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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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flog ich wieder nach Deutschland. Meine Zeit in Polen war vorbei, die Aufgabe erledigt. Wie ein Söldner nach dem Einsatz ließ ich alles hinter mir. Selbst an der Meisterfeier nahm ich nicht mehr teil. Ich freute mich für meine Mitspieler, aber im Grunde war mir die Meisterschaft egal. War nicht alles egal? Alles sinnlos, was ich tat? Was kam es da auf einen polnischen Meistertitel an? Das Leben ging weiter – aber ohne mich. Genauso fühlte ich mich: vom Leben ausgeschlossen. Wenn sich das Leben hinter einer Tür abspielte, stand ich davor und schaute durch den Türspion.
    Ich kehrte ein letztes Mal zurück nach Oberneuland, dort, wo ich die schönsten, aber auch die schlimmsten Momente meines Lebens erlebt hatte. Ein letztes Mal bot sich mir eine Chance: Der FC Oberneuland, soeben in die Oberliga Niedersachsen/Bremen aufgestiegen, stellte mich als Spielertrainer an. Das war ja mal was ganz Neues. Warum also nicht? Tasmania, Hannover, Lodz und nun Oberneuland – meine wilde Reise ging weiter. Auch in Oberneuland soff ich regelmäßig, natürlich. Aber die Verantwortung als Spielertrainer brachte eine gewisse Struktur in mein Leben. Die Erfolge taten mir gut. Am Ende der Saison wurden wir Dritter, für einen Aufsteiger eine stolze Leistung. Ich hatte meine Sache gut gemacht.
    Im Gegensatz zu meinem Privatleben. Bereits im April 1997 wurde die Scheidung eingereicht und damit viele Anwälte glücklich – weil reich – gemacht. Erst 2009 wurde die Scheidung tatsächlich vollzogen. Mein Rosenkrieg mit Carmen befand sich auf dem Höhepunkt. Jedes verfluchte Telefonat endete mit wüsten Beschimpfungen und Schreiereien, wir hatten es richtiggehend verlernt, normal miteinander zu kommunizieren. Carmen traf mit ihren Worten jeden offenen Nerv in meinem Kopf. Häufig hatte ich auch nach solchen Telefonaten nicht genug, setzte mich in mein Auto und riss die vier Stunden Fahrzeit bis Rickelrath ab. Dort angekommen, war mein Ärger noch immer nicht verraucht. Ich klingelte an der Tür, Carmen öffnete, wir schafften es, uns drei Minuten normal miteinander zu unterhalten, dann ging die Streiterei wieder los. Ende Dezember 1997 bekam ich erneut Ärger mit dem Gesetz. Nach einem heftigen Wutausbruch vor der Wohnung meiner Frau, bei dem ich ein paar Gartenmöbel kurz und klein schlug, rief Carmen die Polizei. Auf dem Parkplatz des »Queens Hotel« in Mönchengladbach erwischten sie mich schließlich und ließen mich pusten: 1,4 Promille. »Jetzt steht er in Oberneuland vor dem Rausschmiss«, mutmaßten die Zeitungen. Aber diesmal lagen sie daneben. Zunächst jedenfalls. Denn der Verein rüffelte mich zwar öffentlich für mein Vergehen, an meiner Aufgabe als Spielertrainer dieser Mannschaft änderte das nichts. Bis zum Saisonende. Bis ich nach dem letzten Spiel in den Flieger stieg, um für zwei Wochen auf Mallorca Urlaub zu machen.
    Während ich in der Fußballschule eines Bekannten aushalf, erreichte mich der Anruf eines Mitspielers. »Die haben dich rausgeworfen«, hörte ich ihn sagen. Wie bitte? Hektisch kehrte ich nach Bremen zurück. An meiner Wohnung angekommen, steckte ich den Schlüssel ins Schloss – er passte nicht mehr. Jemand hatte das Türschloss in meiner Anwesenheit ausgewechselt! Ich schaute durch die Fenster – alles leer. Was war denn hier los? Erst auf dem Vereinsgelände erfuhr ich, dass man mich wegen der ständigen Sauferei rausgeworfen habe, meine Ausfälle würden das Image des Clubs dauerhaft beschädigen. Dass ich ab und an mit einer Fahne auf dem Trainingsplatz erschienen war, war kein Geheimnis. Jeder wusste von meinem Problem. Aber hatte ich nicht den Aufsteiger gleich in meiner ersten Saison auf den dritten Platz geführt? Spielten wir nicht einen Fußball, der über die Grenzen von Bremen hinaus viel Beachtung fand? Offenbar suchte Oberneulands Geldgeber einen Grund mich loszuwerden, lange brauchte er dafür ja nicht suchen. Während ich also auf Mallorca weilte, hatte man meine Klamotten aus der Wohnung geschafft, die Schlösser ausgetauscht und mich somit einfach aus Oberneuland verdrängt. Selbst noch ausstehende Gehälter wollte man mir nicht zahlen, erst mit Hilfe meiner Anwälte konnte ich die Clubführung vor Gericht zur Zahlung bewegen.
    Meine Zeit als aktiver Fußballer war damit endgültig vorbei, meine Zeit als Arbeitnehmer ebenfalls. Ich war so gut wie pleite. Verspielt, versoffen, verzockt – in kurzer Zeit war aus mir, einem wohlhabenden Fußballer, ein armer Schlucker

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