich denke, die Kirche billigt derartige Werke des Teufels nicht?«
»Sie tut es nicht. Aber ich spreche von gottgefälligen Wunderwerken, die uns im Kampf gegen die sündhaften Machenschaften zu verteidigen mögen, die die Seelen der Menschen bedrohen. Eine derartige Waffe sollte man nicht leichtfertig ablehnen.«
Domenico lachte auf. »Es dürften nicht alle Kirchenmänner Eurer Meinung sein, Eure Eminenz.«
Di Paolo hob die Schultern. »Es sind nicht alle Kirchenmänner meiner Meinung, wenn ich Wasser nass nenne. Ihr dürftet dieses Problem kennen, Signore Hawthorne?«
Hawthorne überging die Frage und wandte sich an Donna Caterina. »Auch wenn ich Euch ungern damit belästige, Signora, so habe ich doch in erster Linie die leidige Aufgabe, Euch zu ersuchen, mir Euren Neffen zur Klärung einiger überaus wichtiger Details Eurer Familiengeschichte gewissermaßen auszuleihen.«
Er konnte die lauernde Frage in Domenicos Blick beinahe körperlich spüren. »So wichtige Details, dass Ihr sie heute noch klären müsst? Habt Ihr die Gebeine des heiligen in unserem Stammbaum entdeckt? Vielleicht kann ich Euch behilflich sein. Denn wie Euch bewusst sein dürfte, glänzt mein Cousin wieder einmal durch seine Abwesenheit.«
»Ich glaube nicht, dass Signore Hawthorne deiner Dienste heute bedarf«, lächelte Donna Caterina. »Außerdem wäre es unpassend, wenn du dich schon jetzt von unseren Gästen entfernen würdest. Nein, ich denke, wir sollten meinen nichtsnutzigen Neffen finden lassen, und somit unserem Freund Bartholomeo unter die Arme greifen ... Und viele Mütter anmutiger und leicht zu betörender - und törichter - Töchter aufatmen lassen, wenn wir ihn für heute Abend aus dem Verkehr ziehen.«
Sie zwinkerte Hawthorne verschwörerisch zu. »Oder wäre es Euch lieber, wenn ich Euch Alicia zur Seite stellen würde?« Hawthorne lächelte ob des nahezu im Gleichklang erfolgten, entrüsteten Schnaufens von Domenico und der Signora Caresini und schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass ich Eure wundervolle Tochter an einem solchen Tag mit historischen Nachforschungen belästigen sollte. Sie wäre mir - und Euch - wohl auf ewig böse, Teuerste.«
Donna Caterina legte ihr aristokratisches Gesicht in wehmütige Falten und
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