Uhrwerk Venedig (German Edition)
schwiegen sie gemeinsam.
»Ich brauche noch einmal deine Hilfe, mein Freund.«
Jacopo sah auf, runzelte bei Bartolomeos Anblick voller Sorge die Stirn. Hatte sein Freund zuvor auch schon so erschöpft ausgesehen? Nun war er auf seinem Stuhl in sich zusammengesunken, sein Blick huschte immer wieder durch den Raum, als wolle er sich vergewissern, dass niemand sie belauschte. Sofort schlug Jacopos Herz schneller. Es gab also tatsächlich etwas, das Bartolomeo ihm bisher verschwiegen hatte.
»Natürlich helfe ich dir, Bartolomeo.«
Kurz huschte ein Lächeln über die Züge des Arztes. Dann stand er auf, ging zum Schreibtisch hinüber. Unter einigen Dokumenten holte er etwas hervor, das Jacopo auf den ersten Blick als sein gläsernes Tintenfass erkannte. »Du hattest recht, ich habe sie genommen. Ich wollte dich damit nicht belasten, doch es ist mir wahrhaft ein Rätsel, wie es dir gelingt, diese winzigen Schlüssel zu drehen, ohne die Maschinen zu zerdrücken.«
Für einen Moment wusste Jacopo nicht, ob er Erleichterung oder Verwirrung empfinden sollte. Schließlich war es die Sorge, die die Oberhand gewann. »Womit wolltest du mich nicht belasten? Bartolomeo, ist etwas geschehen, wovon ich wissen sollte?«
Der Arzt lachte, leise und bitter. »Nichts, wovon du wissen solltest, nein. Kannst du die Maschinen für mich aufziehen und so fixieren, dass sie erst beginnen, sich zu bewegen, wenn ich es will?«
Jacopo schüttelte den Kopf. »Das würde die Federn zu stark belasten. Warum verrätst du mir nicht, was du vorhast, dann werde ich überlegen, wie ich dir am besten helfen kann.«
Für eine Weile schwieg Bartolomeo, starrte in seinen Wein. Erst als Jacopo schon fürchtete, er würde nicht mehr antworten, begann er zu sprechen. »Denkst du, deine Maschinen könnten sich durch Metall fressen? Durch Zahnräder, Federn ...« Eine unbestimmte Handbewegung folgte diesen Worten.
»Was für ein Uhrwerk willst du zerstören?« Jacopo lehnte sich vor, versuchte seinem Freund in die Augen zu sehen. Doch der wich seinem Blick aus.
»Können sie es?«
»Ja ... ich nehme es an. Bartolomeo ...« Jacopo unterbrach sich, als Bartolomeo aufsah. Die Miene seines Freundes war hart, nirgendwo mehr eine Spur der gewohnten Fröhlichkeit.
»Dann wirst du nun die beiden Maschinen reparieren, die ich zerdrückt habe.« Auch seine Stimme klang kalt, als hätte er bewusst jede Emotion daraus verbannt. »Danach gehen wir in die Räume Leonardo Loredans, solange er noch in der Ratssitzung ist. Dort steht eine Truhe mit einem mechanischen Kombinationsschloss, und dort wirst du die Termiten aufziehen. Sobald ich habe, was ich brauche, gehst du in deine Werkstatt, packst ein paar Dinge zusammen und wir beide verlassen gemeinsam die Stadt. Wenn wir Venedig hinter uns gelassen haben, gebe ich dir ein Mittel gegen das Gift, das ich in deinen Wein getan habe, und unsere Wege trennen sich.«
Einen Augenblick lang glaubte Jacopo, sich verhört zu haben. »Du hast was?« Er starrte ungläubig auf seinen Becher hinunter, der noch immer halb voll war. Oder bereits halb geleert, wenn man es weniger optimistisch betrachten wollte.
»Ich hatte gehofft, dass du keine Fragen stellen würdest, aber nicht damit gerechnet. Und du würdest mir nicht freiwillig helfen, wenn du wüsstest, worum es geht.« Endlich brach Bartolomeos Stimme, die Kälte verschwand daraus, machte Verzweiflung Platz. »Sie bringen mich um, wenn ich nicht mache, was sie sagen! Ich verriegle jeden Abend Tür und Fensterläden, dennoch steckte heute Morgen ein Messer direkt neben meinem Kopf in den Kissen!«
Jacopos Gedanken wirbelten wild durcheinander. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder, ohne dass ein Laut über seine Lippen gekommen wäre. Das Gefühl, betrogen und hintergangen worden zu sein, schnürte ihm die Kehle zu. Automatisch griff er nach dem Becher mit dem Wein. Erst als er ihn bereits halb gehoben hatte, besann er sich, ließ ihn sinken und schob ihn so weit wie möglich von sich.
»Was ...«, brachte er schließlich heiser hervor, räusperte sich. »Was ist aus deinem Plan geworden, die Stadt zu verlassen? Wieso tust du das nicht, bevor du den Mann bestiehlst, der dir sein Leben anvertraut hat?«
Bartolomeo schüttelte den Kopf. »Sie würden mich überall finden, da bin ich mir sicher. Ich habe die Wahrheit gesprochen, was die Gründe betrifft, aus denen ich die Stadt verlassen will. Venedig wird den Krieg verlieren.«
Langsam
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