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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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aus. Von der Tribüne aus sah ich meine Kollegen, wie sie in den beiden letzten Spielen zweimal gewannen (darunter ein verrücktes 6:4 gegen Borussia Dortmund) und den Klassenerhalt schließlich mit 28:40 Punkten sicherten. Den ersten sportlichen Überlebenskampf meiner Karriere hatte ich also noch einmal glimpflich überstanden.
    Tagesbericht, Fachklinik Fredeburg
    19. März 2000
    Samstagmorgen hörte ich den Arztbericht über Alkohol und Zigaretten, die das Herz angreifen. Nachmittags ging ich mit Herbert in die Werkstatt, um mir ein paar Vorlagen über Fensterbilder anzuschauen. Ich zeichnete zwei Bilder vor. Die beiden Bilder sollen für meine Kinder sein. Ich telefonierte mit meiner Frau. Das Gespräch war sehr gut. Nach langer Zeit konnten wir uns wieder vernünftig unterhalten. Meine Frau fragte, ob ich es denn wirklich sei, der da am Telefon ist. Dann schaute ich später Fußball (was richtig gut tat) und den Spielfilm. Am Sonntag war ich dann wieder in der Werkstatt. Es machte richtig Spaß, etwas Neues anzufangen. Die Gespräche mit meiner Frau werden von Tag zu Tag besser, weil ich mich endlich mal ruhig und vernünftig ausdrücken kann. Ich konnte meine Frau sogar davon überzeugen, dass sie co-abhängig war und ist. Sogar meine beiden Kinder fragten mich, wie es mir geht und was ich tagsüber mache.

POKALENDSPIEL IN DER PLASTIKWANNE
    Das legendäre Finale gegen die Bayern
    Zwei Jahre waren vergangen, seit ich inmitten der Rauchschwaden aus der Pfeife unseres Managers Helmut Grashoff meinen ersten Vertrag als Fußballprofi unterschrieben hatte. Nun saß ich erneut mit meinem Trainer und Grashoff an einem Tisch, und wieder musste der gewiefte Manager nicht lange mit mir verhandeln. Ich unterschrieb einen Zweijahresvertrag mit 4000 DM Grundgehalt pro Monat und einer Jahresleistungsprämie von 40000 DM. Die, so stand es im Vertrag, würde es allerdings nur geben, wenn ich mindestens 30 Pflichtspiele pro Saison absolvieren würde. 40000 DM, ein stattliches Sümmchen – jedenfalls für mich. Unsere Topverdiener Matthäus, Kleff oder Hannes verdienten als Nationalspieler damals schon mehrere 100000 DM pro Jahr.
    Mit dem neuen Gehalt gönnte ich mir einen kleinen Luxus, der heute wohl als ästhetisches Verbrechen bezeichnet werden muss: Mein neuer fuchsia-metallic-farbener BMW 323 sorgte jedenfalls für einen Farbklecks der besonderen Art auf den Straßen von Mönchengladbach.
    Zeit genug, mein neues Auto der Öffentlichkeit zu präsentieren, hatte ich jedenfalls. Bereits am Ende der Vorsaison hatte ich mir im Training den Meniskus im rechten Knie gerissen, eine Verletzung, die heute relativ zügig behandelt und auskuriert werden kann, 1983 jedoch eine äußerst heikle Angelegenheit war. An einem Montag musste ich mich unter das Messer legen, erst am Freitag durfte ich mein Krankenbett wieder verlassen. Doch die größte Gefahr lauerte für einen Spieler von Borussia Mönchengladbach Anfang der achtziger Jahre außerhalb des Krankenhauses: Karl-Heinz Drygalski, unser Konditionstrainer, wartete sehnsüchtig auf jeden angeschlagenen Fußballer, um ihn mit seinen rabiaten Methoden wieder auf Vordermann zu bringen. Vor dem Mann hatte ich mehr Respekt als vor einer erneuten Meniskus-OP. Wenn er einen erstmal in seinem stahlharten Griff hatte, konnte man die folgenden Wochen mit 20-Kilo-schweren Hanteln die Treppen am Bökelberg rauf- und runterrennen. Hatte man das Spezialtraining dann überstanden, war man zwar fit wie ein Triathlet, fühlte sich aber, als wenn man soeben seinem Folterknecht entkommen wäre. Ich setzte alles daran, um nicht in diese Einzelhaft zu kommen, und tatsächlich reichte mein Fitnessstand nach der Operation, um mich in der Reha und mit der Mannschaft langsam an die Bestform heranzutasten.

    Das gefürchtete Training auf den Süchtelner Höhen unter der Leitung des ehemaligen Zehnkämpfers Karl-Heinz Drygalsky (links). Frank Mill ist schon oben, ich gleich dahinter. Motto des Tages: Wir gehen erst, bis auch der Letzte gekotzt hat.    © Horst Müller
    Doch bis es so weit war, musste ich mich in Geduld üben. Eine fürchterliche Qual für einen jungen Spieler! Es dauerte bis zum siebten Spieltag der Saison 1983/84, ehe mich Jupp Heynckes beim Stand von 0:0 in der 88. Minute gegen den VfB Stuttgart einwechselte. Als ich für Winfried Schäfer auf den Rasen lief, war ich mir sicher, nun wieder fester Bestandteil der Mannschaft zu sein. Von wegen. Weitere sieben Spieltage sollten

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